Für Clara geht die Welt unter! Ihre allerbeste Freundin Lene, ihr zweites Ich gleichsam, die, der sie alles anvertrauen kann, zieht weg! Für Lene ist der Umzug genauso schlimm, doppelt so schlimm eigentlich, denn der Grund ihres Umzugs ist die neue Freundin ihres Vaters, und ihre Mutter, bei der Lene bleibt, möchte so schnell wie möglich alles hinter sich lassen - und das auch noch so weit weg wie möglich. Alle Tricks, die sich die beiden Mädchen ausdenken, um den Umzug doch noch zu vereiteln, nützen nichts. Und so heißt es für die Freundinnen, getrennt voneinander weiterzumachen oder ganz neu zu beginnen, was sich als schwierig herausstellt...
Katja Frixe hat diese Situation, die natürlich nicht einmalig ist und vielen Kindern ebenso begegnet ist und immer wieder begegnen wird, denn die Erwachsenen nehmen manchmal so gar keine Rücksicht auf essentielle Kinderwünsche, sehr realitätsnah und einfühlsam dargestellt, mit allen Facetten, die ihr anhaften. Der junge Leser, mutmaßlich vor allem Leserinnen, kann sich unmittelbar einfühlen in die Traurigkeiten und Sorgen der beiden Mädchen, die machtlos sind gegen die, seien wir ehrlich, ziemlich egoistischen elterlichen Entscheidungen und nur eines tun können - den Kontakt irgendwie aufrechtzuerhalten, was alles andere als einfach ist. Doch - und hier kommt das magische Element in die Geschichte - Frau Eule, die so patente wie geheimnisvolle Besitzerin des zauberhaften Wunschbuchladens aus dem Titel, weiß Rat: sie gibt Clara und Lene jeweils ein Buch, in das sie alles hineinschreiben können, was sie bewegt, welche Gedanken ihnen gerade durch den Kopf gehen - und dann würden sie sich sogleich einander näher fühlen. Und dass das stimmt, stellt Lene schon bald fest! Ein kleiner Trost freilich nur...
Mit dem Wunschbuchladen hat die Autorin aber auch einen Ort erschaffen, der sicherlich der Traum vieler kleiner und großer Leseratten ist - ein Ort, an dem Wünsche wahr zu werden scheinen, an dem nicht nur die Bücher, die einem direkt in die Hand fallen, genau zu dem Leser passend, zu einem sprechen, sondern auch Frau Eules Kater Gustaf, ein Liebhaber alles Schwedischen, und, man höre und staune, ein riesengroßer Spiegel namens Herr König, mit dem es eine besondere Bewandnis hat. Freilich kann außer Clara und natürlich der rätselhaften Frau Eule niemand sonst die beiden sprechen hören - und so richtig erfährt auch der Leser nicht, warum das so ist, kriegt allenfalls eine Ahnung, nachdem ein ganz besonderes Armband, das Frau Eule Clara geschenkt hat, verloren geht und damit auch Claras Fähigkeit, Gustaf und Herrn König zu verstehen. Und ebensowenig weiß man nach dem ersten Band der "Wunschbuchladen"- Reihe um das Geheimnis des zauberhaften Ladens und die Besitzerin selbst, die Ratschläge für jede Lebenslage bereit hält, aber dennoch nicht davor gefeit ist, in erhebliche Schwierigkeiten zu geraten, aus denen sie alleine nicht herausfindet - was dem Buch ein Spannungselement gibt, das den jungen Leser bei der Stange hält, ihn motiviert zum Weiterlesen, hoffend, dass sowohl Frau Eules Probleme gelöst werden können, damit ihr Bücherparadies nicht schließen muss, als auch die von Clara und Lene. Aber Wunder gibt es wohl nicht und wenn überhaupt, dann nur kleine Wunder, wie Katja Frixe sehr wohl weiß und deshalb nicht der Versuchung erlegen ist, die Erwachsenen zur Einsicht zu bringen, damit ihre Kinder wieder glücklich sind. Vielmehr lernt ihre Protagonistin Clara, die Dinge so zu nehmen, wie sie nun einmal sind - und das Beste daraus zu machen, unbegründete und nur der überlaufenden Emotionen zu verdankende Hassgefühle auf die neue Lehrerin, die, was für ein dummer, ein gar unverschämter Zufall, gleichzeitig auch die neue Freundin von Lenes Vater ist und damit für Clara der Grund allen Übels, und die sie mit allerlei gar nicht netten Ausdrücken bedenkt, zu begraben und endlich auch sich nicht zu verschließen gegen neue Freundschaften, die Lene zwar nicht ersetzen können, Clara aber helfen, die Trennung von ihrer besten Freundin zu verkraften. Dass dies erst nach einigen Erfahrungen und Bemühungen gelingt, gibt der Geschichte einen weiteren realistischen Anstrich und ist sehr nachfühlbar für die jungen Leser - die sich jedoch vielleicht ein wenig mehr Zauberhaftes aus dem Wunschbuchladen und mehr Insiderwissen gewünscht hätten als Claras ständig trübselige Stimmung und Weigerung, sich auf andere einzulassen, wie etwa auf ihren höchst sympathischen neuen Tischnachbarn Leo, der so voller Überraschungen steckt!
Nun, die Geschichte geht weiter, und ich denke, es lohnt sich durchaus, am Ball zu bleiben und auch den nächsten Band zu lesen - in der Hoffnung, dass der Wunschbuchladen und das, was wirklich in ihm steckt, dann tatsächlich der "Hauptdarsteller" der Geschichte ist....