Bei der Lektüre dieses Buches hatte ich große Erwartungen, doch leider konnte es mich nicht überzeugen. Obwohl ich versuchte, es bis zum Ende zu lesen, musste ich schlussendlich aufgeben. Ursprünglich hatte ich gehofft, eine Familiengeschichte mit Tiefgang zu entdecken, doch leider erwies sich diese Hoffnung als vergeblich.
Die drei Hauptcharaktere, Kai, Miriam und Sui, versuchen in ihren Kapiteln, vermeintliche Weisheiten zu offenbaren. Kai, der Vater, wird als jemand dargestellt, der Menschen mit seinen Händen retten kann und bei Frauen unwiderstehlich ist. Miriam, die Mutter, strebt danach, die weltbeste Künstlerin zu sein und dafür Berühmtheit und Reichtum zu erlangen. Dabei vernachlässigt sie jedoch ihre eigene Tochter. Sui, die dritte Person, hat die merkwürdige Begabung, sich mit einem Mistkerl als Freund abzugeben. Unter den dreien ist sie meiner Meinung nach noch am sympathischsten.
Als Kai sich auf eine Yoga-Retreat-Reise nach Indien begibt und dort beim Liebesspiel eine Vision von seiner Ex-Frau und deren neuem Mann hat - eine Szene, die tatsächlich passiert ist. An diesem Punkt konnte ich nicht mehr weiterlesen. Das Gesamtkonzept des Buches wirkt kitschig und voller Klischees, sodass es beinahe schmerzhaft ist.
Bitte beachte, dass dies meine subjektive Meinung ist und andere Leser möglicherweise eine andere Erfahrung gemacht haben.
Eva Tind
Lebenslauf
Quelle: Verlag / vlb
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Ursprung
Die Frau, die die Welt zusammenfügte
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Rezension zu "Die Frau, die die Welt zusammenfügte" von Eva Tind
„Reisen Sie allein?“
„Ja.“
„Aber sind Sie verheiratet?“
„Ja“, sagte Marie, „und wir haben vier Kinder.“
„Vier Kinder? Was in aller Welt machen Sie dann hier?“
„Ich arbeite. Ich bin Insektenforscherin, das ist meine Berufung. Einer Berufung kann man nicht entkommen, man trägt sie das ganze Leben lang in sich, egal ob man ihr folgt oder nicht.“
„Also steht die Liebe zu Ihrer Familie für Sie an zweiter Stelle?“
„Für mich gibt es kein Entweder-oder“, antwortet sie. (S. 310f.)
Inhaltlich stimmt in diesem Buch einfach alles: Die Frau, die die Welt zusammenfügte porträtiert das Leben der Biologin Marie Hammer. Obwohl sie heute beinahe in Vergessenheit geraten ist (wie so viele Frauen, die Pionierarbeit in der Forschung geleistet haben), bildeten ihre Untersuchungen zu Verbreitung von Moosmilben auf allen Kontinenten dieser Welt einen wichtigen Beitrag zur Bestätigung der Theorie der Kontinentaldrifte. Sie bereiste im 20. Jahrhundert – zu einem Zeitpunkt, in der erst der zweite Weltkrieg und dann der eiserne Vorhang die Welt beherrschte – zahlreiche Länder, um ihre These der Ausbreitung der Milben durch die Bewegungen der Kontinente zu belegen – und war zeitgleich Mutter von vier Kindern! An ihrem Leben lässt sich nicht nur ablesen, welche Rolle Frauen in der Wissenschaft zugeschrieben bekamen und welchen Herausforderungen sie sich schon von jeher stellen mussten, wenn sie Familie und Beruf vereinbaren wollten, sondern ganz allgemein auch, was es bedeutet, wenn ein Mensch (egal welchen Geschlechts) kompromisslos seiner Leidenschaft folgt.
Leider, leider, leider – und noch viele „leider“ mehr – wird der Stil, den Autorin Eva Tind für ihren Roman über Marie Hammer gewählt hat, diesem außergewöhnlichen Leben und dieser spannenden Frauenfigur in meinen Augen überhaupt nicht gerecht. Nüchtern, beschreibend und distanziert erzählt sie von Kindheit und Jugend, Studium, der ersten Reise nach Grönland an der Seite von Knud Rasmussens, der Geburt der vier Kinder, der zahlreichen weiteren Reisen und der Kampf um Anerkennung, Geld und Erkenntnisse. Nun mag man einwenden, dass ein reduzierter Stil hervorragend zum Porträt einer Wissenschaftlerin passt, was durchaus richtig ist; jedoch führt er auch dazu, dass der Zugang zur Protagonistin, ihrem Forschungsgegenstand und ihrer Leidenschaft dafür verstellt wird.
