Dunkelblum ist eine österreichische Kleinstadt an der Grenze zu Ungarn. Idyllisch gelegen, mit einem Schlossturm und einer entzückenden, verwinkelten Altstadt. Aber dieses kleine Städtchen hat eine Vergangenheit, die kollektiv unter den Teppich gekehrt wurde und dort seit Jahrzehnten plattgetreten wird. Das Jahr 1989 allerdings beginnt an diesem Teppich zu ziehen. Es wird unruhig im beschaulichen Dunkelblum, als ein Fremder kommt und Fragen stellt, die keiner hören und schon gar nicht beantworten will.
Dieser Mikrokosmos in Dunkelblum hat mich total für sich eingenommen und ich habe die Geschichte wahnsinnig gern gelesen bzw. gehört. Die Autorin entwirft eine interessante und kurzweilige Handlung, die von den Verstrickungen in der NS-Zeit bis in das Wendejahr 1989 reicht. Die zahlreichen, unglaublich lebendigen Charaktere zeigen eine Gemeinschaft, deren Mitglieder leiden, profitieren, terrorisieren, Schuld auf sich laden und vergessen. Freundschaften, Abhängigkeiten und Gewalt setzen Dynamiken in Gang, die einen ganzen Ort erfassen.
Eva Menasse hat hat einen Roman gegen das Vergessen und für das Erinnern geschrieben; Dunkelblum dient dabei als Stellvertreter. Ich finde dies ist großartig gelungen. Der Schrecken und das Grauen, die in den Zeilen stecken, werden durch den Dialekt einerseits entschärft, andererseits erscheinen sie dadurch noch ungeheuerlicher. Ich habe einen sehr großen Teil als Hörbuch gehört, von der Autorin selbst gelesen. Dies tut sie auf eine sehr ruhige, extrem angenehme Weise und vermittelt durch den Dialekt eine starke Atmosphäre.
Ich kann den Roman sehr empfehlen. Ein Ortsplan, ein umfangreiches Glossar mit Austriazismen und ein Figurenverzeichnis bereichern das Buch sehr.