Die Lektüre dieses sehr gut geschriebenen Romans habe ich sehr genossen. Kurzweilig, interessant, charmant war meine Zeit mit dieser wunderbaren Autorin. Zwei kleine Kritikpunkte gibt es doch: Eva Ibbotson gelingt kein zufriedenstellendes Zeitkolorit, ich bemerke kaum, dass der Roman ja in den Jahren 1911/12 spielen soll. Und dann der vom Verlag gewählte unsäglich dümmliche Titel! Im englischen Original von 1988 heißt er passend und schlicht “ Madensky Square”, die erste deutsche Ausgabe aus den 1990er Jahren fasst das Geschehen unter “Die Vertraute” ebenso gut und prägnant zusammen. Ansonsten ist der Roman lesenswert und bringt vergnügliche Lesezeit mit Sogwirkung!
Eva Ibbotson
Lebenslauf
Quelle: Verlag / vlb
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Hecky und Dora haben sich in der Hexenschule kennen gelernt. Wie später Harry Potter wuchsen sie in normalen Familien auf, anders jedoch als bei jenem berühmten Zauberlehrling wurden ihre ungewöhnlichen Fähigkeiten nicht ignoriert, sondern im Gegenteil sanft gefördert, um ihnen die bestmögliche und auf ihre Talente zugeschnittene Ausbildung angedeihen zu lassen – und diese war eben nur in besagter Hexenakademie möglich, in der sie die nächsten dreißig Jahre ihres Lebens, denn so lange dauert die Formation für Hexen, verbrachten.
Sehen wir hier Anleihen an die allseits berühmte Joanne K. Rowling? Oder anders gefragt, hat sich die englische Schriftstellerin mit österreichischen Wurzeln, Eva Ibbotson, von Harry Potter inspirieren lassen? Weit gefehlt! Es dürfte eher umgekehrt gewesen sein, denn „Not just a witch“ ( im Deutschen: „Das Geheimnis der Hexen von Wellbridge“ ) erschien bereits im Jahre 1989, zu einer Zeit also, als Mrs. Rowling noch keinerlei Anstalten machte, mit ihrer siebenbändigen Reihe zu beginnen, die mehr als ein Jahrzehnt später weltweit Furore machen sollte.
In einem Interview zwei Jahrzehnte später aber äußerte sich Eva Ibbotson nur lobend über das Werk Rowlings, schien geradezu stolz darauf zu sein, dass ihre eigenen zauberhaften Geschichten ganz offensichtlich eine Inspiration für die berühmte Schottin waren. So war Eva Ibbotson – großzügig, liebenswürdig, nie auf vermeintlich ältere Rechte pochend und frei von jedem Groll, den die meisten anderen wohl hegen würden, wenn ihr eigenes Werk als Sprungbrett für die Karriere eines anderen gebraucht worden wäre! Wie auch immer, Mrs. Rowling scheint die Bücher der gebürtigen Österreicherin sehr gründlich studiert zu haben, denn es ist längst nicht nur die hier zu besprechende Geschichte, die verblüffende Ähnlichkeit zu der Harry Potter-Reihe aufweist....
Nach Beendigung ihrer langen Ausbildung, um auf unsre beiden Hexen zurückzukommen, kam es dann leider zu einem ernsten Zwist zwischen den einander so liebevoll zugetanen Freundinnen, der Tierhexe Hecky und der Steinhexe Dora. Alle Pläne, die man für eine gemeinsame, der Vollbringung des Guten gewidmeten Zukunft gehegt hatte, lösten sich in Nichts auf, die Freundinnen trennten sich zutiefst traurig und begannen, nicht weit voneinander, sich ihr eigenes Leben aufzubauen. Im Bestreben, die Welt von so vielen Bösewichten wie möglich zu befreien, übten sie ihren jeweils eigenen, ganz speziellen Zauber aus, womit sie manchmal ein wenig übers Ziel hinausschossen, was für den Leser aber höchst vergnüglich zu lesen ist! Dora verwandelte die Unsympathen, die ihr begegneten, in steinerne Statuen und Hecky, die inzwischen in Wellbridge eine Tierhandlung betrieb, in Tiere – in liebenswürdige und freundliche Tiere freilich, die umsorgt werden mussten. Eine glorreiche Idee, so soll angemerkt werden, um die Erde zu einem lebenswerteren Ort zu machen! Und dabei lernte Hecky eines Tages den einsamen Jungen Daniel kennen, dessen hochgebildete, intellektuelle Eltern zwar auf schulischem Gebiet viel von ihm verlangten, aber ihn ansonsten sträflich vernachlässigten.
