Rezension zu "Die österreichische Seele. Zehn Reden über Medizin, Politik, Kunst und Religion" von Erwin Ringel
Miz_DoblerZum österreichischen Staatsfeiertag könnte man viele literarisch bedeutsam gewordene Töchter und Söhne der Alpenrepublik vorstellen. Ich habe mich dennoch für Erwin Ringel, einen der bekanntesten Psychiater des Landes und Vater der Suizidprävention entschieden. Nicht zuletzt deshalb, da manche politischen Granden bei weiterem Fortschritt der angespannten weltpolitischen Lage nur mehr die Wahl zwischen "Alkohol oder Psychopharmaka" für die Bevölkerung sehen...
Aber auch, weil sich Erwin Ringel in seinen erstmals 1984 erschienenen Abhandlung über "Die österreichische Seele" als höchst belesen zeigt und seine Argumente eben mit diesen federschwingenden großen Töchtern und Söhne des Landes zu untermauern weiß. So bemüht er Rainer Maria Rilke bei seinem Plädoyer für die Entfaltung des Kindes, klärt über die Rolle von Friedrich Torbergs "Der Schüler Gerber" für die Verhütung von Selbstmorden auf, stellt den Frieden im Licht der Tiefenpsychologie anhand der Oper dar und spricht geneell den Künstler:innen die Rolle der Hoffnungsträger zu.
Besonders empfehlen kann ich die zweite und die siebte der gesammelten zehn Reden, denn sie haben nichts an ihrer Aktualität verloren: "Wege der Selbstverwirklichung in unserer Zeit" und "Was kränkt, macht krank - Psychosomatik und Arbeitsklima". Diese kann man auch getrost lesen und davon profitieren, wenn man nicht mit der Alpenrepublik verbandelt ist.