Fatma Aydemir

 4,5 Sterne bei 541 Bewertungen
Autorin von Dschinns, Ellbogen und weiteren Büchern.
Autorenbild von Fatma Aydemir (©Sibylle Fendt )

Lebenslauf

Fatma Aydemir wurde 1986 in Karlsruhe geboren. Sie lebt in Berlin und ist Kolumnistin und Redakteurin bei der taz. Bei Hanser erschien 2017 ihr Debütroman Ellbogen, für den sie den Klaus-Michael-Kühne-Preis und den Franz-Hessel-Preis erhielt. 2019 war sie gemeinsam mit Hengameh Yaghoobifarah Herausgeberin der Anthologie Eure Heimat ist unser Albtraum. Dschinns wurde mit dem Robert-Gernhardt-Preis ausgezeichnet.  

Quelle: Hanser Literaturverlage

Ihr neues Buch "Dschinns" erscheint im Februar 2022 bei Hanser, Carl.

Neue Bücher

Cover des Buches DELFI: AUTO (Delfi 5) (ISBN: 9783546101646)

DELFI: AUTO (Delfi 5)

Erscheint am 28.08.2025 als Taschenbuch bei Claassen.

Alle Bücher von Fatma Aydemir

Cover des Buches Dschinns (ISBN: 9783423148818)

Dschinns

(358)
Erschienen am 14.09.2023
Cover des Buches Ellbogen (ISBN: 9783423146654)

Ellbogen

(101)
Erschienen am 21.09.2018
Cover des Buches Eure Heimat ist unser Albtraum (ISBN: 9783961010363)

Eure Heimat ist unser Albtraum

(39)
Erschienen am 22.02.2019
Cover des Buches Eure Heimat ist unser Albtraum (ISBN: 9783548062402)

Eure Heimat ist unser Albtraum

(11)
Erschienen am 02.11.2020
Cover des Buches Ellbogen (ISBN: 9783446281783)

Ellbogen

(2)
Erschienen am 19.08.2024
Cover des Buches Doktormutter Faust (ISBN: 9783518432099)

Doktormutter Faust

(2)
Erschienen am 22.09.2024
Cover des Buches Eure Heimat ist unser Albtraum (ISBN: 9783548069296)

Eure Heimat ist unser Albtraum

(1)
Erschienen am 29.02.2024
Cover des Buches Delfi Tempel (Delfi 1) (ISBN: 9783546100908)

Delfi Tempel (Delfi 1)

(1)
Erschienen am 31.08.2023

Videos

Neue Rezensionen zu Fatma Aydemir

Cover des Buches Ellbogen (ISBN: 9783446281783)
B

Rezension zu "Ellbogen" von Fatma Aydemir

BonaBo
Handlung des Buches

Ellbogen ist ein Berlin-Istanbul Roman. In der ersten Hälfte des Romans bekommen wir einen detaillierten Einblick in den Alltag der fast 18-jährigen in Berlin geborenen und aufgewachsenen Hazal, voller Frustrationen und Wut. Nach einem Streit, der tödlich endet, versucht sie in der zweiten Hälfte einen neuen Anfang in Istanbul zu machen. Beide Städte werden ebenso detailliert und realistisch wie möglich beschrieben. Ich persönlich fand die zweite Hälfte, die viele wenig erklärte Referenzen hat, viel kurzweiliger als die erste, und hätte mehr davon gewünscht. Ich möchte mich in meiner Rezension auf Istanbul konzentrieren.

ACHTUNG: Diese Rezension verrät viele Details aus dem Buch

Vor ihrem Flug nach Istanbul kannte Hazal die Türkei nur aus ihren Urlauben. Istanbul ist aber nicht Hazals erste Großstadt-Erfahrung in der Türkei. Als Kind verbrachte sie ihre Urlaube in Bursa im Westen der Türkei, wo ein Teil ihrer Familie noch lebt. Hazals Familie stammt ursprünglich nicht aus Bursa, sondern aus Kars im Osten der Türkei. Das heißt, dass Hazals Familie eine Doppelmigrationsgeschichte hat, denn sie wanderten erst in den Westen der Türkei und danach (teilweise) nach Deutschland aus.

