Cover des Buches Le Voyage d'Hector ou la recherche du bonheur (ISBN: 9783150197219)
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Rezension zu Le Voyage d'Hector ou la recherche du bonheur von François Lelord

Es war einmal ... das Glück, das wir glaubten nicht zu kennen

von Ulenflucht vor 10 Jahren

Kurzmeinung: Die Botschaft ist, dass das Glück ist, zu verstehen was alles Glück ist.

Rezension

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Ulenfluchtvor 10 Jahren
Wenn heutzutage ein Buch mit "Il était une fois..." beginnt, dann ist es meistes Satire oder ein Möchtergern-Märchen, das einen nicht wirklich etwas lehrt. Dieses Buch hier versucht es aber zumindest und ich bin mir sicher, dass viele Leute sich darin wiederfinden können und am Ende verstehen, was für sie Glück bedeutet. Ich hatte aber meine Schwierigkeit mit diesem Buch, es hat mich meistens nicht erreicht.

Da wäre einmal Hector, der Protagonist, der jung und intelligent ist, sich aber benimmt wie ein Kind oder wie ein tüddeliger alter Mann. Der Roman ist eher kein Roman, er lässt sich für mich überhaupt nicht in ein Genre einordnen. Erst wenn man sich von seinen Lesegewohnheiten löst und nicht mehr prüft, ob die Charaktere gut getroffen sind und die Geschichte gut ist, gelangt man an den Kern des Buches. Das ist sehr schwer, denn Lelord macht es einem nicht leicht, wenn er schon die Romanform wählt. Man muss Hector als Moderator verstehen, der hier durch eine konstruiierte Welt führt, die an jeder Station ihre Lektionen des Glücks bereithält, die Hector zusammenfügt. Leider wirken selbst diese Thesen überwiegend simpel. "Le bonheur arrive souvent par surprise." oder "Le bonheur, c'est d'être avec des gens qu'on aime." Das ist nicht neu oder originell, aber man fragt sich dann, ob es denn das Glück selber überhaupt ist, und stellt dann fest, dass das Glück tatsächlich simpel und oft anspruchslos, vor allem aber bekannt ist. Manchmal ist das Glück auch, etwas gesagt zu bekommen, was man schon weiß. Ich denke, dass das Buch darauf abzielt. Nichts Neues zu lehren, sondern sich das Bekannte bewusst zu machen.

Ich finde es dennoch schade, dass alles an der Oberfläche bleibt. Es gibt wenig Szenen, die so berühren, dass man aus vollstem Herzen sagen könnte, dass das Glück ist. Szenen, in denen Spannung entsteht und die zumindest ein wenig detaillierter und glaubwürdiger dargestellt sind. Hectors Geiselnahme in Afrika etwa oder die Begegnung mit der kranken Djamila im Flugzeug hätten mehr Potential gehabt. Die einzige Szene, die mich berührt hat und wo die Essenz daraus, die Leçon, es mir wirlich wie Schuppen vor die Augen fallen ließ, war "Le bonheur, parfois, c'est de ne pas comprendre", als Hector erfährt, dass Ying Li eine Prostituierte ist. Da wurde mir bewusst, dass ich manchmal Dinge gerne verdränge oder nicht weiter versuche zu hinterfragen, weil ich befürchte, etwas zu entdecken, das mich unglücklich machen könnte.

"Le voyage d'Hector" ist ein Kinderbuch für Erwachsene", eine Art "Sendung mit der Maus", nur mit einigen Schwächen. Wenn man ständig versucht, etwas zu vereinfachen, fährt man Gefahr, etwas lächerlich zu machen anstatt es zu erklären. Ich hätte mir gewünscht, dass der Autor seinen Protagonisten ein bisschen weniger naiv gemacht hätte, denn auch dann hätte er seine Botschaft herüberbringen können. Der Amerika-Teil versöhnt mich aber dann doch etwas, denn hier trifft Hector einen Glücksforscher, der seine Ergebnisse zusammenfasst und erklärt und das hat Anspruch ist gut gelungen.

Gut gelungen ist auch das Nachwort von Wolfgang Ader, das verständlich ist und die richtigen Aspekte erklärt. Dadurch, das es kein Vorwort hat, hat man die Chance, das Buch selber zu entdecken. Sehr gut sind auch die Annotationen zu den Vokabeln. Ich brauchte sie eigentlich nicht, aber wenn ich dann doch ein mir unbekanntes Wort fand, war es stets unter den übersetzten. Es ist meines Erachtens genau das richtige Maß erklärt.

Insgesamt hat mich "Le voyage d'Hector" aber leider nicht umgehauen, ich bereue es aber ganz sicher nicht, es gelesen zu haben, denn die Reflexion über das Glück an sich waren es wert, losgelöst von den Schwächen der Geschichte. Ein nettes kleines Buch über das Glück.
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