Rezension
Leider konnte mich dieses Buch nicht überzeugen.
Von den Versprechungen des Klappentextes („Der mehrfach ausgezeichnete Roman einer begnadeten Newcomerin, die das modernes jüdisches Leben mit viel Humor und Empathie porträtiert.“) ist nicht viel geblieben. Sicherlich hat sie mit diesem Buch (mindestens) drei Preise gewonnen (Sami Rohr ,Prize for Jewish literature in fiction 2013, den Costa First Novel Award 2012 und den National Jewish Book Award for fiction 2012). Das lässt mich allerdings fragen: wie schlecht waren die anderen Einsendungen? Wenn man dann noch erfährt, dass Francesca Segal die Tochter von Erich Segal ist, stellt man sich in Bezug auf die Preise noch ganz andere Fragen.
Das einzige Versprechen, dass gehalten wurde, war das Porträt des jüdischen Lebens im gegenwärtigen London. Wobei ich mir allerdings ziemlich oft in Erinnerung rufen musste ‚Wir sind nicht im Jahr 1955!’ und erschrak, wenn das Internet, Smartphones und ähnliches moderne Zeugs im Text erwähnt wurde.
In wie weit die Darstellung des Lebens in einer jüdischen Gemeinde getroffen ist und einen treffenden realen Hintergrund für diese Geschichte bietet, kann ich nicht beurteilen, da ich selbst keine Einblicke in Sitten und Gebräuche dieser Religionsgemeinschaft habe. In diesem Roman war es schon interessant zu erleben, wie eng die Konventionen sind und jeder versucht, sich seine kleinen Freiheiten zu erkämpfen. Aber im Grunde sind die Personen und der religiöse Hintergrund austauschbar, denn diese Geschichte hätte z.B. auch in einer guten katholischen Gemeinde so geschehen können.
Was mich ein klein wenig gestört hat ist, dass anscheinend viel Vorwissen verlangt wurde. Da ich nicht mit dem Judentum vertraut bin und nur wenig rudimentäres Wissen aus Dokumentationen usw. habe, sind mir einige Stellen fremd geblieben, weil z.B. Begriffe und Vorgänge nicht näher erläutert wurden.
Was ich leider nicht im Buch finden konnte war der angekündigte Humor. Auch konnte mich keiner der Charaktere irgendwie fesseln oder für sich einnehmen (bis auf die Großmutter, die aber leider viel zu sehr im Hintergrund bleiben musste). Die Handlung war ziemlich vorhersehbar und nicht wirklich überraschend, was den Eindruck des „sich Ziehens“ aufgrund der Spannungslosigkeit noch verstärkte. Das Buch war (es tut mir sehr leid, dass sagen zu müssen) einfach langweilig.
Abschließend fällt mir eine Bewertung schwer. Die Idee fand ich von Anfang an interessant und da hätte man was draus machen können. Leider ist der Humor aber auf der Strecke geblieben und die Geschichte im Grunde von Anfang an vorhersehbar, was einen fragt, warum man überhaupt weiterlesen soll. Die Charaktere sind fast alle unsympathisch und treiben einen in den Wahnsinn, weil sie so merkwürdig agieren. Ein Coming of Age Roman, dem einiges an Schwung fehlt.
Da es sich um das erstes Werk der Autorin handelt, sehe ich noch eine schriftstellerische Entwicklung nach oben möglich und tendiere zu gut gemeinten 3 Sternen. Aber auch nur, weil ich keine 2,5 vergeben kann.
Wer sich für das jüdische Leben bzw. das Judentum in der Gegenwart interessiert, wird hier bestimmt nicht schlecht unterhalten werden. Wirklich empfehlen kann ich diesem Roman aber leider nicht.