Rezension zu Unsichtbare Blicke von Frank Maria Reifenberg
Rezension zu "Unsichtbare Blicke" von Frank M. Reifenberg
von Anka2010
Rezension
Anka2010vor 12 Jahren
Ist das nicht eine super gruselige Vorstellung? Ihr sitzt vor eurem PC/Laptop und merkt nicht, dass ihr durch die kleine, integrierte Kamera beobachtet werdet... Schon allein bei der Vorstellung läuft mir ein kalter Schauer den Rücken hinunter. Dass es nicht unmöglich ist, erzählt uns Frank Maria Reifenberg in seinem aktuellen Jugendthriller "Unsichtbare Blicke". Die Geschichte wird aus drei Hauptperspektiven erzählt. Zuerst lernen wir Josie kennen. Josie ist 17 Jahre alt, geht noch zur Schule, lebt zu Hause bei ihren strengen Eltern und zieht sich am liebsten in die anonymen Weiten des Internets zurück. Schnell lernt sie in einem Chat Geronimo kennen, einen netten Kerl, dem sie sich gern anvertraut. Josies Passagen werden direkt aus der Ich-Perspektive erzählt, sodass einem das junge Mädchen schnell vertraut wird und ich mich ohne Probleme in ihre Gedanken hineinversetzen konnte. Die kursiv gedruckten Passagen sind aus der Perspektive des Täters geschrieben und geben hauptsächlich Erlebnisse aus seiner Vergangenheit wieder, angefangen in der frühen Kindheit. So lernen wir den Täter Stück für Stück kennen und erfahren, welche grausamen Erlebnisse ihn zu dem Mann gemacht haben, der er heute ist. Stella van Wahden und Miki Saito kommen ins Spiel, als eine Mädchenleiche entdeckt wird. Dies ist die dritte Erzählperspektive, die uns Einblicke in die Polizeiarbeit, die Spurensuche und die nervenaufreibenden Ermittlungen gewährt. Obwohl wir auch etwas in das Privatleben der Kommissarin hineinschauen können, bleiben die Charaktere in diesen Abschnitten eher blass, wirken aber nicht uninteressant oder unsympatisch. Eine düstere Spannung zieht der Autor gekonnt wie einen roten Faden durchs gesamte Buch. Wir werden mit vielen Hintergrundinformationen versorgt, insbesondere was den Täter und seinen Werdegang betrifft. Diese Schilderungen sind stellenweise etwas hart, brutal und eklig. Sie ließen mir die Nackenhaare zu Berge stehen. Dass dieser Psychopath keine Schmerzensgrenze besitzt, wurde mir bald klar - umso mehr Angst bekam ich um Josie, die sich der Gefahr, in der sie sich befindet, ganz und gar nicht bewusst ist. Erst als es schon zu spät ist merkt sie, dass sie einen Fehler begangen und zu viele Informationen von sich preisgegeben hat... Was bewegt nun aber einen Mann dazu, Jagd auf junge Mädchen zu machen, sie einzusperren und zu beobachten? Hätten wir es mit einem 0815-Thriller zu tun, dann wäre der Autor auf diese Frage nicht näher eingegangen. Unser Täter hat aber seine Gründe. Sie liegen vergraben in der Vergangenheit und werden dem Leser Stück für Stück wie kleine Kieselsteinchen vor die Füße geworfen. Der Aufbau der Geschichte ist dem Autor wirklich grandios gelungen. Trotz der 400 Seiten wurde der Lesefluss stetig gehalten, zu keiner Zeit unterbrochen oder verlangsamt. Die Aufklärung erscheint mir schlüssig und bietet ein Ende, bei dem Herzrasen vorprogrammiert ist. "Unsichtbare Blicke" ist ein spannender Thriller, der eine Portion Nervenkitzel für seine Leser bereit hält und ein Thema anspricht, das absolut brisant und aktuell ist. Man selbst macht sich beim Lesen Gedanken über sein Verhalten im Internet und auch ich habe mich beim vorsichtigen Schielen zu meiner Laptop-Webcam erwischt. Dieser Thriller konnte mich packen und mitreißen. Da ich den Autor bisher noch nicht kannte (Schande über mich) werde ich mich nun mal auf die Suche nach weiteren spannenden Büchern von ihm machen.