Evelyn Safian

 4,5 Sterne bei 2 Bewertungen

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Cover des Buches Rosafarbenes Morgenlicht draußen (ISBN: 9783738027907)

Rosafarbenes Morgenlicht draußen

 (2)
Erschienen am 18.05.2015

Neue Rezensionen zu Evelyn Safian

Cover des Buches Rosafarbenes Morgenlicht draußen (ISBN: 9783738027907)
Janne1s avatar

Rezension zu "Rosafarbenes Morgenlicht draußen" von Evelyn Safian

Angenehmes Leseerlebnis
Janne1vor 4 Jahren

Zum Cover: Perfekt. Es ist ansprechend und passt prima in die beschriebene Epoche.

Die Geschichte spielt in den von der RAF geprägten 60er Jahren. Protagonistin ist Hanna. Eine Frau, die meines Erachtens über allzu wenig Entscheidungskraft verfügt, die sich im Ausloten von diesem und jenem übt, versucht, nicht anzuecken, sich den Wünschen anderer weitestgehend fügt. Auch aus diesem Grund erlebt sie eine emotionale Achterbahn, weil sie zwar weiß, was sie nicht will, nämlich ihren rücksichtslosen und brutalen Ehemann, aber sie weiß dennoch nicht, was sie stattdessen will. Den Vater ihrer Tochter, der eine stabile Beziehung mit ihr anstrebt, dennoch auch nicht ganz ohne Machoallüren auskommt und mit dem sie, nostalgisch angeregt, wieder ein Verhältnis beginnt? Oder will sie doch mehr die dominante, aggressive, selbstgerechte und politisch aktive Brigitta, mit der sie sich auf eine lesbische Beziehung einlässt und die gleichzeitig mit Hannas mehr als minderjährigem Sohn ein sexuelles Verhältnis anfängt, um ihn politisch zu manipulieren? Beim Lesen drängte sich mir die ganze Zeit die Frage auf, ob sie mit Brigitta nicht vom Regen in die Traufe gerät, weil sie anscheinend den Hang dazu hat, sich dominieren zu lassen. 

Dadurch, dass Hanna sich allzu häufig darauf besinnt, was andere von ihr wollen und durch das ständige Zögern und Abwägen, bringt sie sich selbst immer wieder in eine Art seelischer Zwangssituation. Allerdings lernt sie mit der Zeit, sich nicht mehr allzu sehr von der Meinung anderer abhängig zu machen. 

Ich hätte der Protagonistin am Ende gewünscht, dass sie es schafft, tatsächlich selbst zu bestimmen, was sie wirklich will, aber das hat zum Schluss nun das Schicksal oder vielmehr der Lauf der Geschehnisse für sie getan. Schade.

Der Schreibstil ist ungewöhnlich, aber klar, kein typischer Autoren-Sound und deswegen kurzweilig.

Alles in allem hatte ich eine schöne Lesezeit mit diesem Buch. 

Cover des Buches Rosafarbenes Morgenlicht draußen (ISBN: B00U56F7RU)
Gerhard_Eberts avatar

Rezension zu "Rosafarbenes Morgenlicht draußen" von Evelyn Safian

Beherzter Zugriff auf Realität
Gerhard_Ebertvor 8 Jahren

Zugriff auf Realität. Beherzt. Unerbittlich. Politisch souverän. Dies die ersten Eindrücke von Evelyn Safians Roman – Eindrücke, die sich über rund 300 Seiten immer wieder bestätigten. Die Autorin porträtiert soziale Widersprüche der wirtschaftswunderlichen Bundesrepublik in der Zeit der 68er-Revolte, als junge Linke das „Schweinesystem“ in Frage stellten. Mit gewisser Überraschung registrierte ich, dass sich darüber so spannend wie unterhaltsam schreiben lässt. Und welche Schicksale!
Im Zentrum steht Hanna, eine junge Frau und Mutter, unglücklich verheiratet mit einem typischen Haustyrannen der bundesdeutschen Männergesellschaft. Sie sucht nach echter Emanzipation, die sie bei der Lesbe Brigitta nicht findet – wobei sie peu à peu ihre eigene lesbische Neigung entdeckt. Wirklich verliebt ist sie allerdings in den smarten ungarischen Aristokraten Laszlo, von dem sie ihr Kind hat, was ihr Ehemann Martin nicht weiß, der Ludwig für seinen Sohn hält.
Die Konfliktkonstellation mutet zunächst unwahrscheinlich an, zumal bei einigen Personen Biographien hinzukommen, die zurückreichen in antifaschistische und in faschistische Aktivitäten. Weil aber alle Vorgänge in ihrer Ursächlichkeit erfasst und unaufdringlich geschildert sind, bin ich ihnen sehr gern gefolgt. Selbst an den Stellen, an denen die Autorin flüchtig zu sein scheint. Phasen situativ sehr präziser und äußerst empfindsamer Erzählung folgen Zeilen etwas hurtiger, stichwortartiger Mitteilung. Auch mag der eine oder andere Dialog etwas überzogen oder ein wenig plakativ geraten sein. Insgesamt pflegt die Autorin einen aufgeraut drastischen, assoziativ zerklüfteten Schreibstil, locker, unmittelbar, ohne Schnörkel, stets bildreich und der konkreten Realität verpflichtet. Das überzeugt.
Hanna verlässt ihren Mann, flüchtet zu ihrem Geliebten, dem Vater ihres Kindes, fühlt sich in den USA aber nicht wohl und kehrt zurück. Ihr wird klar, dass wirkliche Emanzipation der Frau dann beginnt, wenn sie arbeitet und also wirtschaftlich frei und unabhängig sein kann. Sie will Psychologie studieren, will frei sein und nicht zurück in ein „Ehegefängnis“. 
Dramaturgisch klug, geradezu raffiniert bündelt und verfolgt die Autorin mehrere, mit den historischen bundesdeutschen RAF-Aktivitäten verwobene Konfliktstränge - Hannas hartnäckiger Kampf um absolute Eigenständigkeit, deren quälendes Hin und Her zwischen zwei Männern, deren Ausgeliefertsein an ihre lesbische Veranlagung und damit Abhängigkeit und Hörigkeit gegenüber der Sexbombe Brigitta, deren politischer Widerstand gegen die revoluzzernde Freundin, deren stille Sehnsucht nach Geborgenheit, Zuverlässigkeit und heiler Familie. Das ist frappierend! Das ist einfach gut vor allem auch wegen der psychologisch subtil gezeichneten Charaktere. Kolportage – dies mein einziger Einwand – ist RAF-Brigittas geile lesbische Leidenschaft während eines tragisch endenden Banküberfalls.    
Am Ende bleibt allein der Titel „Rosafarbenes Morgenlicht draußen“ Verheißung sozialer Erneuerung, ansonsten kehrt satte Konvention zurück. Ein ehrliches Ehe- und Familiendrama von wahrhaft historischer Dimension. Ich scheue nicht den Vergleich mit dem literarischen Format eines Heinrich oder eines Thomas Mann, wobei man dann allerdings situative und stilistische Ungereimtheiten anmerken muss. Dennoch: Absolut fünf Sterne.

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