Essad Bey

 4 Sterne bei 5 Bewertungen
Autor*in von Öl und Blut im Orient, Mohammed und weiteren Büchern.

Lebenslauf

Essad Bey, neben Kurban Said Pseudonym von Lew Nussimbaum (geb. 1905 in Kiew, Ukraine, oder Baku, Aserbaidschan, gest. 1942 in Positano, Italien) entstammte einer jüdischen Familien mit Wurzeln in Georgien und Weißrussland. Seine Kindheit und Jugend verbrachte er in Baku, der Hauptstadt des ersten Ölbooms, bis er 1918 14-jährig gemeinsam mit seinem Vater über Persien, zurück über Baku nach Georgien und die Türkei geflohen ist, um in den 1920er-Jahren in Berlin zu stranden. Dort begann er unter verschiedenen Pseudonymen seine sprunghafte schriftstellerische Karriere, mindestens 16 Bücher entstammen seiner Feder, darunter Biographien von Lenin, Reza Schah und dem letzten Zaren Nikolaus II. Spätestens 1922 konvertierte er zum Islam und nannte sich fortan hauptsächlich Essad Bey. Den Weltbesteller Ali und Nino veröffentlichte er unter dem Pseudonym Kurban Said. Nach Stationen in Wien, New York und Hollywood starb er, auf der Flucht vor den Nazis, südlich von Neapel. Noch von seinem Sterbebett aus ersuchte er die italienischen Behörden, eine Biographie Benito Mussolinis schreiben zu dürfen. Sein abenteuerliches Leben und die Fährten, die er mit seinen wechselnden Identitäten gelegt hat, erschloss zuletzt Tom Reiss in "Der Orientalist" (dt. Ausgabe 2008).

Quelle: Verlag / vlb

Alle Bücher von Essad Bey

Cover des Buches Öl und Blut im Orient (ISBN: 9783847704027)

Öl und Blut im Orient

 (3)
Erschienen am 15.06.2018
Cover des Buches Mohammed (ISBN: 9783898366144)

Mohammed

 (2)
Erschienen am 01.02.2007
Cover des Buches Liebe und Erdöl /Manuela (ISBN: 9783929345353)

Liebe und Erdöl /Manuela

 (0)
Erschienen am 24.10.2008
Cover des Buches Öl und Blut im Orient (ISBN: 9783929345308)

Öl und Blut im Orient

 (0)
Erschienen am 29.02.2008
Cover des Buches Zwölf Geheimnisse im Kaukasus (ISBN: 9783846042427)

Zwölf Geheimnisse im Kaukasus

 (0)
Erschienen am 31.07.2013

Neue Rezensionen zu Essad Bey

Cover des Buches Öl und Blut im Orient (ISBN: 9783847704027)
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Rezension zu "Öl und Blut im Orient" von Essad Bey

Den Begriff ‚fair‘ gab es überhaupt nicht
HansDurrervor 6 Jahren

Seit dem Zusammenbruch der Sowjetunion 1991 gibt es fünf Anrainerstaaten am Kaspischen Meer: Russland, Turkmenistan, Kasachstan, Aserbaidschan und Iran. „Jetzt gibt es eine Einigung: Auf ihrem Gipfeltreffen im kasachischen Küstenort Aktau haben sich die Staatschefs im Grundsatz auf eine Aufteilung des rohstoffreichen Sees geeinigt – sie unterzeichneten eine entsprechende Übereinkunft. Damit ist der Weg frei für eine stärkere Förderung von Erdöl und Gas in der Region“ berichtete die Deutsche Welle am 12. August 2018.

Unter dem Kaspischen Meer lagern grosse Mengen von Gas und Öl und um diese wird schon lange gerungen. Wie heftig, brutal und rücksichtslos es im Ölgeschäft zu und her geht, darüber gibt Essad Beys Öl und Blut im Orient Aufschluss, das in der Zeit um den Ersten Weltkrieg in Baku, Aserbaidschan, spielt. Es handelt sich um einen „autobiografischen“ (die Glaubwürdigkeit, informiert die Pressemitteilung des Verlages, sei zurecht angezweifelt worden) Bericht, der die damaligen Zustände ungemein farbig schildert und mich zum Staunen und zum Lachen brachte und wiedereinmal die Einsicht verstärkte, dass es sich beim Menschen um eine wenig erfreuliche Spezies oder drastischer gesagt, um ein nur schwer zu bändigendes Tier handelt.

