„Eva schläft“ sind zwei Geschichten in einem Buch. Einerseits Evas persönliche Geschichte in der ICH-Form erzählt. Andererseits die Geschichte ihrer Familie seit Südtirol Italien nach dem ersten Weltkrieg zugeschlagen wurde, erzählt aus der distanzierteren Perspektive einer Erzählerin.
Beide Geschichten wechseln sich ab und kommen erst am Ende zusammen. So wird man immer wieder aus einer Geschichte gerissen und muss in die andere wieder eintauchen. Was die Lektüre zäh macht.
Inhaltlich ist es eine sehr interessante Darstellung der Südtiroler Geschichte seit 1918 und ihre ganz konkreten Folgen.
Francesca Melandri
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Neue Rezensionen zu Francesca Melandri
Wie hat sich eigentlich Italien im 2. Weltkrieg 'benommen'? Wie war die Geschichte des Vaters? ... Aus seiner Sicht, aus der Sicht seiner Tochter, die nun Bezug zum Ukraine-Krieg nimmt.
Kalte Füße ist ein politisches Buch. Das ist nicht von der Hand zu weisen. Es ist aber auch ein Text, der zum Nachdenken anregt, weil es die Familiengeschichte beleuchtet und deren 'Mythen'. Ein zu Herzen gehendes Buch, ein verdrängter Teil italienischer (Familien)Geschichte, ein Vater, der verharmlost, weil jemand, der nicht dabei war, das Erlebte nicht ertragen könnte.
Inhaltlich ist es ein Text über Krieg und Frieden. Es liegt mir schwer im Magen und ist stellenweise nicht leicht zu lesen.
Und: Sprachlich ist das Buch eine Freude.
Worum geht es?
Die Handlung spielt auf dem Weg zu und auf einer Gefängnisinsel. An diesem Tag im Jahr 1979 sind nur zwei Besucher von Insassen auf der Fähre, Luisa ist eine Bäuerin, die eine große Anzahl an Tieren versorgt und fünf Kinder hat. Sie ist auf dem Weg zu ihrem Ehemann. Der zweite ist Paolo, Witwer und ehemaliger Lehrer für Geschichte und Philosophie. Er besucht auf der Insel seinen Sohn. Beide sind nach ihrem Besuch gezwungen, die Nacht auf der Insel zu verbringen.
Kritik
Nach einem eher turbulenten Roman mit viel Handlung habe ich mir eine ruhige Lektüre ausgesucht. Gemeinsamkeit ist nur, dass beide Autoren aus Italien stammen. Die Handlung wird mit der Zusammenfassung hier oder auf dem Klappentext eigentlich schon benannt. Es geht um zwei Menschen, Luisa und Paolo, die der Besuch eines Familienangehörigen auf der Insel verbindet, die aber kaum unterschiedlicher sein könnten. Der Schwerpunkt liegt für mich deutlich auf der Bäuerin Luisa. Obgleich wir erfahren, was jeweils die Gründe für die Haftstrafe sind, geht es nicht um die Menschen, die im Gefängnis sitzen (auf denen in den meisten „Gefängnis-Romanen“ ja der Schwerpunkt liegt), sondern es geht um die anderen, also einmal die Wärter, aber vor allem die Angehörigen und wie sie ihr Leben meistern. So lernen wir einiges über Luisas tägliches Leben und über ihre Bewältigungsstrategien. Der Roman besteht zu einem großen Teil aus den Erinnerungen der beiden an die Zeit vor und die Zeit nach dem Urteil und erzählt, wie dieses ihr Leben verändert und bestimmt hat. Die gemeinsamen Szenen im „Glaspalast“, der Ort, an dem sie über Nacht festsitzen, fand ich unglaublich schön. Zwei Menschen, die sich begegnen und sich sofort und intuitiv sehr gut verstehen können, obgleich sie unterschiedlicher nicht sein können. Luisa ist pragmatisch und ein wenig naiv, Paolo verkopft. Ein Philosoph.
„Ach, ich weiß nicht...Jedenfalls ist mir Philosophie lieber als Geschichte.“ – „Warum?“ – „Geschichte wird mit Waffen gemacht. Philosophie mit Ideen.“ (S. 99)
Auch die Atmosphäre hat mir sehr gut gefallen, man kann sich sehr gut vorstellen, auf dieser Insel zu sein und wie das stürmische Meer riecht, klingt und aussieht.
Ein paar Worte noch zur Sprache: Ich denke, dass es deutlich schwieriger ist, einen Roman aus dem Italienischen ins Deutsche zu übertragen als bei einigen anderen Sprachen. Der Text fühlt sich völlig anders an. Was auch für mich im Italienischen schön und poetisch klingt, kann im deutschen bei wörtlicher Übersetzung schnell etwas gekünstelt und schwülstig klingen und einige Sprachbilder sind für mich im Deutschen zu kitschig. „Wenn Paolo von solchen Geschichten hörte, die von Leid trieften, wie vergammeltes Fleisch von fauligem Saft…“ (S. 92) oder „während die vom Schlafen geschwollenen Augenlider wie Vögel im Käfig flatterten.“ (S. 95). Zudem muss man sich darauf einstellen, dass die Erinnerungen im Plusquamperfekt erzählt werden, eine Zeitform, die viele Leser von eher spannenden Büchern nicht mögen, weil sie etwas bremst. Aber das soll man hier auch. Man sollte innehalten und zuhören.
Insgesamt: Es ist eine ruhige, von der Atmosphäre getragene, Lektüre für Leser, die sich mit dem Leben, mit den Gedanken, den Ängsten, Wünschen und Träumen der Protagonisten auseinandersetzen möchten. Es ist ganz klar nichts für Freunde von spannenden Romanen, die gern Tempo mögen.
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