Rezension zu "... und ich war nie in der Schule" von André Stern
Ganz außer Frage, mit dem deutschen Schulsystem ist es nicht gerade zum Besten bestellt. Nun kommt aber ein Mann aus Frankreich daher, der (ein wenig durch die Blume) behauptet, dass die Schule die Entwicklung von Kindern sogar einschränkt und behindert.
In Frankreich gibt es scheinbar keine Schulpflicht. Und der Autor hat tatsächlich auch nie eine Schule besucht. Er beschreibt auf einem Großteil der Seiten, wie er dennoch zu einem gebildeten und erfolgreichen, aber vor allem auch glücklichen Individuum heranwachsen konnte. Er schreibt von seinem freudigen Entdecken von Lokomotiven, Autos, Zauberei und Hieroglyphen; seinem Erlernen der Musik, des Gitarrenspieles, dem Instrumentenbau und wer ihm wie damit geholfen hat. Ganz nebenbei hat er dabei die Grundtechniken von Mathematik und Lesen und Schreiben erlernt.
André beschreibt seine Kindheit und Jugend und die große Unbefangenheit, sich nur mit den Dingen auseinander zu setzten, die ihn wirklich interessierten. Im Kindergartenbereich gibt es in Deutschland eine pädagogische Richtung, die man den „Situationsansatz“ nennt. Hat mich stark daran erinnert. Nun, dass auch diesen Kindern bei Schulantritt ein ganz anderer Wind entgegen weht.
In einem zweiten Teil des Buches geht es um die Beantwortung von Fragen, die ihm häufig bei seinen Vorträgen gestellt werden, wie z.B. „Welche Vorteile hat es gebracht, nicht zur Schule zu gehen?“, „Hat der Kontakt zu anderen Kindern nicht gefehlt?“ etc. André stellt nachdenkenswerte Argumente auf. Dabei kommen auch seine Eltern zu Wort.
André Sterns Vater Arno hat als Malpädagoge einen gewissen Ruf erlangt. Er hat das Konzept des „Malort“ entwickelt, nicht um mit Kindern Kunst zu machen, sondern den kleinen Künstlern die Möglichkeit zu geben „ den eigenen Spuren zu folgen und sich dabei selbst zu begegnen.“. Irgendwie folgerichtig, dass er seine beiden Kinder nicht auf die Schule geschickt hat, sondern ihnen den indirektiven Rahmen bereitstellte, ihre grundeigenen Erfahrungen und Entwicklungen zu durchschreiten.
Fazit: Ein reichbebildertes Buch, mit Fotos aus Andrés Kindheit und auch von seinen „Projekten“. Guter Lesestoff und eine etwas anders gelagerte Diskussionsgrundlage zum leidigen Schulthema.