Cover des Buches Die Arglosen (ISBN: 9783036956756)
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Rezension zu Die Arglosen von Francesca Segal

Die Arglosen

von anell vor 11 Jahren

Rezension

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anellvor 11 Jahren

Nachdem ich die Inhaltsangabe zweimal gelesen hatte, war mir klar, ich will dieses Buch lesen.

Ich dachte, es ginge um einen Mann, der eine Entscheidung trifft die sein Leben auf den Kopf stellt, vielleicht aus den Angeln wirft und ihn hinterher für immer verändert.

Nach 432 Seiten muss ich sagen, die Geschichte ist relativ belanglos.
Eingebettet in das Alltagsleben der Protagonisten, und vielen von der Autorin sehr weitschweifend gestalteten Exkursionen in das moderne jüdische Leben in London und die Viten der Bewohner, bekommen wir die Geschichte von Adam, Rachel und Ellie erzählt.
Adam der eigentlich immer genau das gemacht hat, was die Gemeinschaft von ihm verlangt hat. Und jetzt steht er kurz davor, Rachel zu heiraten. Dann kommt Rachels Cousine Ellie aus New York zurück in den Schoß der Familie und Adam verfällt ihr. Allerdings über weite Strecken des Buchs nur in Gedanken.
Das Buch teilt sich in drei Teile auf und vom ersten Teil war ich noch sehr angetan. Auch wenn die Autorin weitschweifig erzählt und des öfteren die eigentliche Geschichte in den Hintergrund stellt, so machte es doch die Figuren zu Typen und ich musste schon öfters schmunzeln, über die Verschrobenheiten von Adams und Rachels Familien.
Irgendwie hatte ich erwartet, das Buch würde fulminant mit der Hochzeit enden, aber die Hochzeit bildet eher den Übergang zwischen Teil eins und zwei. Danach ging es für mich steil bergab.
In den letzten beiden Teilen habe ich gewisse Antipathien gegen Adam und Rachel entwickelt. Je weiter ich gelesen habe, desto unsympatischer wurde mir Rachel. Ich war von beginn an nicht wirklich ein Fan von ihr. Ich empfand sie als oberflächlich und nur aufs Äußere und materielle Dinge fixiert. Eine Figur die ihr Heil als Hausfrau und Mutter sieht (was keine Kritik an Hausfrauen/Müttern sein soll) und sich bei Adam ins wohlig gemacht Nest setzt. Ihr Leben bestetht nur noch daraus, ihn herumzukommandieren, ihr gemeinsames Leben alleine zu planen und weiterhin die verwöhnte Prinzessin zu spielen.
Das ist aber auch der Tatsache geschuldet, dass Adam einfach ein naiver Schwächling ist. Sogar ein Gummibärchen hat mehr Rückgrat als er. Er ist zu feige Entscheidungen zu treffen, weil ihm klar ist, dass sein Leben so wie er es kennt und braucht, vorbei sein wird, wenn er einen Schritt in eine andere Richtung wagt.

Die meiste Zeit probt er einen Aufstand nur in Gedanken. Sei es Krititk oder den Betrug an seiner Verlobten/Ehefrau.


Das erschreckende ist, dass mir absolut kein Grund einfällt, warum Adam und Rachel heiraten sollten. Außer vielleicht der, dass sie jetzt eh schon zwölf Jahre zusammen sind, und es auf die nächsten fünfzig jetzt eh nicht mehr ankommt. Und es auch alle von ihnen erwarten. Ein Gedanke der mich zu gleichen Teilen anwidert und entsetzt, weil ich mir die Frage stellen musste, was eine langjährige Beziehung eigentlich sonst noch ausmacht, außer der Routine zu der ein Leben nun mal geworden ist.


Als letztes haben wir Ellie.

Ellie die genau wie Adam ein Elternteil tragisch verloren hat, aber mit ihrem Leben allein zurecht kommen musste, und es geschafft hat, auch ohne die Familie zu überleben (ja das ist möglich Adam). Sie ist Model. Unkonventionell. Eine Schönheit mit dem "gewissen Etwas". Und Adams heimliche Flucht aus dem Alltag. Wer hier eine brissante und riskante Affäre oder großes Drama erwartet, wird enttäuscht werden. Ellie ist von den dreien die einzige die ich als wirklich "erwachsen" einstufen würde.

Während Rachel das verwöhnte Prinzesschen gibt, und Adam ein naiver Träumer bleibt, lebt sie ihr Leben in ich nenns mal "der echten Welt".


Ich gebe dem Buch drei Sterne.

Es war nicht das, was ich erwartet habe. Aber die Figuren haben mich für sich eingenommen (wenn auch die meisten davon negativ. Und manchmal hatte ich den Drang zwischen die Seiten zu kriechen und abwechselnd Adam und Rachel zu würgen).

Die Arglosen haben mich zum Grübeln gebracht. Über Konventionen, das straffe Korsett aus Erwartungen, Hoffnungen, Wünschen das wir uns alle immer noch umlegen, um die die uns wichtig sind nicht vor den Kopf zu stoßen. Über Beziehungen.

Ob ich das Buch empfehlen kann?

Zu gleichen Teilen ja und nein.

Einerseits bringt es mich zum Grübeln (was ich immer gut an Büchern finde), andererseits hat es schon seine Hänger, seine ausufernden Zwischenkapitel in denen die Story auf der Stelle tritt, und Charaktere die mich des öfteren zur Weißglut treiben.
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