Rezension zu "China nach Mao" von Frank Dikötter
Mit China hatte ich mich bisher noch nicht näher auseinandergesetzt. Was in den Medien erzählt wird, bekommt man natürlich mit, aber dieses Buch gibt einen viel tieferen Einblick, was mir sehr gut gefallen hat.
Frank Dikötter schafft es auf eine angenehm leserliche Weise über Chinas Entwicklung seit dem Tod Maos zu schreiben. Obwohl ich noch nicht viel über dieses Land wusste, konnte ich trotzdem gut folgen. Ein gewisses Wirtschaftsgrundwissen ist aber erforderlich, um alles zu verstehen, weil das hier eine sehr große Rolle spielt. Beim Lesen wurde mir klar, dass alles, was in diesem Land passiert, mit dem Gedanken eine erfolgreiche Wirtschaft aufzubauen und auf dieses Weise seine Machtposition zu stärken zusammenhängt. Oft war ich geradezu entsetzt, weil man merkt, dass die führende Politiker, die wichtige Entscheidungen treffen, eigentlich überhaupt keine Ahnung haben von irgendeinem Wirtschaftsmodell. Sie machen einfach, richten Schaden an und hoffen, dass es sich von alleine wieder löst. Es wird klar, dass dieses Land, obwohl unglaublich mächtig und nicht zu unterschätzen auf sehr viele Illusionen gebaut ist und daher auch ökonomisch extrem instabil.
Aber nicht nur über die chinesische Wirtschaft wird geschrieben, auch wichtige historische Ereignisse werden beschrieben. Als Leser wird man gezeigt, wie oft die Bevölkerung Chinas sich für demokratische Werte eingesetzt hat und wie oft sie enttäuscht worden sind: Proteste werden brutal aufgelöst, es gab und gibt Umerziehungslager und Hinrichtungen. Trotzdem haben viele im Ausland irgendwie immer noch daran geglaubt, dass China sich in einer demokratischen Marktwirtschaft ändern würde. Die chinesische Politiker haben es aber schlau gespielt und der Patriotismus benutzt, um ihre Bevölkerung Linientreu zu machen und auch im Buch wird diese Entwicklung schön beschrieben. Da merkt man, dass, wo es am Anfang noch mehr offenen Proteste und Zuneigung für den Ausland gab, sich das gewandelt hat und Ausländer inzwischen von vielen eher argwöhnisch betrachtet werden.
Insgesamt ein interessantes und lesenswertes Buch über die Entwicklung Chinas in den letzten Jahrzehnte. Es hat einen wirtschaftlichen Schwerpunkt, ist aber gut zu lesen, auch wenn man sich mit diesem Land noch nicht intensiv auseinandergesetzt hat. Empfehlenswert.