Nach einer längeren Leseflaute hat mich dieses Buch völlig unerwartet wieder gepackt – Die Hoffnung der Chani Kaufmann ist eine berührende, eindrückliche und tief menschliche Geschichte, die mich nicht mehr losgelassen hat.
Was mich von Beginn an begeistert hat, war das authentische und detailreiche Eintauchen in das jüdisch-orthodoxe Leben. Ich finde diese Welt unglaublich faszinierend, und Eve Harris gelingt es, sie mit großer Sensibilität, aber auch kritischer Tiefe darzustellen. Wer – wie ich – bereits Bücher wie Unorthodox von Deborah Feldman mochte, wird sich auch hier sofort zu Hause fühlen, vielleicht sogar noch mehr mitfiebern.
Die Charaktere sind liebevoll und komplex gezeichnet. Besonders Chani, Avromi und Rivka haben mich emotional sehr berührt. Ihre inneren Kämpfe, ihr Ringen zwischen Glaube, Tradition, persönlichem Wunsch und familiärem Druck – all das hat mich tief bewegt. Die Autorin gibt ihren Figuren eine Stimme, die lange nachhallt.
Ein Abschnitt, der mir besonders naheging, war die Schilderung rund um die Regeln der Mikwae. Die Darstellung, wie Chani trotz sehnlichem Kinderwunsch nicht schwanger werden kann, weil ihr Eisprung zu früh kommt und sie laut religiösen Regeln ihren Mann noch nicht berühren darf, war für mich erschütternd und aufrüttelnd. Die Szene, in der Rivka klar ausspricht, dass es nicht HaShem, sondern Männer in der Kehilla sind, die über Frauenkörper entscheiden, hat mich sehr bewegt – ein Satz, der mir im Gedächtnis bleiben wird.
Auch sprachlich konnte mich das Buch vollkommen überzeugen. Die Kapitel sind in sich stimmig, der Erzählfluss packend, die Sprache zugleich einfühlsam und eindringlich. Ich habe jede Seite genossen, mitgelitten, gehofft – und war am Ende tief erfüllt.
Ein wunderbares Buch über Freiheit, Identität und die Kraft, sich selbst treu zu bleiben – unbedingt lesenswert.