Rezension zu "Ich bleib dir nah" von Evelyn Peters
Zu Herzen gehend ist dieses Buch von Evelyn Peters. Die Autorin beschreibt in einer schnörkellosen Sprache die letzten Monate mit ihrem an Alzheimer erkrankten Mann. Selbst in die Jahre gekommen, kann sie ihn nicht mehr zu Hause versorgen und gibt ihn schweren Herzens ins Heim. Obwohl sie lange nach einer passenden Unterbringung gesucht hat, erlebt sie voller Schrecken, wie nüchtern die Pflege dort organisiert ist. Als Leser nimmt man ihre psychische Lähmung wahr. Doch in ihr, die ihn jeden Tag selbst besucht oder von Familienmitgliedern oder Freunden besuchen lässt, keimt anfangs noch Hoffnung auf, dass sich sein Zustand bessern könnte und sie ihn wieder mit nach Hause nehmen kann. Erst nach und nach realisiert sie die Tatsachen: die Pflege ihres mit Blindheit und schweren körperlichen Einschränkungen geschlagenen Mannes ist zu Hause nicht mehr zu leisten. Jetzt, in den Stunden ihrer Besuche im Heim, kann sie sich ihm viel intensiver widmen und erlebt gemeinsam mit ihm noch sehr innige Augenblicke. Sie genießt die auch bei ihm zwischendurch aufkeimenden Erinnerungen an gesunde Tage und quält sich durch die Gedanken an den unausbleiblichen Abschied, der viel schneller kommt, als sie geglaubt hatte.
Auch wenn jede Alzheimer-Erkrankung ein wenig anders aussieht, sind doch auch typische Verläufe beschrieben: immer wieder erreicht der Erkrankte eine Insel der Erinnerung an lang vergangene Zeiten. Manchmal erkennt er die nächsten Angehörigen nicht und dann ist er wieder "voll dabei".
Dies ist ein Buch, das man jedem Angehörigen - nicht nur dem, der seinen Erkrankten ins Heim geben muss - dringend ans Herz legen sollte. Denn jeder, der mehr über die Krankheit weiß, kann umsichtiger mit den Betroffenen umgehen. Die Liebe, die aus diesem Buch spricht, könnte sich auch auf den Leser übertragen, wenn er begreift, dass der Kranke nichts aus böser Absicht tut.