Rezension zu "Logbuch" von Lucia Jay von Seldeneck
Perce hat sich als blinder Passagier auf die „Endurance“ geschlichen. Er wollte unbedingt an der Expedition zur Überquerung der Antarktis teilnehmen. Expeditionsleiter Sir Ernest Shackleton erteilte ihm die Erlaubnis, auch nach seiner Entdeckung an Bord zu bleiben. Nun ist das Schiff schon seit Monaten vom Eis eingeschlossen, trotzdem fühlt sich Perce so gut wie noch nie. Besonders beeindruckt ist er von den Sonnenaufgängen, welche alles Weiß in ein strahlendes Rosa tauchen. Dieses und ähnliche Abenteuer auf legendären Schiffen wie der „Nautilus“ oder dem „Fliegenden Holländer“ ergeben ein spannendes Potpourri aus Geschichten. Das Buch beginnt mit einer Story über den möglichen Fund von Wrackteilen der „Arche“ und endet mit der „Avontuur“, einem Segelschiff welches Kaffee, Kakao und Rum emissionsfrei nach Deutschland transportiert.
Ausdrucksstarke Illustrationen und kurze Steckbriefe zum Schiff ergänzen die Mischung aus historischen Fakten und erfundenem Geschehen perfekt. Für die Bilder kam eine besondere Zeichentechnik zum Einsatz. Sie setzen sich aus zahlreichen kleinen Punkten zusammen. Passend zum maritimen Thema wurden sie für den Druck blau eingefärbt. Jede Illustration ist ein kleines Kunstwerk und hält einen besonderen Moment fest.
Die 27 kurzen Geschichten in diesem Buch handeln von legendären Schiffen aus allen Teilen der Welt. Nicht jedes dieser berühmten Schiffe war tatsächlich auf dem Wasser unterwegs. Reporterin Katherine wird Zeugin, wie Regiseur Werner Herzog für den Film „Fitzcarraldo“ die „Molly Aida“ über einen Berg im peruanischen Urwald ziehen lässt und der Architekt des Empire State Buildings hat während eines Telefonats mit seiner Mutter die Idee auf dem Dach des Gebäudes einen Anlegemast für Luftschiffe zu installieren. Ob diese oder die anderen Geschichten tatsächlich so stattgefunden haben, ist irrelevant, denn die lebendigen, anschaulichen und realistischen Darstellungen vermitteln den Lesern das Gefühl, an etwas großartigem teilzuhaben. In den abwechslungsreichen Kurzgeschichten werden alte Legenden und Seemannsgarn aus völlig neuen Perspektiven beleuchtet. Das Buch entführt seine Leser auf eine maritime Zeitreise in ferne Gewässer, zu gefährlichen Abenteuern und großartigen Entdeckungen. Jede Geschichte weckt die Abenteuerlust und das Fernweh, denn es gibt immer noch viel zu entdecken und zu erforschen.
Wir haben die Kurzgeschichten mit Kindern- und Jugendlichen am Lagerfeuer während eines Segelcamps gelesen. Im Anschluss wurde über die Schiffe sehr angeregt diskutiert, weitere Informationen gesucht bzw. ausgetauscht und von den jüngeren Teilnehmern bestimmte Situationen nachgespielt. Dieses Werk ist sehr zu empfehlen.