Cover des Buches Die Arglosen (ISBN: 9783036956756)
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Rezension zu Die Arglosen von Francesca Segal

Der Versuch eines Ausbruch aus der Konvention

von mabuerele vor 11 Jahren

Kurzmeinung: Wer eine Liebesgeschichte erwartet, wird enttäuscht sein. Es geht eher um die Beschreibung des jüdischen Lebens heute.

Rezension

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mabuerelevor 11 Jahren

Adam ist Anwalt in London und Mitglied der jüdischen Gemeinde. In der Synagoge nimmt der die Glückwünsche zu seiner Verlobung mit Rachel entgegen. Sie kennen sich seit mehr als 10 Jahren. Adam arbeitet in der Anwaltskanzlei von Lawrence, seinem Schwiegervater. Plötzlich steht Adam Ellie Schneider gegenüber, der Cousine von Rachel. Ellie hat bisher in New York gelebt und mit freizügigen Fotos von sich reden gemacht.

Die Autorin beschreibt das jüdische Leben im heutigen London sehr detailgenau. Auch die Personen werden sehr gut charakterisiert. Dabei wird deutlich deutlich, dass die Gemeinde wie eine geschlossene Gesellschaft wirkt. Sie gibt Geborgenheit und Sicherheit. Jeder kann im Ernstfall auf Hilfe hoffen. Dieses Leben hat aber auch seine Schattenseiten. Ein Ausbruch aus den Beziehungen ist nur schwer möglich.

Im Roman stehen sich zwei Personen gegenüber. Adam, der den vorgezeichneten Weg gegangen ist, und in Rachel eine Partnerin gefunden hat, die zu ihm passt. Da er schon in jungen Jahren seinen Vater verloren hat, ist Lawrence für ihn wie ein Vater.

Ellie musste ihr Leben allein meistern. Sie ist nicht bereit, sich für ihre Fehler zu entschuldigen, sondern möchte so angenommen werden, wie sie ist. Adam fühlt sich von ihr angezogen. Sie bietet ihm die Chance, aus der Normalität auszubrechen.

Rachel dagegen ist wie eine verwöhnte Prinzessin erzogen worden. Die Ehe ist ihr Lebensziel.

Wer eine rasante Liebesgeschichte erwartet, ist bei dem Buch definitiv falsch. Lange betrügt Adam seine Freundin nur in Gedanken. Eigentlich könnte man es auch härter ausdrücken: Er weiß nicht, was er will.

Die Dreiecksgeschichte ist eingebettet in die Beschreibung des alltäglichen Lebens. Das bedeutet auch, dass ich als Leser viel aus der Vergangenheit der handelnden Personen erfahre. Die Spannungen, die durch das enge Zusammenleben entstehen, werden ab und an thematisiert. Außerdem drehen sich Adams Gedanken nicht nur um Ellie, er schweift auch gern zu anderen Themen ab.

Das Buch besteht aus drei Teilen. Der erste hat mir sehr gut gefallen, die folgenden beiden weniger. Adams Verhalten war dort für mich nicht in jedem Fall nachvollziehbar.

Eine der Protagonisten möchte ich noch erwähnen, weil sie mich durch ihr Verhalten sehr beeindruckt hat. Das ist Ziva, die Großmutter von Rachel und Ellie. Sie scheint lange die einzige zu sein, die die Verhältnisse durchschaut. Und sie mag Ellie um ihrer selbst willen.

Wenn man sich für jüdisches Leben in der Gegenwart interessiert, dann kann ich das Buch empfehlen. Ich hatte den Eindruck, dass die Beziehung zwischen Adam und Ellie nur als Möglichkeit genutzt wurde, die unterschiedlichen Lebensverhältnisse junger Juden in der heutigen Zeit darzustellen. Dem wird das Buch sicher gerecht.

Insgesamt hat mir der Roman gut gefallen, wenn er auch speziell im zweiten Teil einige Längen aufweist.

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