Cover des Buches Verdammt lang tot (ISBN: 9783404173013)
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Rezension zu Verdammt lang tot von Erwin Kohl

Was wusste Wolle?

von mabuerele vor 8 Jahren

Kurzmeinung: Ein spannender Krimi mit einer Prise Humor und einem Thema, das noch lange nicht zur Vergangenheit gehört!

Rezension

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mabuerelevor 8 Jahren

„...Ich frage mich, wie ein Mensch, dessen Zuversicht so tief im Schatten lag, den Blick immer wieder in die Sonne richten konnte...“

Hauptkommissar Lukas Born ist suspendiert und lebt zusammen mit dem Mischlingshund Manolo auf einem Campingplatz. Nach dem Einkaufen fährt er bei Wim vorbei, einem Kollegen von der Kripo. Der teilt ihm mit, dass ein Toter im Baggersee bei Uedem gefunden wurde. Der Fall wurde als Selbstmord zu den Akten gelegt. Das aber glaubt Wim nicht. Lukas ist erst nicht interessiert, ändert aber seine Meinung, als er den Namen des Toten erfährt. Wolle war regelmäßiger Besucher des Campingplatzes und hat dort leere Flaschen eingesammelt.

Der Autor hat einen spannenden Krimi geschrieben. Das Buch lässt sich flott lesen. Das liegt an der abwechslungsreichen Handlung und dem angenehmen Schriftstil.

Lukas Born wird gut charakterisiert. Sein Leben wird durch Alpträume überschattet. In seinem letzten Fall hatte er einen Kindesentführer vor sich sitzen. Beim Verhör hat er die Beherrschung verloren und ihn zusammengeschlagen. Daraufhin hat dieser das Versteck des Jungen verraten. Doch es war 24 Stunden zu spät. Das Kind ist verdurstet. Die Reaktion der Öffentlichkeit ist nur die eine Seite, schlimmer sind Lukas` Schuldgefühle, das Kind nicht gerettet zu haben. Es hätte für ihn eine Möglichkeit gegeben, seine Stelle zu behalten, doch er will nicht mehr dorthin zurück.

Der neue Fall fordert ihm nicht nur alles ab, Lukas wird immer wieder an sein angebliches Versagen erinnert. Wolle ist ertrunken. Das erscheint im dem Moment ungewöhnlich, als Lukas in Wolles Wohnung Unterlagen darüber findet, dass Wolle zu den besten Schwimmern der DDR gehörte. Auch Wolles leerer Computer macht Lukas misstrauisch.

Der Schriftstil des Buches ist sehr unterschiedlich. Der Autor versteht es, ihn der jeweiligen Situation anzupassen. Die Verhältnisse auf dem Campingplatz werden gut beschrieben. Trotz aller Unterschiedlichkeit bilden die Dauercamper eine Art Gemeinschaft. Das bekommt Lukas positiv zu spüren, als er Hilfe braucht. Im Buch gibt es viele amüsante Details. Besonders Manolo sorgt wiederholt für Schmunzeln. Aber auch der Besuch von Bastian, Lukas´ 12jähriger Sohn, liefert manch humorvolle Szene. Ganz anders ist die Beschreibung von Wolles Trauerfeier. Im Gespräch mit dem Pfarrer lernt Lukas Wolle von einer ganz anderen Seite kennen. Aus diesem Abschnitt stammt obiges Zitat, das sich auf Wolle bezieht. Wolles Abstieg begann nach der Wende. Das jahrelange Doping führte zu zunehmenden gesundheitlichen Problemen. Lukas bedauert mehrmals, dass Wolle weder über seine Vergangenheit, noch über seine Sorgen gesprochen hat. Im Laufe der Geschichte setzt sich Lukas mit seinen inneren Dämonen auseinander. Der Einblick in das fremde Leben und seine Ermittlungen sorgen dafür, dass er nach und nach den Tod des Kindes aufarbeitet. Der Autor lässt mich an Lukas` Gedanken und den ab und an auftretenden körperlichen Reaktionen in besonderen Situationen teilnehmen, gewährt mir so einen Blick in die Psyche des Kommissars und lässt mich miterleben, wie er sich Stück für Stück vom eigenen Schuldvorwurf löst. Diesen persönlichen Kampf empfand ich genauso spannend wie die Ermittlungen.

Das Cover mit den zwei Wegweisern weckt Aufmerksamkeit.

Das Buch hat mir ausgezeichnet gefallen. Dazu haben nicht nur der Kriminalfall und der sympathische Ermittler beigetragen, sondern auch die geschickt versteckten politischen Anspielungen.

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