Bursa ist die fünftgrößte und eine migrationsgeprägte Stadt mit historischen, industriellen und Naturgebieten, die einigermaßen der größten Stadt Istanbul ähnelt. Dort erlebte Hazal ihre Kindheit und Jugend unter Kontrolle ihrer Familie, und hat daher nur einen kleinen Ausschnitt der Stadt kennengelernt (sie denkt, dass ältere Frauen dort niemals allein leben würden). Trotzdem hat sie einen verklärten Blick auf die Metropole Istanbul, eine Stadt, die sie nur aus TV-Serien kennt. Das erinnert mich an einem klassischen, sogenannten „Yeşilçam“-Film, in dem die Protagonistin aus einer anatolischen Provinz nach Istanbul einwandert. Sie wird dort als Provinzlerin erst von den Städtern schlecht behandelt, aber dann verändert sie sich total (z.B ihr Akzent, ihr Kleidung), bis sogar der reiche hübsche Typ sich in sie verliebt. Solche Romantisierung von Istanbul ist in den Gesprächen von Hazal und ihren Freundinnen zu spüren. Hazal fühlt sich auch repräsentiert von der Protagonistin aus dem Film „Gegen die Wand“, die aus Deutschland ausgewandert und einen neuen Anfang in Istanbul gemacht hat. Kann Hazal im Jahr 2016 in Istanbul auch alles von vorn anfangen?

Der Zweite Teil fängt irgendwie hoffnungsvoll an, als Hazal in Kadıköy aufwacht, ein beliebtes, Stadtviertel zwischen Mittel- und Oberschicht am anatolischen (asiatischen) Ufer der Stadt. Hazal beobachtet vielfältige Menschen, einschließlich selbstständiger Frauen auf der Straße. Es ist unklar, wie Hazals Freund Mehmet, der als Arbeiter einen schlechtbezahlten Job hat, und dessen studierender Mitbewohner eine Wohnung in einer so beschäftigen Straße des Vierteils finden bzw. leisten können, aber es ist trotzdem zu schätzen, dass Aydemir die Stadt so detailliert wie möglich beschreibt. Für so eine chaotische Stadt wie Istanbul muss das nicht einfach gewesen sein. Es ist auch zu schätzen, dass Aydemir die Stereotypen und „Ost-West“ Dichotomie der Stadt thematisiert, indem sie unterschiedliche Aspekte der anatolischen und europäischen Stadtviertel von Istanbul beschreibt. Die Türkei außerhalb Istanbuls bleibt aber stereotyp gezeichnet.

In Istanbul erlebt Hazal widersprüchliche Gefühle, die wahrscheinlich nicht nur „Deutsch-Türken“ sondern alle Personen, die einmal im Ausland waren, nachvollziehen können. Wenn Gözde, eine türkische Studentin aus einer bürgerlichen Familie, sie als Deutsche und Berlinerin wahrnimmt, frustriert sie sich einerseits, weil Gözdes Berlinsehnsucht Hazals eigenen Erfahrungen und Zukunftsaussichten in Berlin nicht entspricht. Sie reagiert andererseits „sehr deutsch“, indem sie beispielsweise die Ungemütlichkeit eines Cafés bemerkt, oder wenn sie von den niedrigeren Löhnen überrascht wird. Sie fühlt sich am Ende einer Gruppe trinkgeldgebender Deutsch-Türken, die sie an ihren besten Freundinnen erinnern, am nächsten.

Hazal, die sich in Deutschland immer mit „Türkin sein“ identifiziert hat, bemerkt nun, dass sie wenig von dem Land, den Menschen und der Sprache versteht. Sie kennt alttürkische Wörter wie „Fetih“ (Eroberung Istanbuls durch das osmanische Reich) nicht und hat Mühe, die Nachrichten zu verstehen. Sie entdeckt einen neuen Teil ihrer Identität und erfährt den Ernst der politischen Lage. Bei Aydemirs Romanen ist es besonders spannend, dass die Erzählung sich stark auf echten Ereignissen stützt. Das Buch „Dschinns“ hatte mich unvorbereitet erwischt, deswegen habe ich dieses Mal aufmerksam gelesen und wusste sofort, was passieren würde.

