Rezension zu "Mein abenteuerliches Leben als Hochstapler" von Fürst Lahovary al. Georges Manolescu
TheSaintGeorgiu Mercadente Manulescu wird 1871 in der Walachischen Tiefebene am Fuß der Karpaten geboren. Mit vierzehn Jahren desertiert er aus der Armee, reist als blinder Passagier nach Konstantinopel und gelangt nach Abenteuern in Athen nach Paris, wo er als Georges Manolescu ein Jurastudium beginnt. Dies jedoch nur zum Schein. In den kommenden Jahren trainiert er sich eine zweite Identität an, die ihm bei der Überwindung innerer Anspannung und sonstiger verräterischer Körpersignale hilft. Die Anzahl seiner Raubzüge durch Hotels steigert sich, wie sich auch seine Gelassenheit festigt und seine Unternehmungen dreister werden. Als er mit 19 das erste Mal ins Gefängnis kommt, können ihm 37 Diebstähle, bei denen er Schmuck und Geld in Höhe einer halben Million Francs erbeutete, nachgewiesen werden. Danach führen ihn seine verbrecherischen Wege auch nach Amerika. Wieder in Europa wechseln sich hohe ergaunerte Summen mit großen Verlusten am Spieltisch ab und nach weiteren Inhaftierungen ehelicht er - bereits als "Fürst Lahovary" überzeugend mit gefälschten Papieren auftretend - die wirkliche Gräfin Angelika Wilding von Königsbrück. Mit ihr hat er eine Tochter... doch schon bald verlässt er seine Familie und ein verbrecherfreies Leben. Wieder wechseln sich Diebeserfolge mit Inhaftierungen und einer Einweisung in eine Irrenanstalt ab... Sein bewegtes Leben endet mit 37 Jahren in Mailand an den Folgen einer Amputation eines Stückes seiner Schulter.
1905 stöbert der aus der bekannten Verlegerfamilie stammende Unterhaltungsschriftsteller Paul Langenscheidt den Hochstapler in Mailand auf und sorgt dafür, dass die in französisch verfassten Memoiren Manolescu's ins Deutsche übersetzt werden. Hier agiert Langenscheidt dann als Übersetzer, Herausgeber, Co-Autor und Souffleur und peppt den Stoff auf. Die Memoiren werden ein Riesenerfolg und es dauert nicht lang, ehe man sich an einen zweiten Band wagt. Kühn war die Anfrage Langenscheidt's bei Karl May, ob dieser nicht beim Verfassen mithelfen wolle.
Die Memoiren dienten Thomas Mann als Vorlage zu seinem "Felix Krull" und der großartige Regisseur Ernst Lubitsch setzte das turbulente Leben des "Fürsten" in seinem Film "Ärger im Paradies" von 1932 um.
Das hier vorliegende Buch beinhaltet beide Memoiren: "Ein Fürst der Diebe" und "Gescheitert. Aus dem Seelenleben eines Verbrechers". Es handelt sich um eine originalgetreue Neuausgabe - der ersten seit über hundert Jahren - und verleitet beim Lesen oft zum Schmunzeln. Wie der junge Mann die Adelsgläubigkeit der feinen Gesellschaft damals, ihre Oberflächlichkeit und Saturiertheit vorführt, beschert eine große Lesefreude und wenn sich heutzutage aufgrund der Technologien der "Berufsstand" eines Hochstaplers und Heiratsschwindlers erschwert haben mag, so finden sich doch noch genug Bedeutsamkeistssimulanten, die äußerst erfolgreich Kinder dieses faszinierenden "Fürsten" sind.
Das Buch hat großen Unterhaltungswert und gibt einen interessanten Einblick in das Geschäftsleben und das der Hautevolee des auslaufenden 19. und beginnenden 20. Jahrhunderts. Lediglich auftauchende Wiederholungen - besonders in den zweiten Memoiren werden Schlüsselszenen des ersten Bandes wiederholt - lassen den sonst heiteren kurzweiligen Lesefluss etwas ins Stocken geraten.