Nachdem ich das Buch „Anständig Essen von Karin Duve“ gelesen hatte war das Buch „Food Crash“ ein Musthave für mich. Ich danke dem Lovleybooks-Team und Karin Fiedler, dass sie mir diese Lesefreude ermöglicht haben! Nun aber zu Autor und Buch:
Felix zu Löwenstein promovierte 1982 in Agrarwissenschaft und ist Biolandwirt. Als Vorstandsvorsitzender des Bundes Ökologischer Lebensmittelwirtschaft (BÖLW) vertritt er die Interessen der deutschen Bio-Landwirtschaft, des Weiteren ist er Vorstand des Forschungsinstituts für biologischen Landbau (FiBL).
Sein Buch “Food Crash” möchte er nicht als wissenschaftliche Abhandlung, sondern als Diskussionsbeitrag verstanden wissen. Und dieser Diskussionsbeitrag hat mir persönlich viele Dinge offenbart und klar gemacht, welche mich in ihrem ganzen Ausmaß ergriffen haben und auf mein Bild auf einiges stark verändert.
Er erläutert, dass sich im allgemeinen Denken zum Thema Ernährung scheinbar zwei Ansätze zur Agrarkultur, und damit zur aktuellen und zukünftigen Ernährung der Welt, gegenüber stehen, die momentan heiß diskutiert sind und werden:
Auf der einen Seite die industrialisierte Nahrungserzeugung, welche den einzig wahren Weg zur Ernährung der stetig wachsenden Weltbevölkerung durch Gentechnik, maximales Düngen und alle andern Arten von ´Viel-Erzeugung´ darstellen.
Zum anderen jene Nahrungserzeugung, die vor allem den Reichen vorbehalten zu sein scheint, welche sich die ökologische Landwirtschaft zu eigen macht, um die Sicherheit möglichst naturbelassener Lebensmittel für sich allein in Anspruch nehmen zu können und zu sichern. Hierbei schwingt immer mit, dass der ökologische Ansatz, aufgrund seines höheren Aufwandes, für eher weniger Ertrag, zum einen immer wesentlich teuer im Produkt ist als industriell erwirtschaftete Lebensmittel, vor allem aber wäre die biologisch-ökologische Erzeugung von Nahrungsmitteln gar nicht in der Lage, Nahrung für zur Zeit 7 Milliarden Menschen in ausreichender Menge zu produzieren. Dies wird gern als eigentliches Gegenargument für eine industrialisierte Nahrungserzeugung herangezogen.
Das Beachtenswerte am Buch von Felix zu Löwenstein ist seine Zuwendung zu genau diesem Argument. In Anbetracht der These des Untertitels, dass in Zukunft entweder ökologisch Nahrungsmittel erzeugt werden oder gar nicht mehr, legt er ein hochinteressantes Kapitel über ´Ökologische Intensivierung´ vor. Mit voller Absicht nutzt er fundiert und nachvollziehbar den Begriff ´Intensivierung´, der bisher nur in Zusammenhang mit intensiver und chemiebasierter Landwirtschaft als feststehendem Begriff im Raume stand und zeigt Wege auf, wie man die ökologisch-biologische Landwirtschaft strategisch und gezielt in benötigter Menge ausweiten könnte.
Dabei arbeitet er heraus, welche politischen und gesellschaftlichen Rahmenbedingungen gewährleistet sein müssten, damit eine Sicherstellung der Ernährung der Welt unter Berücksichtigung biologisch-ökologischen Wirtschaftens in der Landwirtschaft gelingen könnte.
Felix zu Löwenstein zeigt auf, dass ein Umsteuern von industrielle Lebensmittel zu biologisch-ökologischen Wirtschaftens bereits mehr als überfällig und unvermeidbar ist. Ebenso wichtig für seinen Ansatz ist die Beschäftigung mit der Tatsache, dass 50% der Lebensmittel in ihrer Herstellungskette einfach entsorgt werden, also somit 200% an Nahrungsmitteln weltweit erstellt werden müssen, damit 100% tatsächlich beim Endverbraucher landen.
Unter Auswertung ernstzunehmender Studien und unter Betrachtung der Misswirtschaft in der aktuellen Form der Lebensmittelerzeugung gelingt es Ihm nachzuweisen, dass eine Umstellung auf Formen des biologischen Anbaus tatsächlich für genügend Nahrungsmittel sorgen würde und nur auf diesem Weg eine sinnvolle Welternährung ermöglicht werden könnte.
Mit Kompetenz legt er nicht nur eine mögliche Alternative zur aktuellen ´Ernährungs-Lage´ vor, sondern legt ebenso fehlgeleitete Rahmenbedingungen (Krieg, Misswirtschaft, Missverständnisse, Treibhausgase, Überfischung, Massentierhaltung, Gentechnik- und vor allen Dingen, wie dies alles mit der Ernährungssituation zusammenhängt) offen und zeigt, wie es besser (und gesünder) gehen könnte, ohne das ein Mangel entstehen würde oder die Preise für die Ernährung ins Utopische springen würden.
Ein wirklich sehr lesenswertes Buch, das trotz wissenschaftlichem Anklang für einen Laien gut nachvollziehbar ist. Jedes Argument ist verständlich und einleuchtend. Was er aber auch klar macht ist, dass jeder einzelne von uns eine ´Eigen´-Verantwortung in diesem System hat, somit müssen wir alle handeln.