Hazal liest in den Nachrichten über Gewalt gegen Frauen und erfährt auch über den Fall von Çilem Doğan, die im Juni 2016 wegen Mordes an ihrem Mann verurteilt wurde. Doğan hat sich verteidigt, dass sie in Notwehr gehandelt hatte, weil sie von ihrem Mann schwer misshandelt worden war und keinen wirksamen Rechtsschutz bekommen hatte. Als sie verhaftet wurde, zog sie ein T-Shirt mit den aufgedruckten Worten:  "Dear past, thanks for all the lessons. Dear future, I am ready".  Beeindruckt von Doğans Fall zieht Hazal Parallelen zu ihrem eigenen Leben. Sie meint, dass sie während des tödlichen Streits in Berlin auch aus Notwehr handelte, weil auch sie strukturelle Diskriminierung erfahren hatte. Diese zu weitgehende Vergleichung ist nicht nachvollziehbar, besonders wenn man denkt, Hazal sich aus Wut und Rachegefühl statt Selbstschutzgefühl gehandelt hat und auch nicht versucht hat, die schlimmsten Folgen zu vermeiden. Ohne dass sie sich mit ihrer Vergangenheit und ihrem Schamgefühl auseinandersetzt und die moralische Verantwortung übernimmt, lässt sich schwer sagen, dass sie wirklich „ready“ für ihre Zukunft ist.

Im Juni 2016 überlebt Hazal einen Terroranschlag im Altstadtviertel Sultanahmet, einer von mehreren Anschlägen in den Jahren 2015-2016. Als ich später nachgeschaut habe, habe ich bemerkt, dass dieser Anschlag eigentlich fünf Monate früher, im Januar, stattgefunden hatte. Im Juni fand der Anschlag im Atatürk-Flughafen statt, der nicht in Hazals Geschichte integriert wurde. Ellbogen reflektiert jedoch den Zeitgeist realistisch. Ein paar Wochen nach dem Anschlag erlebt Hazal die Nacht des Putschversuches am 15. Juli. Da sie das Wort „darbe“ (Putsch) nicht versteht, bekommt sie nicht mit, was tatsächlich passiert und befindet sich in einer gefährlichen Situation.

Es wird klar, dass alles von vorn anzufangen praktisch nicht möglich ist, weil man seine Vergangenheit immer mit sich trägt.  Ellbogen ist weder eine Geschichte mit einem „Feelgood“-Effekt, noch versucht sie, eine sympathische Protagonistin zu bilden.  Vielmehr erzählt der Roman direkt und kompromisslos, wie die Stereotypen, Selbstbild und Selbsteinschätzung einen Menschen zerstören und zu einer selbsterfüllenden Prophezeiung führen können. Ellbogen ist ein Roman für die Leser:innen, die sich für diese harten Realitäten interessieren.  

Cover des Buches Dschinns (ISBN: 9783742422699)
Jorokas avatar

Rezension zu "Dschinns" von Fatma Aydemir

Joroka
Eine kurdische Familie

Hüseyin und Emine bauen sich eine neue Existenz in Deutschland auf. Insgesamt haben sie offiziell 4 Kinder, wobei die Älteste zunächst noch bei den Großeltern in der Türkei bleibt, die anderen 3 aber in Deutschland geboren werden und aufwachsen. Als Hüseyin kurz vor der Rente steht, zieht es ihn zurück und er erwirbt eine Wohnung in Istanbul. Kurz bevor er seine Familie damit überraschen kann, stirbt er.


Das Interessante am Roman ist, dass aus 6 unterschiedlichen Perspektiven erzählt wird, bei Hüseyin nur kurz, da er bald stirbt, aber bei den anderen 5 Familienmitgliedern ausführlich, wobei die älteste Tochter, den größten Raum einnimmt und der jüngste Sohn den kleinsten. Und irgendwo schwebt noch das Geheimnis um das 5. Kind, den Erstgeborenen.


Es geht um Identität, um das Frauenbild bzw. die Emanzipation, um die Auseinandersetzung mit der Vergangenheit im allgemeinen und im speziellen, dem unterschiedlichen Rollenverständnis der 2. Generation. So schafft die Autorin einen breitgefächertes und lesenswerten Einblick in eine ausgewählte Familie, die auch wir als Nachbarn hätten haben können.


Ich fand es zunächst seltsam, dass der Hauptstrang bereits 1999 (in Istanbul) spielt, da die Autorin selbst erst 1986 geboren wurde und damit offensichtlich etwas aus einer anderen Generation aufarbeitet. Doch zum Schluss wird dann das Konstrukt klarer, wieso 1999. Aber, das äußerst dramatische Ende hätte aus meiner Sicht nicht sein müssen.


Es handelt sich um eine ungekürzte Lesung mit ca. 12 Stunden Laufzeit. Gelesen wird von Sesede Terziyan. Sie macht ihre Sache ordentlich, manchmal etwas zu „durchdringend“ für meinen Geschmack. Einer der wenigen Ausnahmen, bei der mir wahrscheinlich die Lektüre als Buch in der Hand besser zugesagt hätte.


