Cover des Buches Tochter des Windes (ISBN: 9783764503222)
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Rezension zu Tochter des Windes von Federica de Cesco

zu sehr eine Hommage an Japan

von -Favola- vor 11 Jahren

Kurzmeinung: Aus der erwarteten leidenschaftlichen Liebesgeschichte mit spannendem Familiengeheimnis entpuppte sich vor allem eine Hommage an Japan.

Rezension

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-Favola-vor 11 Jahren

Rainer Wilhelm Steckborn ist von seiner Frau verlassen worden und möchte nach längerem Suhlen in Selbstmitleid sein Leben wieder selber in die Hand nehmen. Aus diesem Grund entschliesst er sich, dem Rat seiner Mutter zu folgen, und zu verreisen. Sein Reiseziel ist Prag, wo er in der Oper die Japanerin Mia trifft, die ihn völlig fasziniert. Leider muss sie schon nach wenigen gemeinsamen Tagen zurück nach Tokio fliegen. Doch diese kurze Zeit hat Rainer gereicht um zu realisieren, dass ihn nichts in Hamburg hält, und dass er den grossen Schritt nach Japan wagen möchte. Er hängt Dozentenjob an den Nagel und reist Mia nach.

Dort angekommen ist er der Gaijin, der Ausländer und muss sich mit vielen ihm unbekannten Gepflogenheiten, mit der japanischen Sprache und vor allem mit Mias Tante Azai "anfreunden", um in ihrem Haus leben zu dürfen. Dieses Haus entpuppt sich als ein grosses Geheimnis, denn Mia ist die Nachfahrin von Windmenschen, von Ninjas.

Für mich ist "Tochter des Windes" das erste Buch von Federica de Cesco, das aus der ich-Perspektive eines Mannes geschrieben ist. Dazu kommt, dass Rainer Wilhelm Steckborn eher der totale Anti-Held ist. Bevor er seine Zelte in Deutschland abbricht, ist er eher das etwas verkorkste Muttersöhnchen, das sich nicht wirklich viel zutraut. So hatte ich Mühe, mich in ihn einzufühlen und die Geschichte ging mir nicht gleich nah wie die anderen Werke, die ich von der Autorin gelesen hatte.

Schön fand ich dann allerdings, seine persönlich Entwicklung mitzuverfolgen. Durch Mia entdeckt er eine neue Leidenschaft und einen alten Traum, ein eigenes Buch zu schreiben. Mit ihr hat er eine Seelenverwandte gefunden und traut sich einiges zu, um an ihrer Seite glücklich zu werden.
Wie in all ihren Büchern hat Federica de Cesco auch in diesem eine starke Frau entworfen. Mia führt mit ihrem Bruder ein erfolgreiches Unternehmen und weiss genau, was sie will - und vor allem auch, was sie nicht möchte. Ich muss ehrlich zugeben, dass ich mich mehr als einmal gefragt habe, was sie an Rainer findet, doch hier haben sich wohl wirklich Gegensätze angezogen.

Federica de Cesco erzählt in "Tochter des Windes" wahnsinnig detailliert und präsentiert uns zuerst einmal beinahe die gesamte Lebensgeschichte von Rainer Wilhelm Steckborn. Vor allem zu Beginn war das so ausgeprägt, dass ich mich manchmal suchend nach dem roten Faden umsehen musste.

In Japan angekommen schildert sie nicht weniger detailliert, hier spürt man aber ihre Liebe zu diesem Land. Ihr Mann ist Japaner und so erfährt man sehr viel über dieses Land. So lernte ich nur auf wenigen Seiten, dass die japanische Sprache keine Fürwörter kennt, dass die koreanische Mafia und die chinesischen Triaden die Konkurrenz der Yakuza sind und dass diese rote Pullover und mehr Goldschmuck als Sizilianer tragen. Das Wissen, das wir durch dieses Buch erhalten, ist enorm breit gefächert, was auf der einen Seite sehr interessant ist, mich auf der anderen Seite jedoch teilweise beinahe erschlug. Politik, Geschichte, Essenskultur, Lebensweisheiten, ... man spürt, wie sehr Federica de Cesco Japan am Herzen liegt. "Tochter des Windes" ist wahrlich eine Hommage an das Land der untergehenden Sonne.

Federica de Cescos Schreibstil ist gewohnt bildhaft, zum Teil mit einem für sie bisher unbekannten zynischen, ironischen Unterton versetzt. Mias Familiengeheimnis ist eine wirklich spannende Idee, doch leider konnte die Autorin meiner Meinung nach den Spannungsbogen nicht aufrecht erhalten. Durch ihr Abschweifen und ihre Detailliebe verliert sie manchmal den roten Faden aus den Augen, wodurch ich mich manchmal dazu aufraffen musste, dran zu bleiben.

Fazit:
Mit "Tochter des Windes" habe ich mich auf eine romantische, leidenschaftliche Liebesgeschichte mit spannendem Familiengeheimnis gefreut, jedoch "nur" eine Hommage an Japan bekommen. Die Charaktere waren sehr facettenreich und detailliert gezeichnet, doch sie konnten mich nicht ganz in ihren Bann ziehen. So las ich das neuste Werk von Federica de Cesco ganz gerne, doch die Faszination der letzten Werke von ihr, blieb leider aus.
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