Cover des Buches Tödliche Überwindung (ISBN: 9783940873521)
Rezension zu Tödliche Überwindung von Eva Sobotta

Gute Idee - doch gravierende Mägel in der Umsetzung.

von Ein LovelyBooks-Nutzer vor 11 Jahren

Rezension

Ein LovelyBooks-Nutzervor 11 Jahren

*INHALT*

Zwei Doppelmorde beschäftigen die Hauptkommissare Axel Johnson und Oliver Sander, sowie den obduzierenden Professor Patrick Rosenthal und seinen Sektionsassistenten Damian Rix:

Zwei junge Frauen und deren Babys wurden ermordet und auf dem Bett konstvoll drapiert; sie scheinen einem Ritualmord zum Opfer gefallen zu sein, denn die Tathergänge geben den Ermittlern Rätsel auf und wirken alles andere als normal.

Damian Rix stellt eigene Ermittlungen an, da die beiden Kommissare kaum weiter kommen; dazu heuert er eine Gruppe Ex-Krimineller an, die auf eigene Faust beginnen, der Sache nachzugehen..


*MEINE MEINUNG*

Die Idee gefiel mir sehr gut und so habe ich mich sehr freut, als ich das Buch im Rahmen einer Leserunde gewonnen habe.

Und auch das erste Kapitel gefiel mir gut; Die Einführung des Killers und seine Sichtweise auf den Mord klang interessant und spannend.


Doch schon im zweiten Kapitel wurde ich enttäuscht. Die vier Hauptcharaktere werden eingeführt, doch sie werden nur kurz mit einem Absatz voller nüchterner Informationen beschrieben, die sich nicht wirklich in meinem Gedächtnis festsetzen konnten, da ich noch keinerlei Bezug zu den Personen hatte. Die Unterhaltung, die darauf folgt, mutete sehr befremdlich und seltsam an. Johnson ist fasziniert und beeindruckt vom Tatort; was hier völlig fehl am Platz wirkt.

S. 15 / 16:

"Am Tor des Hauses Nummer 18 in der Rheingauer Straße flatterte bereits ein Absperrband im Wind. Dort erwartete mich ein uniformierter Polizist. [...] Die bodenlangen seidenen Vorhänge schimmerten gespenstisch im Schein der Nachtlämpchen wie die Kulisse bei einer Theatervorführung. Und da erblickte ich sie... Auf dem grißen Bett wie für ein Gemälde posierend. Drapiert wie zwei überirdische Kunstfiguren.


Wie auch im weiteren Verlauf wirken die Dialoge gestellt und darauf ausgerichtet, Inhalt zu vermitteln; die Figuren reden zu hochgestochen und unterscheiden sich kaum in ihrer Wortwahl. Dadurch ergeben sich keine wirklichen Charaktere und alle wirken gleich.

Das mag auch dazu beigetragen haben, dass ich Mühe hatte, die Figuren auseinander zu halten; es werden zwar immer wieder einige Eigenschaften augegriffen, allerdings sind es immer wieder die gleichen und fangen irgendwann an, zu nerven. Sie tragen außerdem dazu bei, dass die Charaktere wenig sympathisch werden:

S. 159:

"Nicht schon wieder ein Loch im Schritt! Hat die sexy Blondine es auch bemerkt? Ach, ist doch egal. Ich stehe nicht auf Blondinen. [...] Außerdem hatte die junge Frau ihren Zweck erfüllt: Sander hatte während der heißen Liebesnacht seinen überschüssigen Testosteronspiegel abgebaut und die zerstreute Energie gebündelt."

Allein die Tatsache, dass Sander den Namen der "sexy Blondine" nicht (mehr?) weiß, stieß mir übel auf; doch er behandelt nicht nur seine Bettbekanntschaften mit Distanz; die vier Protagonisten siezen sich aus Prinzip und lassen dadurch kein Gefühl der Nähe oder Verbundenheit untereinander oder zum Leser entstehen.


Die Ermittlungen wirken amateurhaft; da sie nicht wissen, wo sie ansetzen sollen, stochern sie ziellos in den Beweisen herum und benehmen sich wie Amateure - niemand ist je auf die Idee gekommen, die Babys unter die Lupe zu nehmen oder ggf. nach einem Zusammenhang zwischen den Frauen zu suchen. Haben sie sich gekannt? Könnten sie sich begegnet sein? Gab es Gemeinsamkeiten in ihren Gewohnheiten, etwa einen Ort, an dem sie dem Mörder begegnet sein können. Einen Ort, an dem er sein nächstes Opfer auswählt?

All dies sind Fragen, die den beiden Kommissaren nicht im Traum einfallen würden. Und so ist es auch kein Wunder, dass Rix seine Ex-Kriminellen in den Ring schickt, und sie Dinge unternehmen lässt, die sich auf Messers Schneide am Rande der Legalität bewegen. Besonders befremdlich fand ich die Szene, in der er einen seiner Untergebenen auffordert, sich ein Tattoo stechen zu lassen, um in Kontakt zu den Besitzern des Studios zu kommen. Er käme auch für die Entfernung auf; trotzdem ist dies ein schwerer Eingriff in den Körper und zieht eine lebenslange Narbe hinter sich her!

Rix' Realitätsferne zeigt sich auch in einer Situation, in der er Sander dazu auffordert, einen seiner Schützlinge in den Polizeidienst aufzunehmen, da sie ja hervorragende Arbeit geleistet haben. Äh - ja. Klar. Ein einwandfreies Führungzeugnis ist doch keine zwingende Voraussetzung für eine Beamtenlaufbahn; mehr so eine Richtlinie, oder?

Doch auch die bereits erfahrenen Polizisten machen mehr Fehler als Fortschritte und erzählen scheinbar bereitwillig jedem Zeugen Details des Tathergangs, um an Informationen zu gelangen. Und sie tun das sogar, nachdem sie eine Seite vorher noch explizit darauf hinweisen, dass sie keine Details verraten dürfen. Trotzdem sprudelt es keine fünf Minuten später nur so aus ihnen heraus. Unglaubwürdig und stümperhaft.


Und auch die eigentlich sehr interessanten Informationen zu der Gemeinschaft der Aghori und deren Rituale sind zu ausführlich und ausufernd, außerdem (wie ich nach kurzer Recherche feststellen musste), fast wortwörtlich (in gekürzter Version) von Wikipedia abgeschrieben.


Fazit:
Ein Roman, der mich leider überhaupt nicht überzeugen konnte. Die Grundidee gefiel mir sehr, doch die Umsetzung lässt sehr zu wünschen übrig.
Kann ich leider nicht weiter empfehlen!
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