Fazit: Gelungene Integration mit unterschiedlicher Verwurzelung, gerade hörenswert für Menschen ohne Migrationshintergrund.

Cover des Buches Dschinns (ISBN: 9783423148818)
Bernas avatar

Rezension zu "Dschinns" von Fatma Aydemir

Berna
„Von der unstillbaren Sehnsucht, verstanden zu werden!“

In dem Roman „Dschinns“ von Fatma Aydemir erschienen im Jahre 2023 geht es um sechs grundverschieden Menschen, die zufällig miteinander verwandt sind. 

Hüseyin, Ümit, Sevda, Peri, Hakan und Emine sind eine Familie. Hüseyin, Emine und die älteste Tochter Sevda sind in Anatolien geboren. 

Sevda kam mit 13 Jahren erst nach Deutschland. Hüseyin arbeitet als Gastarbeiter in Deutschland und bleibt dann doch hier. Emine und Hüseyin kennen es nicht anders. Sie sind erzkonservativ. Ihre Kinder Sevda, Hakan und Peri sind aber in Deutschland groß geworden und vertreten westliche Werte. So kommt es oft zu Missverständnissen zwischen ihnen und ihren Eltern. Sie verheimlichen auch vieles vor ihnen Eltern, um sich unnötigen Ärger zu sparen. So kommt es dazu, dass die Kinder die Eltern nicht verstehen und die Eltern sie nicht verstehen. Es fehlt an Empathie und Verständnis. Dies führt dazu, dass auf beiden Seiten eine Sehnsucht verstanden zu werden, entsteht. Gerade Sevda macht ihrer Mutter viele Vorwürfe, da sie sie als Kind in der Türkei alleine bei Verwandten zurückgelassen haben. 

Am Ende wird der Leser sehr überrascht, denn die Eltern haben ein Geheimnis. Dieses Geheimnis wird Ihnen eine Gänsehaut verschaffen! 

Gespräche aus der Community

Hallo zusammen! Jeder, der sich angesprochen fühlt, der kann unsere Leserunde folgen und mitmachen. Wir lesen nur unser eigenes Exemplar. Gewinnen kann man das Buch nicht

34 Beiträge
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Letzter Beitrag von  schokoloko29

Ja das fand ich auch dass in diesem Buch sehr viel Wut, Enttäuschung und Verschweigen enthält. Ich fand das Schweigen noch am Schlimmsten, da es dadurch zu keiner Annäherung kam und alle in ihrem Schmerz verharrten. Ich fand es auch ein gesundes Verhalten, dass Hakan einfach weiter nach Antalya gefahren ist und sich diesen festgefahrenen Strukturen distanziert hat. Auch der Rest der Familie ist gefahren. Das heisst dass dadurch etwas Neues geschehen kann. Und die alten Strukturen zerbrechen.

Denn Sevda ist noch in der "alten" Welt geboren. Der Rest ist in Deutschland geboren!

Mit unserem LovelyBooks Adventskalender bringen wir euch die Weihnachtsstimmung nach Hause: Jeden Tag bis Weihnachten öffnet sich ein neues Türchen mit abwechslungsreichen und spannenden Buchhighlights zum Entdecken und Gewinnen.

Hinter dem 16. Türchen erwartet euch ein großer Gesellschaftsroman, der für den Deutschen Buchpreis 2022 nominiert wurde: "Dschinns" erzählt von sechs Menschen, die zufällig miteinander verwandt sind, und richtet den Blick tief
hinein in die Geschichte der vergangenen Jahrzehnte und weit voraus.

431 BeiträgeVerlosung beendet
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Letzter Beitrag von  sommerlese

Meins auch am Samstag.

Familie ist Familie. Stimmt das? Nicht immer. Nach dem plötzlichen und unerwarteten Tod des Familienoberhauptes reisen die Hinterbliebenen von Deutschland aus zu seiner Wohnung nach Istanbul. Dabei stellen sie fest, dass es außer dem Verwandtschaftsverhältnis nichts mehr gibt, was sie verbindet. Mit "Dschinns" ist Fatma Aydemir ein wunderbarer Roman gelungen, über die Frage, was eine Familie wirklich ausmacht.

1.801 BeiträgeVerlosung beendet
Hoelzchens avatar
Letzter Beitrag von  Hoelzchen

Ich mag solche Menschen auch nicht, die nie Fehler eingestehen können oder sich nie entschuldigen.

Es ist doch nur menschlich Fehler zu machen und es zeigt Stärke diese einzugestehen.

Zusätzliche Informationen

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