Wien in den 1920er Jahren. Ein Todesschütze hat sich auf einem Wiener Kirchturm verschanzt und schießt auf Passanten. Gendarm Karl Gruber, der auch mit der Lösung dieser Situation betraut ist, bittet Sigmund Freud, den Mann zu überreden, aufzugeben, bevor ein Team von Soldaten den Turm stürmt und ihn erschießt. Freud bleiben zwei Stunden herauszufinden, warum der Mann durchgedreht ist.
Freud, der geniale Psychoanalytiker, den man nun mag oder nicht, als Held einer Hörspielereihe zu nehmen, ist durchaus kreativ. Die ersten beiden Folgen fand ich vor einigen Jahren eher langweilig bis mäßig, langsam scheint die Serie aber an Fahrt zu gewinnen, bzw. die Fälle werden einfach besser. Diesmal geht es um Posttraumtischen Stress durch Kriegserlebnisse und Gewalt- und Machtmissbrauch in der Ausbildung. Ich persönlich glaube nicht, dass man 1920 bereits diese Zusammenhänge erkannt hat, da sie selbst nach dem zweiten Weltkrieg noch nicht als psychische Krankheit angesehen wurden. Hart wie Kruppstahl, nur die harten kommen in den Garten, ein Junge weint nicht und wie die Sprüche damals und auch heute noch so heißen. Ich halte daher die Diagnose für Verfrüht und somit anachronistisch.
Letztendlich geht es hier nur um Deaskalation, wie auch heute in vielen Krimis. Da wird der Psychologe gerufen, um den Geiselnehmer oder Amokschützen zu belabern und zu analysieren, bis der klein beigibt. Der Reiz des Hörspiels liegt eher in den noch raueren Tönen und extremeren Mitteln, die damals zur gewaltsamen Lösung hinzugezogen wurden und dass hier alles eher low tech ist.
Die Sprecher sind sehr gut und auch die akustische Umsetzung ist stimmig und gelungen. Ich mach mittlerweile besonders die Diskussionen von Freud mit Über-Ich und Es, die er in seinem Inneren ausfechtet.
Fazit: Auch wenn das Hörspiel eher ruhig ist, nicht viel passiert und es doch sehr vorhersehbar ist, ist es dennoch gut gemachte und professionelle Hörspielunterhaltung von STIL/HR aus dem Jahr 2011 und läuft somit immer mal wieder im Radio.
http://www.phonostar.de/radio/prof-sigmund-freud-versehrung/v/90191/2013-06-08
Sigmund Freud Hans Peter Hallwachs
Anna Freud - Felicitas Woll
Karl Gruber - Andreas Fröhlich
Über-Ich - Nicolas Artajo
Es - Cathlen Gawlich
Volkan Adanalic - Thomas Schmuckert
Rittmeister Stadlmeyer - Romanus Fuhrmann
Leutnant Schramm - Andreas Sparberg
Polizeipräsident Schober - Jürgen Thormann
Blanka Adanalic - Dorka Gryllus
Uhrmachermeister Göldl - Gordon Piedesack
Bruder Joseph - Mathis Schrader