Cover des Buches Der Fall Collini (ISBN: 9783442714995)
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Rezension zu Der Fall Collini von Ferdinand von Schirach

Fiktiv? Nur auf den ersten Blick.

von lex-books vor 5 Jahren

Kurzmeinung: Nicht schlecht. Aber auch nicht herausragend gut. Ein kurzer Roman über Schuld in juristischem und moralischem Sinne.

Rezension

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lex-booksvor 5 Jahren

Mein erster "Schirach" - ich fand ihn gut, aber nicht überragend gut. Es ist ein kurzer, in klarer Sprache verfasster Roman über Schuld in juristischem und moralischem Sinne. Mehr noch: Schirach beleuchtet ein ungeheuerliches Kapitel in der deutschen Justizgeschichte, das mir tatsächlich nicht bekannt war. Ich war entsetzt.

"Der Fall Collini" gibt Rätsel auf: Fabrizio Collini, ein pensionierter Deutsch-Italiener, der nie aktenkundig geworden ist, erschießt den Industriellen Hans Meyer und traktiert die Leiche anschließend brutal mit Tritten. Gleich danach stellt er sich der Polizei . Zu seinem Motiv schweigt er. Für Caspar Leinen, der Collini als Pflichtverteidiger zugeteilt wird, ist es der erste größere Fall. Als sich im weiteren Verlauf herausstellt, dass das Opfer der Vater seines Kindheitsfreundes Philipp ist, möchte er sein Mandat niederlegen, überlegt es sich aber noch einmal anders. Obwohl die Verurteilung Collinis wegen Mordes unabwendbar scheint, will Leinen seine Sache gut machen und beginnt zu recherchieren.

Mit Justizthrillern à la Grisham hat das Buch wenig gemein. Schirach erzählt seine David-gegen-Goliath-Geschichte - junger, unerfahrener Anwalt gegen etablierte Vertreter der Justiz - straff, nüchtern, manchmal etwas hauptsatzlastig. Dabei gewährt er Einblicke in juristische Abläufe. Das funktioniert auch gut, liest sich interessant und gefällig. Ab und zu stört schmückender Firlefanz, etwa die angerissene Liebesgeschichte zwischen Caspar Leinen und Philipps Schwester Johanna. Oder die persönliche Beziehung Leinens zum Opfer, deren Handlungszweck man anders hätte erfüllen können. Und schließlich die Inszenierung von Collinis Motiv, die populär als Wende-auf-den-letzten-Drücker eingebaut wird, obwohl die Zusammenhänge früh erahnbar sind.

Was fesselt, ist der reale juristische Hintergrund und die Erkenntnis, dass zwischen Recht und Unrecht manchmal nur die Beharrlichkeit eines motivierten Anwalts steht. Das nimmt man dem Buch trotz einiger Klischees tatsächlich ab. Schirach legt die Fakten des Falles neutral dar. Collini selbst bleibt während der gesamten Verhandlung passiv und die Wertung obliegt am Ende dem Leser.

Fazit: Literarisch nicht so beeindruckend wie gedacht. Wirkt aber nach!

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