Und gerade das hätte ich für wichtig erachtet! Moosmilben sind kein eingängiges Thema und weit von Sexyness entfernt. Trotzdem hat Marie Hammer ihnen ihr ganzes Leben gewidmet und dafür Ehemann, Kinder und andere Familienmitglieder zurückgestellt. Hier hätte ich mir eine mitreißendere Erzählung gewünscht, die Verständnis schafft, Widersprüche aufzeigt, Konflikte (im Kleinen und im Großen) nachzeichnet. Stattdessen bekommt man mit Die Frau, die die Welt zusammenfügte mehr Bericht als Roman, mehr Ausschmückung bekannter Fakten als Fiktion, die sich traut, die im Leben dieser Frau aufzufindenden Tabuthemen (postpartale Depression, Karrierismus bei Frauen etc.) ausführlich zu thematisieren. So fehlt es leider auf fast 500 Seiten an jeglichen Emotionen, Spannung und Momenten der Verbundenheit- Der Text wird dominiert von ausufernden Beschreibungen in Parataxe, der nur bisweilen durch den Einschub von Briefen, Tagebucheinträgen und Interviews durchbrochen – und in diesen Momenten dann tatsächlich auch aufgelockert – wird.
Ich bereue es nicht, den Roman gelesen zu haben, weil ich Vieles über eine faszinierende Persönlichkeit erfahren habe, die meiner Meinung nach ein gelungenes Beispiel dafür ist, wohin Wissensdurst und intrinsische Motivation einen führen kann. Ich wäre vermutlich aber genauso begeistert gewesen, wenn ich einen Zeitungsbericht oder den Wikipedia-Artikel (wobei dieser zugegebenermaßen im Deutschen sehr knapp gehalten ist) gelesen hätte. Den Roman so hätte es nicht gebraucht!
Eva Tind erzählt von einer modernen Familie: Die 18jährige Sui, ihren Vater Kai, einem erfolgreichen Architekten und der Künstlerin Miriam, ihrer Mutter. Die drei leben kein klassisches Familienmodell à la Vater-Mutter-Kind, Mama bleibt zu Hause und geht darin auf, sich um Kind und Haushalt zu kümmern, während Papa das Geld verdient. Nein, als Miriam ungewollt schwanger wird, will sie das Kind zunächst abtreiben lassen, beschließt dann aber doch - im Einvernehmen mit dem viel jüngeren Kai - es auszutragen. Doch nur unter der Bedingung, dass er allein sich um Sui kümmert. Denn Miriam ist völlig klar, dass sie weder zur Mutter taugt, noch sich im Alltag in dieser Rolle sieht. Sie entscheidet sich daher aktiv für ihre berufliche Karriere.
So weit, so gut, könnte man meinen. Nicht jedoch bei Eva Tind. Was Männern seit jeher völlig selbstverständlich zugestanden wird und heutzutage doch auch für Frauen eine legitime Option sein sollte, wird in dieser Geschichte als eine große Fehlentscheidung beschrieben. Miriam, die als Künstlerin weltweit große Erfolge feiert, wird als selbstbezogene "Rabenmutter" schlechthin dargestellt. Als schuldmindernd wird angeführt, dass sie selbst einst zur Adoption freigegeben wurde - die Autorin schwingt erneut die verquere Rabenmutter-Keule: Wer bei nicht-leiblichen Eltern aufwächst, erleidet unweigerlich einen psychischen Schaden, so dass sie/er selbst in der Elternrolle versagen wird. Was für ein nerviger, aus der Zeit gefallener antifeministischer Unfug!
Auch mit der Figur des Vaters bin ich nicht klar gekommen: Er stürzt in eine massive Depression, heult nur noch und kann nicht mehr arbeiten, weil seine 18jährige (!) Tochter von zu Hause auszieht. Als wäre das nicht schon genug, würzt Tind diesen Humbug auch noch mit einer gehörigen Portion Esoterik. Kai hat ein Muttermal in der Handfläche und kann mit diesem "dritten Auge" heilen, was ihn im Glauben der Jünger im (real existierenden) indischen Ashram Auroville zum ersehnten Nachfolger der Gründerin Mirra Alfassa macht.
Sprachlich kann ich diesem Roman ebenfalls wenig abgewinnen. Die Story wird in meist sehr kurzen Kapiteln abwechselnd aus Sicht der Protagonisten*innen und in verschiedenen Zeitebenen erzählt. Doch leider sorgt das nicht für stilistische Vielfalt, im Gegenteil. Seite für Seite plätschert gleichförmig dahin, als ob alle Figuren Sprachlone wären. Eine Ausnahme bilden lediglich "Suis Notizen", willkürlich eingestreute und weitgehend kryptische Gedanken des Teenagers. ("Eine Mauer ist eine Lüge, die wie eine schimmernde Perle geformt ist.")
Für mich leider vertane Lesezeit.
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