Rezension
"Geheimnisvolle Flaschenpost für Dich"
von Florentina Volonte
Nachdem ich mit echtem Genuss die "Macaronküsse" von Melody Rose gelesen hatte, fand ich, dass ein weiterer Liebesroman (der sowieso längst auf meinem elektronischen "Stapel" ungelesener E–Books wartete) gut in meinen derzeitigen Lesezyklus passen würde. Also lud ich die "Geheimnisvolle Flaschenpost" herunter und begann mit der Lektüre.
Aufmerksam wurde ich auf das Buch von Florentina Volonte übrigens über Instagram!
Zum Inhalt:
Viele Frauen, die ich kennengelernt habe, hätten alles für den perfekten Heiratsantrag gegeben. Hineingesogen in den Trubel der Fallas, des berühmten Frühlingsfestes im spanischen Valencia, durfte ich als Leserin hoch über den Dächern einen wunderschönen Antrag miterleben, der in der Darreichung einer Flaschenpost gipfelte. Nur dass Jacinta, die Braut in spe, eine Gänsehaut der anderen Art bekommt und spontan die Flucht ergreift.
Mitten in derselben Nacht sitzt sie weinend unter einem Baum im Jardín del Turia. Dort trifft sie zufällig auf den Psychologen Pepe, der ihr seine Visitenkarte überreicht, die ihn zugleich als Graphologen ausweist. Von der ersten Sekunde an besteht zwischen Jacinta und Pepe eine gewaltige Gravitation, auch wenn sie sich in festen Beziehungen befinden – die beide problematisch sind.
Tags darauf sucht Jacinta Pepe auf, im Gepäck den Brief aus einer Flaschenpost, die sie vor fünfzehn Jahren erhalten hat ...
Fazit:
– Achtung, enthält teilweise Spoiler!! –
Ich starte mal ganz unverblümt mit dem Handwerklichen, nämlich dem Buchsatz. Bei der wörtlichen Rede war ich beim Lesen oftmals verwirrt, da ich an vielen Passagen erst darüber nachdenken musste, wer jetzt überhaupt spricht.
Bezüglich der Handlung hinterließ das Buch einen ambivalenten Eindruck bei mir.
Zum einen fand ich die Geschichte beinahe magisch und allein deswegen habe ich das Buch zu Ende gelesen.
Insbesondere die Schilderungen von Sizilien machen Lust, die Insel persönlich kennenzulernen. Die Autorin beschreibt nicht nur wunderschöne Landschaftsbilder, sondern auch Gerüche.
Außerdem wollte ich natürlich erfahren, was genau vor 32 Jahren passiert ist!
Und da kommen wir zu einem riesengroßen Knackpunkt. Viele der Figuren, die vor diesen 32 Jahren wichtig waren, sind inzwischen verstorben, wobei nur eine von ihnen den Freitod gewählt hat. Obwohl sie damals – der Handlung zufolge – höchstens dreißig Jahre alt sein konnten, die meisten eher erst Anfang zwanzig (!), sind sie tot. Ich bin selbst 53 Jahre alt und sehe mich auch mit 62 nach wie vor mitten im Berufsleben und beileibe noch nicht im Sarg!
Gut, in Sizilien gehen die Uhren anders, allerdings kam mir das Setting mit den Ansichten der Leute eher wie aus den Fünfzigern oder noch früher im letzten Jahrhundert vor. Dazu aber passt nicht, dass die Menschen 32 Jahre später Mobiltelefone haben, wenn auch keine Rede von Social Media etc. ist, sodass wir uns evtl. wirklich erst Ende der Neunziger befinden. Aber selbst im Sizilien der Sechziger kam doch niemand mehr zu geschäftlichen Treffen mit dem Schiff? Und auch lange Kleider mit Korsett (ich stelle mir Wunderroben wie bei "Sissi" vor) wurden vielleicht nicht unbedingt zu Tanzveranstaltungen getragen? Den silbernen Counterpart, den Letizia in meinem Kopfkino trägt, würde ich eher in die zwanziger Jahre des zwanzigsten Jahrhunderts einordnen.
Wie können Jacinta und Pepe so gut mit den Leuten in Sizilien reden, obwohl sie gar nicht fließend italienisch sprechen? Hier klafft für mich ein wahrhaft fettes Loch in der Logik.
Ein ähnliches Manko sehe ich am Ende des Buchs – wie schaffte es Felipe, die junge Dora Maria, die längst einen komplett anderen Namen innehatte, jemals in einer Großstadt wie Valencia zu finden?
Die Entscheidungen der Charaktere Jacinta und Pepe konnte ich offen gestanden nicht immer nachvollziehen. Sie handeln, insbesondere bei ihren überstürzten Aufbrüchen aus Valencia nach Sizilien, aus meiner Sicht ziemlich irrational, zumal beide ihre bisherige Partner quasi unter den Tisch fallen lassen, als ob es mit diesen ob keine langjährigen Beziehungen gegeben hätte. Bei Candelas Treuebruch kann ich es irgendwie noch verstehen, aber der arme Santiago hat einen gewaltigen Schlag bekommen, den die in vornehmen Hause erzogene Jacinta diplomatischer hätte lösen können – das Wort "Bedenkzeit" kennt sie sicher auch.
Was mir noch aufgefallen ist – Jacinta ist, wie eben schon geschrieben, in einer reichen Familie aufgewachsen und dürfte damit an gewisse Standards im alltäglichen Leben gewohnt sein. Wenn ich richtig nachgerechnet habe, schläft sie zirka vier Nächte im Auto und wäscht sich nicht ein einziges Mal. Das fand ich wirklich nicht glaubhaft.
Da ich in der letzten Zeit sehr oft als Testleserin angefragt wurde, lese ich vielleicht inzwischen kritischer als andere Leute, aber ich glaube, die vielen unbeantworteten Fragen wären mir auch in meinem früheren Leseleben schon aufgestoßen.
Deswegen habe ich mich für die "märchenhafte" Überschrift entschieden. Denn obwohl das Buch als "contemporary" daherkommt, finde ich, dass es in einiger Hinsicht ein Märchen ist, nicht nur aufgrund der bittersüßen Geschichte, sondern aufgrund der Logiklöcher.
Insgesamt machte die Lektüre Lust auf Sonne, Sizilien und ein kühles Glas mit Grillo, sodass ich im Fazit vier Sterne für den Lesespaß gebe.