Rezension zu "Postwachstumspolitiken" von Ulrich Schachtschneider
Zur Notwendigkeit grundlegender Veränderungen in der Ökonomie
25 Jahre nach der Konferenz von Rio mit ihrem Postulat zur „Nachhaltigkeit“ von Ökonomie und grundsätzlichem gesellschaftlichen Handeln konstatieren die Herausgeber:
„Der eingeschlagene technische Weg reicht nicht aus, um der Übernutzung natürlicher Ressourcen Einhalt zu gebieten“. Und das ist, in den Augen der Herausgeber diversen Autoren im Buch ein systemisches Problem.
Zwar werden punktuelle Fortschritte konstatiert, doch um eine nachhaltiges Leben und Wirtschaften auf Dauer herbeizuführen und zu stabilisieren bedarf es politischer richtungsweisender Entscheidungen, um der Zerstörung des Planeten, aber auch der tiefen sozialen Spaltungen im Zuge des herrschenden Wirtschaftssystem Herr zu werden und ein Umsteuern nachhaltig zu sichern.
Wobei gilt, das es „richtig ist, mit den Alternativen dort zu beginnen, wo es jetzt schon möglich ist, anstatt auf die politische Veränderung des Ganzen zu warten. Dennoch, ohne dieses „Ganze“ bleiben die konkreten Versuche im Einzelnen immer doch nur nicht ausreichendes Stückwerk.
So ist es hilfreich, in diesem Buch die wesentlichen politischen Alternativen zusammenzustellen im Kontext übergreifender Debatten und Probleme.
Sei es dabei, den „fatalen Zusammenhang von Eigenliebe, Meritokratie und Kapitalismus“ detailliert zu beschreiben und Auswege aus diesem Geflecht aufzuzeigen, sei es, an das „Bewusstsein“ der Menschen zu gehen und auf diesem Wege die „Überflussgesellschaft“ verändernd neu zu denken, sei es, den „Wettbewerb“ mit seinen „Wachstumszwängen“ offen zu legen und, in Teilen, tatsächlich ad absurdum zu führen, seien es die gewichtigen anderen Problemanzeigen und deren, zunächst gedankliche, Veränderungsmöglichkeiten zu benennen.
Dies alles geschieht in den einzelnen Beiträgen zwar eher in einem wissenschaftlich-trockenen und teils abstrakten Ton und bedarf daher einer konzentrierten Lektüre, führt aber in einer wichtigen Zusammenschau die wesentlichen Überlegungen zu Veränderungen in guter Weise zusammen.
Um dann in die Synthese überzugehen und für die notwendigen Transformationen auf ausgewählten Politikfeldern (Arbeitspolitik, Grundeinkommen, Finanzwirtschaft aus nachhaltiger Sicht betrachtet, „Unternehmen, die nicht wachsen müssen“ und einiges mehr) sehr konkrete „Pläne“ vorzulegen, die, Schritt für Schritt, jetzt nicht nur angegangen werden sollten, sondern auch realistisch angegangen werden können, wenn die politischen Rahmenbedingungen in diese Richtungen gesetzt werden (wonach es, leider, nicht aussieht).
Umso mehr kommt zum Tragen, was grundsätzlich gilt: „Das Private ist politisch“.
Je mehr Druck auf Transformationsunwillige politische und ökonomische Kräfte durch Konsumentscheidungen und Wahlentscheidungen des Einzelnen ausgeübt wird, desto größer ist und bleibt die Chance auf eine Veränderung zu Nachhaltigkeit hin.
Insgesamt eine seriöse Schau auf den Status Quo wachstumskritischen Denkens, dem man wünscht, breites Gehör zu finden. Dennoch keine einfache Lektüre, sondern eine, die Mühe bereitet.