Cover des Buches Abenteuer Irland (ISBN: 9783957280022)
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Rezension zu Abenteuer Irland von Florian Wagner

Sechs Menschen, fünf Pferde und zwei Hunde auf dem Wild Atlantic Way: ein Reisebericht

von Dr_M vor 7 Jahren

Rezension

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Dr_Mvor 7 Jahren
Der Wild Atlantic Way verläuft im Westen von Irland zum Teil an der Atlantikküste. Der Autor und fünf Mitstreiter hatten sich vorgenommen, ihn zu Pferde von Mizen Head bis nach Malin Head zu bezwingen. Um überhaupt aus Deutschland dorthin zu kommen, benutzten sie zwei Pferdeanhänger, die jeweils von einem Audi Q7 gezogen wurden. Der Autor fasst sein Leben als Abenteuer auf und berichtet in diesem Buch über die drei Monate, die er mit seinen Kameraden für die Irland-Tour benötigte.

Beim Lesen des Textes und erst recht beim Betrachten der vielen Bilder habe ich mich gelegentlich ganz unabhängig von den vielen schönen Impressionen, die beides vermittelt, gefragt, wie eigentlich ein Abenteuer entsteht. Irland zu bereisen, ist in unserer Zeit nicht mehr unbedingt riskant oder gar gefährlich. Doch es zu Pferde zu versuchen, ändert die Lage bereits deutlich, weil man dabei viel falsch machen kann. Zunehmend verfestigte sich mein sicher laienhafter Eindruck, dass diese Reisenden nur semiprofessionell an ihre Expedition herangegangen sind. Auch das führt ins Abenteuer. Recht spät, nämlich erst durch unangenehme Erfahrungen bemerkten sie beispielsweise, dass das temporäre Benutzen von Straßen für ihre Reise keine prickelnde Idee war. Abgesehen davon, dass die Pferde durch den harten Untergrund viel zu sehr belastet wurden, minimierte diese Routenführung auch den Spaßfaktor erheblich. Änderungen wurden nötig.

Mein Eindruck von diesem Buch ist leider auch etwas zwiespältig. Auf der Habenseite kann man viele Eindrücke, die es vermittelt aufnehmen und in eigene Sehnsüchte umformen. Grün dominiert das ganze Buch. Fast jedes Bild erweist sich als eine Variation dieser Farbe. Wenn man die Reise selbst nachvollziehen möchte, dann bekommt man sofort das Problem, die tatsächliche Route zu finden. Sie wird nämlich nur äußerst oberflächlich angegeben. Zwar existiert am Ende des Buches eine Liste mit vielen Adressen, Karten sucht man jedoch vergeblich. Mir erging es beim Lesen des Buches wie früher bei Lichtbildervorträgen von Bekannten über ihren Urlaub. Man sieht den Vortragenden ihre Begeisterung an, sie schwappt aber nicht auf die Zuhörer über, weil über Dinge geredet wird, die nur die Reisenden kennen. Es fehlen sowohl der Wille und wohl auch das Vermögen, dem Leser die Reise unabhängig von den persönlichen Erlebnissen verständlich und schmackhaft zu machen. Statt wie der Autor nur über seine Befindlichkeiten und seine Erlebnisse zu schreiben, wäre es besser gewesen, sich gelegentlich auch auf einen etwas höheren Abstraktionsgrad zu schwingen und mehr auf die landschaftlichen und kulturellen Attraktionen dieser Reise einzugehen.

Komischerweise betrifft das auch die Fotografien in diesem Buch. In der Einleitung behauptet der Autor, dass er nichts anderes kann als Fotografieren. Geht man auf seinen Internetauftritt, dann findet man dort durchaus schöne Bilder und Bildberichte. Auch dieses Buch enthält einige schöne Fotos. Über andere kann man sich nur wundern, weil sie schlicht misslungen sind. Beispielsweise zeigt ein ganzseitiges Bild auf Seite 52 eine steile Felswand an Irlands Küste, an der völlig verschwommen eine Mitstreiterin des Autors entlang klettert, weil sie sich anschließend von dort 20 Meter tief ins Meer stürzen wird. Eigentlich ging es hier darum, dieses Wagnis visuell zu dokumentieren. Scharf sind jedoch nur Teile des Mooses an der Felswand. Was soll uns das mitteilen?

Auch viele andere Bilder sind unscharf, zu dunkel, nicht besonders aussagekräftig, falsch fokussiert oder anderweitig ungeschickt aufgenommen. Insgesamt 37782 Fotos hat der Autor nach eigenem Bekunden in den drei Monaten dieser Reise aufgenommen. Nimmt man acht Stunden für einen Tag, dann ist das fast in jeder Minute ein Foto. Vielleicht liegt es daran. Alles wirkt recht unkonzentriert und ohne den Blick für die zu erzielende Wirkung des entstehenden Bildes, den nur ein wahrer Meister besitzt.

Von diesem Buch bleibt der Eindruck, dass es in Irland schön ist und dass man diese Reise auch selbst einmal machen kann. Wenn man kein Pferd besitzt und den Aufwand scheut, kann man sie sicher auch mit dem Rad unternehmen. Fasst man das Buch als Reisebericht auf und nicht als Bildband mit Text, dann fallen auch die Fotos weniger ins Gewicht. Bei aller Kritik fällt es mir schwer, das Buch abzuwerten, insbesondere weil es Lust auf eine Reise nach Irland macht.
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