Rezension zu A Good Man Is Hard to Find and Other Stories von Flannery O'Connor
Südstaaten-Kurzgeschichten mit herrlich bitterböse Note
von Viv29
Rezension
Viv29vor 6 Jahren
Flannery O'Connor bietet uns in ihren Kurzgeschichten einen originellen Blick auf das Leben im tiefen Süden der USA dar. Ihre Protagonisten sind größtenteils aus der Arbeiter- und Mittelschicht, halten einerseits die Werte des Alten Südens, wie zB Gastfreundschaft, sehr hoch, sind andererseits aber größtenteils unangenehm im Rassismus verhaftet.
Sie schreibt den Southern Drawl ganz wundervoll (schon deshalb empfiehlt sich das Lesen der englischsprachigen Ausgabe) und man hört die Leute geradezu reden, was zum authentischen Bild viel beiträgt. Auch die Beschreibungen von Häusern, Essen, Gedanken, Arbeit liefern weitere Bausteine zu einer sehr guten lebensechten Beschreibung dieser ganz eigenen Welt.
Das Besondere an den Kurzgeschichten ist, daß sie durchweg ganz harmlos, unspektakulär beginnen, dann aber fast immer mit einer unerwarteten und grausamen Wendung enden. Flannery O'Connor schaut in die Abgründe der Menschen, beschreibt das Schreckliche dann genau so lakonisch wie die leicht trägen Schilderungen von Reisevorbereitungen, Haushaltsarbeit oder Nachbarschaftsgesprächen. Überhaupt ist ihr Umgang mit Sprache sehr gelungen, es gab viele Sätze, die ich mehrfach gelesen habe, weil sie so hervorragend waren.
Für meinen Geschmack waren die Geschichten allerdings oft im Mittelteil ein wenig langatmig und an manchen Stellen wurde auch etwas viel wiederholt. Ein, zwei der Geschichten fand ich leider auch etwas nichtssagend. Im Ganzen ist es aber ein Buch, daß aufgrund der herrlichen Darstellung der Atmosphäre, dem ansprechenden Umgang mit Sprache und vor allem aufgrund der bitterbösen Wendungen sehr lesenswert ist.