Cover des Buches Memory Game - Erinnern ist tödlich (ISBN: 9783764531829)
Rezension zu Memory Game - Erinnern ist tödlich von Felicia Yap

Kann man getrost vergessen

von Ein LovelyBooks-Nutzer vor 6 Jahren

Kurzmeinung: Die Grundidee klang großartig, aber die Umsetzung konnte mich überhaupt nicht überzeugen, weil die Welt mir nicht gut durchdacht schien.

Rezension

Ein LovelyBooks-Nutzervor 6 Jahren
Die Grundidee ist interessant: eine Welt, in der alle Erwachsenen sich nur noch wenige Stunden zurückerinnern können. Bei ‘Monos’ sind es 24 Stunden, bei ‘Duos’ 48 Stunden. Dann geschieht ein Mord, der verflixt schnell aufgeklärt werden muss, bevor sich niemand mehr daran erinnert, was passiert ist.

Die Menschen schreiben wichtige Fakten in ihre iDiaries, und wenn sie eine Erinnerung oft genug gelesen haben, wandert sie ins Langzeitgedächtnis. Je fleißiger man lernt, desto weniger unterscheidet sich das Leben also von unserem.

Leider konnte das Buch meinen Erwartungen nicht gerecht werden.

Für mich das größte Manko: die Welt unterscheidet sich zu wenig von der unseren, dabei würde eine gravierende Einschränkung wie diese sicher eine grundlegend andere Gesellschaft hervorbringen. Zum Beispiel müsste es doch große kulturelle Unterschiede geben!

Fernsehserien? Klappt nicht. Bücher mit mehr als 100 Seiten? Das Publikum ist zwangsläufig klein, denn 70% der Menschen müssten das Buch in nur einem Tag lesen, um nicht am nächsten Morgen wieder bei Null anzufangen – oder immer eine Zusammenfassung des Gelesenen ins Tagebuch schreiben.

Kurzgeschichten müssten zwangsläufig die vorherherrschende Form der Literatur sein, dennoch ist einer der Protagonisten sehr erfolgreich mit seinen Romanen. Und wie schreibt er die eigentlich? Reicht es wirklich, dass er sich die wichtigsten Fakten im Tagebuch notiert, um eine in sich runde Geschichte zu schreiben?

Alles müsste deutlich schnelllebiger sein.

Und ehrlich: ich würde erwarten, dass sich die Gesellschaft in gewisser Weise umkehrt, schließlich sind des die Kinder und Jugendlichen, die sich perfekt erinnern können. Der logische Schluss wäre eine sehr frühe und schnelle Ausbildung, gefolgt von ein paar Jahren, in denen der Jugendliche einer verantwortungsvollen Tätigkeit nachgeht, die ein gutes Erinnerungsvermögen erfordert.

Oder die Tagebucheinträge: die sind zum Teil erstaunlich belanglos. Wenn ich wüsste, dass ich morgen wieder ohne Erinnerung aufwache (und dieser Tatsache sind sich die Menschen bewusst), würde ich mir doch die wesentlichen Dinge detailliert aufschreiben!

Die Welt erschien mir einfach nicht gut durchdacht. Ich habe nicht weit genug gelesen, um sagen zu können, ob es eine logische Erklärung dafür gibt, dass die Menschen genau an ihrem Geburtstag ihre Erinnerungsfähigkeit verlieren: die Monos an ihrem 18., die Duos an ihrem 23. Geburtstag. Aber es hat mich zu viel anderes gestört, um weiterzulesen und es herauszufinden. Dadurch hat sich für mich auch keine Spannung entwickelt, denn ein Kriminalfall ‘funktioniert’ für mich nur, wenn er in sich schlüssig und glaubhaft ist.

Die Charaktere bleiben für mich recht blass, denn sie zeigen auch in ihren Tagebüchern wenig Persönlickeit. Das zumindest ist vielleicht realistisch: kann ein Mensch ohne Erinnerungen Tiefgang entwickeln?

FAZIT

In der Welt des Buches haben alle Menschen ein eingeschränktes Gedächtnis von 24 (Monos) oder 48 (Duos) Stunden. Das macht die Aufklärung eines Mordes natürlich sehr schwierig, und sie muss extrem schnell erfolgen. Die Protagonistin weiß, dass vorgestern etwas passiert sein muss, aber sie kann sich als Mono nicht daran erinnern und sie hat es auch nicht in ihr Tagebuch geschrieben…

Die Grundidee klang großartig, aber die Umsetzung konnte mich überhaupt nicht überzeugen, weil die Welt mir nicht gut durchdacht schien.

Diese Rezension erschien zunächst auf meinem Blog "Mikka liest von A bis Z":

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