Flavio Steimann

 3,8 Sterne bei 5 Bewertungen
Autor*in von Bajass, Krumholz und weiteren Büchern.

Alle Bücher von Flavio Steimann

Cover des Buches Bajass (ISBN: 9783960542766)

Bajass

(3)
Erschienen am 01.11.2021
Cover des Buches Krumholz (ISBN: 9783960542476)

Krumholz

(2)
Erschienen am 01.03.2021
Cover des Buches Aperwind (ISBN: 9783545364394)

Aperwind

(0)
Erschienen am 01.01.1989

Neue Rezensionen zu Flavio Steimann

Cover des Buches Krumholz (ISBN: 9783960542476)
solveigs avatar

Rezension zu "Krumholz" von Flavio Steimann

Am Rand der Gesellschaft
solveigvor 4 Jahren

Erst spät erfährt Agatha, dass sie einen Namen besitzt: taubstumm und in armen Verhältnissen geboren, hat sich niemand so recht mit der kleinen Halbwaise beschäftigt. Nach dem Selbstmord des Vaters wird sie in einem Heim untergebracht, wo Arbeit, Willkür und Missbrauch ihr Dasein bestimmen. Erst als sie sechzehn Jahre alt ist, erscheint eine Frau, die sich mit viel Geduld um sie kümmert. Agathes Leben scheint nun eine glückliche Wendung zu nehmen bis sie eines Tages dem jungen Zenz begegnet …


Äußerst eindrucksvoll beschreibt Flavio Steimann das Aufwachsen der taubstummen Agatha zu Beginn des 20. Jahrhunderts, in absoluter Stille und ohne viel Zuwendung. Sehr sensibel versetzt er sich (und den Leser)  in die Situation des Mädchens, das über viele Jahre hinweg einfach „das Kind" ist, ohne Selbstbewusstsein, nur geduldet in ihrer Umgebung und für einfache Arbeiten zu gebrauchen. Die präzise, starke, teilweise auch archaische Sprache des Autors beschwört klare Bilder von Menschen und Landschaft. In der zweiten Hälfte des Buches steht Zenz im Mittelpunkt, der Agatha im „Krumholz" begegnet. Auch wenn diese Begegnung nicht direkt vom Autor erzählt wird, bestimmt  sie das weitere Schicksal beider Protagonisten. Ebenso psychologisch feinfühlig wie in Agathas Fall schildert Steimann das Leben und die Gedankenwelt von Zenz Torecht, der  -  ebenso wie Agatha  -  zu den Menschen gehört, die am Rande der Gesellschaft existieren, ausgebeutet und mit wenig Hoffnung.


Steimann greift zwar ein authentisches Verbrechen auf, das 1914 in der Schweiz geschah, gibt dem Thema in seinem Roman jedoch  etwas Allgemeingültiges, Gesellschaftspolitisches, das durchaus zeitübergreifend ist.  


 


 


 


 

Cover des Buches Krumholz (ISBN: 9783960542476)
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Rezension zu "Krumholz" von Flavio Steimann

Verquält
JoBerlinvor 4 Jahren

Wer Flavio Steimann "Bajass" kennt, weiß um die besondere Sprache, die diesen Schweizer Schriftsteller kennzeichnet. Und das ist keineswegs nur auf sprachliche Schweizer Eigenarten zurückzuführen - archaisch, unheilvoll, teils aber doch nur gekünstelt, mutet diese Schreibweise an.

