Rezension zu "Tarlan" von Fariba Vafi
Eine junge Iranerin auf der Suche nach sich selbst
seschatvor 8 Jahren
Die 18-jährige Iranerin Tarlan liebt die großen Weltliteraten und träumt davon selbst einmal Schriftstellerin zu werden.Der Sturz des Schahs beflügelt sie und lässt sie für die Gerechtigkeit und ihre Träume kämpfen. Doch ohne Erfolg.
Infolge beginnt sie eine Ausbildung zur Polizistin, will aber das Schreiben nicht aufgeben.
MEINUNG
Die beliebte zeitgenössische Autorin Fariba Vafi hat mit ihrem Roman "Tarlan" den mutigen und gebildeten Frauen des Orients eine Stimme gegeben. In diesen patriarchischen Staaten ist dies leider eine Seltenheit, denn Frauen verbringen dort ihr Leben, von der Außenwelt abgeschirmt, meist in den eigenen vier Wänden und müssen sich mit der Mutterrolle begnügen.
Hauptprotagonistin Tarlan ist anders. Sie liebt Literatur und verschlingt gemeinsam mit ihrer Freundin Rana heimlich einen Weltklassiker nach dem anderen. Sie will nicht länger zuschauen, sondern in ihrem Land aktiv etwas verändern. Doch dieses ist darauf noch nicht vorbereitet. Ihre Ausbildung bei der Polizei erachtet sie als das kleinere Übel, aber nach einige Wochen schon stellen sich erste Zweifel ein. Sie will ein eigenständiges Leben führen fernab der Tradition und wird von dieser doch immer wieder eingeholt. Tag für Tag bespricht sie mit ihren Kameradinnen deren verschiedene Lebensentwürfe und -träume. Letzteres macht den Hauptteil der Erzählung von Vafi aus. Die Autorin wertet die einzelnen Lebensmodelle und -sehnsüchte nicht, sondern lässt sie im Raum stehen, was diesen noch mehr Bedeutung beimisst. Einzig die Tatsache, dass äußerst sporadisch auf die Ausbildung der jungen Polizistinnen eingegangen wurde, hat mich etwas gestört, hier hätte ich mir mehr Details bzw. Einblicke gewünscht.Insgesamt vermag es Vafi vortrefflich, Stimmungen orientalisch bildreich zu umschreiben und den Leser für Literatur im Allgemeinen zu begeistern. Denn Tarlans Ausweg aus den Fesseln der Gesellschaft und Tradition ist das Lesen und besonders das Schreiben. Erst durch letzteres kann sie vollkommen frei sein, obschon die übermächtige Vaterfigur, die hartherzigen Aufseherinnen etc. über ihr schweben.
Tarlan ist in sich zerrissen und wird durch die Macht des Wortes am Leben gehalten, wovon Cover und das folgende Zitat Zeugnis ablegen.
Zitat (S. 220):
"Als jemand sie fragt, geht ihr durch den Kopf, dass greifbar nah ist, was andere wollen, während das, was sie will, sich ihr entzieht."
FAZIT
Ein interessantes Buch über eine mutige Frau im Widerstreit zwischen Tradition und Revolution.