Authentische, unverfälschte Erinnerungen einer Menschenfreundin
von Sigismund
Kurzmeinung: Authentische, unverfälschte Erinnerungen einer Menschenfreundin
Rezension
Françoise Frenkel, die eigentlich Frymeta Idesa Frenkel hieß, verließ einst ihre polnische Familie im Landkreis Lodz, um in Paris zu studieren. Aus Liebe zur französischen Kultur, Sprache und Literatur eröffnete sie 1921 eher zufällig in Berlin eine Buchhandlung mit ausschließlich französischsprachigen Zeitungen und Büchern. Bald entwickelte sich die Buchhandlung zu einem Treffpunkt französischer Schriftsteller auf Leserreise und intellektuell gebildeter Deutscher. Frenkel hatte sich in wenigen Jahren in Berlin einen Namen als Botschafterin französischer Kultur gemacht. Die Schilderung ihrer Berliner Jahre zwischen 1921 und 1939, jener Jahre der schrittweisen politischen Veränderung in der einst so weltoffenen Reichshauptstadt, ist auf eine Art ebenso faszinierend wie die nachfolgenden Schilderungen ihrer Jahre des Exils erschütternd sind.
Im August 1939 sah sich Frenkel nach zunehmender Behinderung durch die Nazis gezwungen, in Berlin alles aufzugeben, mit nur wenigen Koffern erst nach Paris und nach dessen deutscher Besetzung in den Süden nach Nizza zu fliehen. Als auch dort die Razzien durch das kollaborierende Vichy-System zunahmen, wurde sie von französischen Bekannten in wechselnden Verstecken, in Hinterzimmern und sogar einem Kloster verborgen, bis ihr endlich 1943 die Flucht in die Freiheit gelang.
Die Aufzeichnungen Frenkels, unmittelbar nach gelungener Flucht verfasst, leben von ihrer Authentizität. Da wird nichts verfälscht, nichts aus späterer „Besserwisserei“ tendenziös dargestellt. Diese Jahre der Heimatlosigkeit mit schließlich dreimaligem Fluchtversuch schildert Frenkel sehr bewegend in allen Einzelheiten. Sie beschreibt tagebuchartig ihre Ängste in den Nächten, ihre Selbstmordgedanken, aber auch ihre Träume und Hoffnungen auf Friedenszeiten. Sie charakterisiert Franzosen als „Menschen guten Willens“, die ihr behilflich waren, auch die teils selbstlosen, teils windigen Fluchthelfer, aber ebenso die Beamten, Polizisten, Milizen und andere Kollaborateure. Wir lernen diese Menschen mit ihren Stärken und Schwächen kennen. Frenkel schildert den alltäglichen Verlauf eines Lebens auf der Flucht oder im Verborgenen, wie es damals in Frankreich für ausländische und erst recht für jüdische Flüchtlinge Alltag war. Das Buch „Nichts, um sein Haupt zu betten“ bewegt auch noch nach 70 Jahren seine Leser, da es eine authentische und unverfälschte Schilderung jener Jahre ist.