Das Ölgeschäft, dachte es so in mir, ist wohl ähnlich dem Baugeschäft in New York, Chicago, Moskau oder São Paulo, und vermutlich weniger von der Liebe zur Literatur und anderem Schöngeistigen geprägt als von den primitivsten Instinkten, die vornehmlich den Menschen eigen zu sein scheinen. „Unter russischen Kaufleuten gibt es das Sprichwort: ‚Wer ein Jahr unter Bakus Ölbesitzern lebte, kann nie wieder ein anständiger Mensch werden'“. Essad Bey war der Sohn eines solchen Ölbesitzers, floh im Alter von 16 Jahren vor den Bolschewisten nach Berlin, konvertierte dort zum Islam und schrieb mit Öl und Blut im Orient einen aberwitzigen, informativen und meinungsstarken Text, der mich einerseits dauernd zum Losprusten brachte und mir andererseits Einblick in eine Weltgegend gab, die mir bis anhin ebenso unbekannt war wie das Ölgeschäft. „Man scheute vor nichts zurück, man brauchte sich auch vor nichts und niemandem zu scheuen, man war ja im Orient, wo Recht und Unrecht seit jeher dehnbare Begriffe sind. Auch untereinander hielt man Fairness nicht für angebracht. Den Begriff ‚fair‘ gab es überhaupt nicht, vielleicht noch bei den Grössten, die sich auch diese Marotte mitunter leisteten.“

Nicht nur auf den Ölfeldern Aserbaidschans, sondern auch auf den mexikanischen und venezolanischen und genau so in den Goldminen von Alaska und bei den Diamantensuchern Südafrikas „herrschten dieselben Verhältnisse, dieselbe Brutalität, Betrug und List, mit denen ein Häuflein Abenteurer ihren eben errafften Reichtum zu schützen wusste.“ Befreit man sich von ideologischen Scheuklappen und Wunschdenken, so beschreibt das auch die heutige Welt trefflich.

Von den Jassaien im Norden Aserbaidschans berichtet Essad Bey, bei denen die Hände der Männer keine Arbeit verrichten dürfen und die deshalb den ganzen Tag ausgestreckt unter grossen Nussbäumen verbringen, zum Himmel emporblicken und über die Weisheit ihrer Vorfahren nachdenken, die ihnen die Arbeit verboten haben. Oder dass in Südaserbaidschan „die bekannte Hörnerfrisur“ getragen wird, “ das heisst, die Haare werden in der Mitte des Schädels von der Seite bis zum Nacken in einer geraden, breiten Linie ausrasiert und hängen rechts und links ungeschnitten herab. Sie werden oft so gekämmt, dass sie nach vorn hängen und unter dem kleinen, schwarzen Fez, der den rasierten Schädel bedeckt, wie zwei gebogene Hörner aussehen.“

Gänzlich unbekannt war mir auch, dass in den unendlichen Sandwüsten Turkestans und Persiens der Karawanenführer, der ‚Tschalwadar‘, der Herrscher ist, denn „mit seinem fast tierischen Instinkt kann der Führer auf weite Entfernungen hin das Vorhandensein von Wasser buchstäblich riechen.“ Und von Persien erfahre ich, dass es „die üppigsten Gärten, Felder und Wälder, tropische Palmen und unendliche Wüsten und dazu die ältesten Ruinen der Menschheit“ besitzt, jedoch praktisch unbewohnt ist. (Das Land zählte damals 10 Millionen Einwohner, heute über 80 Millionen).

Als ich lese: „Der Orient kennt Massaker, blutige Tage, tierische Grausamkeit, die sich sozusagen explosionsartig entlädt, aber bald wieder dem angeborenen Phlegma der Bevölkerung Platz macht“, geht mir Raphael Patais The Arab Mind(Erstveröffentlichung 1973) durch den Kopf, der die Beduinen (und allgemein die Araber) ganz ähnlich beschrieb. Explosive Eruptionen, gefolgt von phlegmatischen Phasen – keine wirklich beruhigende Kombination.

