Rezension zu "Die Wahrheit über Facebook" von Frances Haugen
Man kann den Namen Frances Haugen bereits gehört haben, muss aber nicht – jedenfalls nicht, wenn man kein Facebook-Account hat. Mir fiel sie in einer Talkshow auf und das u. a. dadurch, dass sie recht nüchtern schien, obwohl es sicher einiges braucht, um aus dem System Facebook nicht nur auszubrechen, sondern es sogar anzuprangern.
Grob umschrieben ist Frances Haugen die Frau, die dafür sorgte, dass Marc Zuckerberg recht reumütig Fragen zu Facebooks Geschäftsgebaren zu beantworten hatte. In „Die Wahrheit über Facebook“ beschreibt sie ihren Weg in und aus dem Konzern. Damit lüftet sie den Vorhang, der normalerweise eine saubere und heile Fassade zeigt. Sie schildert, was sie „zwang“, sich ihrer Werte wegen gegen den Konzern zu wenden und Unmengen von Daten zu kopieren, sich an die Öffentlichkeit zu wenden und zur Whistleblowerin zu werden. Mit ihren Daten konnte sie freundlich ausgedrückt Facebooks unsaubere Praktiken belegen. Wer nun aber denkt, dass es sich bei dem Buch um eine recht trockene Lektüre handele, sieht sich getäuscht, denn Haugens Motive waren sehr persönliche, über die sie offen spricht.
Insofern ist das Buch nicht nur ein (rein objektiver) Insiderbericht, sondern auch eine sehr persönliche Geschichte. Und diese persönliche Geschichte verdeutlicht auch, dass eine (vermeintliche) Schwäche sich auch zur Stärke auswachsen kann – nämlich spätestens dann, wenn man nicht mehr zu verlieren hat bzw. zu haben glaubt. Hat sie Mut bewiesen? Mit Sicherheit, auch wenn Kritiker sagen würden, es war der Mut der Verzweiflung. Sei’s drum, Facebook ist ein sehr mächtiger Konzern mit viel Geld und entsprechenden Möglichkeiten und durch Haugens Daten konnte bewiesen werden, dass der Konzern Extremismus, Gewalt und Fake News fördert – sicher nichts, was man in den Führungsetagen gern hört und völlig abseits von Verschwörungstheorien: Damit ist sie dem Konzern sicher ein Dorn im Auge. Dank ihrer persönlichen Geschichte nehme ich Hagen ab, dass sie die Wende vom Saulus zum Paulus vollzogen hat und mit ihrem Buch dazu beitragen möchte, Social Media zu einer besseren Zukunft zu verhelfen. Ob das Buch nun wirklich (auf Papier) über 500 Seiten haben müsste, sei dahingestellt (es hatte Längen, das geht bei Amerikanern aber wohl kaum anders). 3,5 aufgerundete Sterne – und alle, die ein Facebook-Account haben, Whats-App oder andere Dienste aus dem Meta-Universum nutzen, sollten die Lektüre dieses Buches zumindest in Betracht ziehen.