Rezension zu "Gelassen auftreten" von Fleur Sakura Wöss
Gäbe es den Untertitel nicht, würde die Bewertung vermutlich besser ausfallen. Aber mit „Meditieren – Reden – Überzeugen“ hat das Buch „Gelassen auftreten“ recht wenig zu tun. Methoden und Gedanken des Zen-Buddhismus spielen zwar immer irgendwie eine Rolle, aber Meditation erscheint lediglich am Rande und vor allem am Ende in der Form der Metta-Meditation. Und dort auch noch viel zu kurz behandelt. Im Kern ist es ein recht generisches Buch über „Reden halten“, angereichert mit Geschichten aus dem Leben der Autorin. Wer also die anderen Bücher von Fleur Sakura Wöss gelesen hat und diese mag, wird auch hier wieder einen biografischen Muntermacher finden. Wer allerdings mehr über die Verbindung zwischen Reden, Auftreten, Gelassenheit und Meditation erfahren möchte, wird nicht allzu glücklich werden und sicher bessere Bücher finden.
Wollte man die Hinweise von Wöss auf ihre Essenz destillieren, käme man darauf, dass man sich perfekt vorbereiten soll. Und zwar nicht nur auf den einen Auftritt, sondern quasi Allzeit bereit, immer üben, immer weiter auftreten, immer Reden, von kleinen Anlässen bis zum großen Auftritt. Das klingt nicht nur wie das 1×1 der Verhaltenstherapie, das ist auch tatsächlich so banal wie es klingt: Übung macht den Meister.
Von allem etwas
Natürlich bietet Wöss mehr. Sie geht auf die Stimme ein, den Körper, den Raum, die Sprache und Aspekte des Zen, wie den Inneren Dialog. Dabei ist alles auch durchaus interessant, man hat jedoch zu keinem Zeitpunkt das Gefühl irgendetwas Neues erfahren zu haben. Hinzu kommt der Schreibstil, der arg an Lehrbücher zum Schreiben erinnert. Als würde eine Checkliste abgearbeitet. Noch schnell eine Anekdote platzieren, hier etwas Trauriges, dort etwas Lustiges. Ganz so wie sie ihre Reden entlang eines vorgefertigten optimalen Planes ausrichtet, scheint auch das Buch dem Masterplan für „gutes Schreiben“ zu folgen.
Nicht ganz klar ist auch die Zielgruppe. Wöss schreibt als müsste man ein perfekter Redner werden wollen. Aber dieses perfekt sein, ist bereits eines der großen Hemmnisse und widerspricht ja auch einigen Grundideen des Buddhismus. Natürlich schafft stetiges Einüben Sicherheit. Aber vor allem das Loslassen und Nicht-Anhaften an falsche Vorstellungen vermag mehr zu erreichen, als der Versuch perfekt zu werden. Und wer muss schon perfekt Auftreten? Reicht es nicht vielmehr gut aufzutreten und sich dabei nicht verrückt machen zu lassen? Ist Gelassenheit nicht auch der gelassene Umgang mit den Herausforderungen?
Für mich ist es weder Fisch, noch Fleisch und schon gar nicht vegetarisch. Angesichts der bestimmt motivierenden Wirkung für einige Leser*innen aber auch sicher kein Fehlgriff.