Öl und Blut im Orient wurde erstmals 1929 veröffentlicht. Schön, dass es dieses Buch in dieser tollen Aufmachung (Hardcover mit Buchschlaufe, bedruckter Einband, Vor- und Nachsatzpapier, Fadenheftung) wieder gibt.

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Cover des Buches Öl und Blut im Orient (ISBN: 9783847704027)
frenx1s avatar

Rezension zu "Öl und Blut im Orient" von Essad Bey

Geschichten vom Beginn der Ölindustrie
frenx1vor 6 Jahren

Hasardeur könnte die passendste Bezeichnung für Essad Bey sein. Für einen Berichterstatter sind seine Geschichten aus dem Orient zu märchenhaft geschmückt, für einen Aufschneider steckt zu viel Wahrheit in ihnen. Bereits als 1929 sein Buch "Öl und Blut im Orient" in der Erstauflage erschien, zeigten die Reaktionen deutlich, dass Bey die Provokation liebt. Übertreibungen und Münchhausiaden finden sich massenhaft in seinem Buch. Essad Bey inszeniert sich selbst als Orientale, obwohl er als Ausländer der Vermittler ist, der dem Westen die Welt des Orients erklärt.
Zunächst gibt Bey einen Einblick in die Ölstadt Baku und ihre politisch-wirtschaftliche Gemengelage. Er selbst beschreibt sich als Sohn eines Ölbarons, der vor dem Ersten Weltkrieg durch die beginnende Rohölindustrie reich geworden ist. Spannend sind die Ausführungen, wie die Industrie funktionierte: durch private Wachdienste (die sogenannte Ölgarde), Arbeiter von außerhalb, die in heruntergekommenen Baracken leben. Ausgeschmückt sind diese Ausführungen mit kleinen Geschichten über die (vermeintliche) Weisheit der Herrscher bis hin zu der Geschichte von seiner eigenen Entführung. Dass dabei im Orient Könige, Fürsten und Räuber nicht immer leicht zu unterscheiden sind, macht Bey mehr als einmal deutlich. So schildert Bey auch ausführlich, dass Räuber immer wieder - zur Erhaltung der Ordnung - zu Provinzgouverneuren gemacht werden.
Allerdings muss man manches, was Bey schreibt, mit Vorsicht genießen. So weist das Nachwort bereits darauf hin, dass manches, was beschrieben ist, so nicht stimmen kann. In Blick auf die Jesiden kolportiert Bey zum Beispiel das Vorurteil, es handle sich um Teufelsanbeter. Der goldene Pfau, den sie anbeten, stehe für den Teufel, sagt Bey und verweist auf Jesiden, mit denen er sich unterhalten habe. Freilich war der goldene Pfau schon zu Essad Beys Zeiten das Symbol für den obersten Erzengel.
Fast schon humoristisch wirken Beys Ausführungen zu den Rassen. So vertritt er die These, dass das Klima die Rassen verändere - und zwar im Sauseschritt. Als Beispiel führt er die Kinder blonder Männer an, die plötzlich schwarze Haare hätten. Hier sind doch andere Antworten deutlich plausibler. Aber Bey will den Menschen glauben, die ihm erzählen, dass man niemals nie auf die Idee käme, mit jemandem einer anderen Rasse zu verkehren.
Zu wissen, dass nicht alles, was Bey beschreibt und erzählt, stimmt, mindert ein wenig den Lesegenuss. Trotzdem sind die Beschreibungen von Land und Leuten spannend zu lesen. Dazu gehören etwa die Traditionen der Wüstenbewohner oder auch die Beschreibung von Samarkand, was Bey als Ursitz seiner Familie bezeichnet.
Immer wieder schildert Bey auch die Grausamkeit des Orients. Ein wenig wirkt es bei Bey so, als ob Massaker eben zum Orient dazugehören. Der Schrecken wird am ehesten noch bei den Massakern der Sowjetunion deutlich. Mit der Flucht vor den Russen endet auch das Buch. Als auch das Land Georgien, in das Bey mit seinem Vater geflüchtet ist, russisch wird, geht es zurück nach Europa.
Lesenswert ist das Nachwort von Sebastian Januszewski, der vor allem auf die Ungereimtheiten in der Biografie Beys eingeht, aber auch die Historizität des Textes kritisch hinterfragt. 

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