Und wie auch in "Bajass" liegt diesem neuen Roman auch ein tatsächlicher Kriminalfall aus dem Jahr 1914 zugrunde, der sich in einem Gehölz bei Krumbach im Kanton Luzern ereignet hat. Es geht also in die ländliche Schweiz, grobe, schlichte Menschen fristen dort ein kärgliches Leben, ein Kind wird geboren, zerzaust, durchscheinend, schwächlich – ein Kümmerling, noch dazu taubstumm. Die Mutter stirbt bei der Geburt. Das Kind, ein Mädchen, wächst in einer "Armen- und Idiotenanstalt" auf, hier ist man nicht zimperlich und es gilt reichlich Gewalt und Torturen auszustehen. Die dumpfe, urwüchsige, oft verdrechselte Sprache Steimanns unterstreicht das Grauen. Allerdings passt das für mich nicht so recht zu der ländlichen Kargheit und Strenge der Umgebung und – ich will ehrlich sein -  behindert in seiner Künstlichkeit oftmals den Lesefluss und verhindert tiefergehende Empathie mit der Protagonistin. Diese wächst inzwischen zu einer schönen jungen Frau heran und findet Arbeit in einer Textilfabrik, doch sie erkrankt und wird aufs Land zur Erholung geschickt. Dort begegnet ihr Zenz, ein verwahrloster Mann, der sich mit Mühe und ohne Ziel durch sein verkorkstes Leben quält. Die zweite Hälfte des Romans beschäftigt sich dann mit diesem Schicksal. Leider – ich konnte zum Roman und zu beiden Protagonisten keine rechte Beziehung aufbauen und so für mich nicht viel aus der Lektüre gewinnen. Bei Lesern, die besser mit Sprache und Konstrukt dieses Romans umgehen können, mag es anders sein.

 

Cover des Buches Bajass (ISBN: 9783894017972)

Rezension zu "Bajass" von Flavio Steimann

(Keine) Kriminalgeschichte
Ein LovelyBooks-Nutzervor 10 Jahren

Ich hatte eher zufällig zu dem Buch gegriffen und vom raschen Überfliegen des Klappentextes eigentlich nicht erwartet, eine Kriminalgeschichte in Händen zu halten. Was der Schweizer Autor Flavio Steimann hier vorgelegt hat, das entzieht sich letztendlich auch jeder Etikettierung. Eine Kriminalgeschichte ist es doch, aber wenig interessieren den Erzähler die Opfer, kaum auch die möglichen Täter. Steimann stellt den Kommissar in den Mittelpunkt, seine Beobachtungen und Bewußtseinszustände, seine Überlegungen und Befürchtungen. Aber auch das erscheint letzten Endes nicht so zentral wie eigentlich angenommen. Fast zufällig ergeben sich die Ermittlungen, fast zufällig die Verfolgung des Täters und dann, am Ende des schmalen Romans von knapp 130 Seiten ergibt sich an einem überraschenden Schauplatz ein zwangsläufiges Ende. Die Ermittlungen sind Nebensache, fast so, wie jeder Beruf zur Nebensache werden kann, wenn einem das Leben erst richtig im Griff hat.

Es ist nicht so, dass der Erzähler mutwillig mit uns spielt, es ist eher so, dass das Leben nicht so ist, wie es vorgibt, zu sein. Es ist weniger moralisch, weniger zielorientiert, weniger wertvoll und weniger spektakulär als alle behaupten. Dem trägt der Roman, der von seiner Form doch eher eine Erzählung ist, auf eindringliche Art Rechnung. Die Erwartungshaltung des Lesers/der Leserin wird permanent hinterfragt, auf die Probe gestellt und jene, die leichte Krimikost gewohnt sind, werden wahrscheinlich bitter enttäuscht. Der Fall wird gelöst werden, vielleicht aber auch nicht.

Was aber steht dann im Zentrum der Geschichte? Wahrscheinlich die Sprache, die Detailtreue, die Liebe zur unaufdringlichen aber allgegenwärtigen Reflexion dessen, was den Ermittler umgibt. Zeitlich angesiedelt in der Schweiz um 1900 trägt der Roman der Zeit auch sprachlich Rechnung. Vieles an Stil und Vokabular ist dem heutigen Sprachverständnis auf seltsame Weise entrückt. Als ob die Alten sprächen, denkt man/frau beim Lesen und ist gleichzeitig gefesselt von der Eloquenz und Präzision des Sprechens. Altmodisch ist es nie, manchmal vielleicht etwas geschwätzig.

Wo bleiben die Helden, mag man/frau sich fragen, egal ob im postiven oder negativen Sinn? Die Antwort ist: Es gibt keine, weil es wohl keine existieren dürfen im Universum des Flavio Steimann. Widersprüche ja, aber Helden niemals.

 Ich beginne bereits beim Schreiben dieser Rezension den Plan zu fassen, das Buch ein zweites Mal zu lesen, um vielleicht noch mehr darin zu entdecken. Was könnte wohl besseres geschehen bei einem Leseabenteuer?

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