Daniel ist eine der typischen Eva Ibbotson-Figuren. Man findet Kinder wie ihn, die mit gleichgültigen Eltern bestraft oder gar ungeliebte, ungewollte Waisen sind, als Protagonisten all ihrer Romane. In vorliegendem Buch allerdings spielt dieser Kinder-Charakter eine Nebenrolle – obwohl man sich gewünscht hätte, ihm und dem Hellen, dem Guten, das er verkörpert, wäre größere Bedeutung beigemessen worden. Stattdessen widmet sich die Schriftstellerin in aller Ausführlichkeit den bösen, den niederträchtigen Charakteren, die selbst Hexe Hecky und ihre Freundin Dora lange Zeit nicht durchschauen, weil sie sich haben blenden lassen von dem schmierigen und verlogenen Charme des Oberbösewichtes, einem Mister Knacksap, der beiden Freundinnen gleichzeitig und ohne dass sie dessen gewahr waren, die Ehe versprochen hatte. Blind vor Liebe – nun ja, sie waren schließlich beide nicht mehr jung und sehr ansehnlich waren sie auch nicht – hörten sie weder auf Warnungen von außen noch auf die eigene innere Stimme, die immer drängender wurde...
Dass Eva Ibbotsons Romane grundsätzlich ein positives Ende haben, ist bekannt. Doch kann sich der Leser keineswegs entspannt zurücklehnen und der Dinge harren, die da unweigerlich kommen müssen! Viel zu sehr werden sie auf die Folter gespannt, und erst, als es schon beinahe zu spät ist, erkennen Dora und Hecky, die schließlich der Zufall wieder zusammengeführt hat, zu welch bitterbösem Spiel sie missbraucht wurden. Und so erhält Knacksap, der „Teufel in Menschengestalt“, wie er auf dem Covertext genannt wird, gemeinsam mit seinen üblen Schergen doch noch die gerechte Strafe – über die hier allerdings Stillschweigen bewahrt werden soll...
Fazit: ein starkes Buch mit starken Botschaften! Das ist man gewohnt von Eva Ibbotson, die in all ihren Büchern für junge Leser Missstände anprangert – fast im Märchenton und nie melodramatisch und gewiss auch nie mit erhobenem Zeigefinger. Sie tut das vielmehr auf sehr typische britische Art, mit subtilem, im vorliegenden Werk auch ungewohnt bösem Humor, für den, und hier liegt vielleicht der einzige wirkliche Kritikpunkt, Kinder wohl nur dann empfänglich sind, wenn sie darin geübt sind, wenn sie damit großgeworden sind, wie das bei manchen britischen Kindern ja der Fall sein soll. Ungewohnt grausame Szenen mutet sie dem Leser überdies zu, gerade wenn es um ihr unerschöpfliches Thema, die Tierquälerei, geht, angesichts derer der liebenswerte Daniel, der schon bald eine emotionale Heimat bei Hecky gefunden hat, in Tränen ausbricht – und mit ihm sicherlich so mancher junge Leser! Doch ist der Roman, in dem sich selbstverständlich auch die üblichen liebenswert-eigenwilligen Geschöpfe tummeln, von denen die Autorin einen unerschöpflichen Vorrat zu haben scheint und von denen hier nur der entzückende Drachenwurm erwähnt werden soll, ebenso voller ganz reizender Szenen und skurriler Einfälle – und wer wird je die Fahrt im Ballon vergessen, der nicht etwa von gewöhnlicher Heißluft angetrieben wird, sondern – man kann sich ein gar nicht so stilles Lachen nicht verkneifen! - von der heißen Luft, die Politiker jedweder Couleur im Laufe ihrer Amtszeit und weit darüber hinaus so von sich geben? Eva Ibbotson ist also, mehr als dreißig Jahre nach Erscheinen von „Not just a witch“ - das darf man mit Fug und Recht behaupten - , ganz auf der Höhe der Zeit!
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