Rezension zu "Wenn das Herz denken könnte..." von Fernando Pessoa
Fernando Pessoa ist zu einer führenden Figur der modernen Literatur geworden. Ihm passierte posthum das, was vielen Autoren widerfährt, wenn sie tot sind: Sie werden „Kult“, kommen „in Mode“ und so mancher pseudointellektuelle Zirkel stürzt sich auf diese Autoren, ohne sie wirklich zu verstehen und am schlimmsten: gelesen zu haben.
Pessoas Bücher verdanken wir einer gründlichen Aufarbeitung seines riesigen literarischen Nachlasses, den er in Kisten aufbewahrte. Sein bekanntestes Buch zu Lebzeiten war das „Buch der Unruhe“, was auch hierzulande recht bekannt wurde.
Pessoa kann man nicht einfach nur lesen, man muss ihn studieren, man muss bereit sein, mit ihm zu denken und man muss sich konzentriert auf ihn einlassen. Der aufmerksame Leser wird bereits nach kurzer Lektüre eines beliebigen Buches feststellen, dass er seine Lesegewohnheiten neu einstellen muss, um in den vollen Genuss des Werkes zu kommen. Man kann in den Büchern lesen wie in einer Bibel, einzelne Teile oder Abschnitte, um sie auf sich wirken zu lassen.
Pessoa arbeitete mit Heteronymen, d.h., er nahm verschiedene Autorenpersönlichkeiten an, versah sie mit einem Lebenslauf und schrieb unter diesen Namen als individuelle Person. Nur so konnte er seiner enormen Phantasie einerseits und seinen Denkwegen andererseits ein schlüssiges Konzept geben.
Dass das auch in Auszügen funktionieren kann, beweisen einige recht gelungene Zitatsammlungen, „Denken mit Pessoa“ aus dem Diogenes-Verlag etwa. Mit der kleinen Zusammenstellung, die hier vorliegt, kann man einen Eindruck in die Art des Denkens und Schreibens des portugiesischen Autoren bekommen. Die Texte wurden aus allen Werken seiner Heteronyme ausgewählt und man hat sich Mühe gegeben, möglichst das zu präsentieren, was den Leser animieren soll, sich näher mit Pessoa zu beschäftigen. Das ist gelungen, doch natürlich bleibt eine Kollektion dieser Art immer nur eine unverbindliche Einladung, Wenn diese aber angenommen wird und der Leser sich auf die Welt von Pessoa einlässt, dann wird er/sie eintauchen können in ein Meer von Ideen und Gedanken, möchte mitschwimmen und wird sich auch die Zeit lassen, die es braucht, um fasziniert zu sein.