Frank Meinshausen

 3,7 Sterne bei 22 Bewertungen

Lebenslauf

FRANK MEINSHAUSEN, geboren 1965, studierte Moderne Sinologie und Germanistik in Tübingen, Nanjing und Heidelberg. Er arbeitet als Übersetzer für zeitgenössische chinesische Literatur und Sprachlehrer.

Quelle: Verlag / vlb

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Neue Rezensionen zu Frank Meinshausen

Cover des Buches Die Gebärmutter (ISBN: 9783832168056)
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Rezension zu "Die Gebärmutter" von Sheng Keyi

ancla_books4life
Eine Familiengeschichte getrieben durch Traditionen und Politik

**** Worum geht es? ****

In der Familie Chu dreht sich alles um die Gebärmutter. Die Geschichte spielt im 20. und 21. Jahrhundert, die Politik restriktiert die Anzahl an Kinder pro Ehe. Als Folge werden medizinische Eingriffe getätigt um diese zu bewahren. Die Familie Chu leidet unter diesen und verbittert zunehmend. Als sich Möglichkeiten auftun und der Gedanke einer Liebesheirat auch in der Provinz der Familie einzieht, bekommen die Chu Frauen eine neue Chance im Leben, einem Leben das eventuell nicht mehr von der Gebärmutter diktiert wird.  


**** Mein Eindruck ****

Die Jahreszahlen zu Beginn der Geschichte waren selbst mit Hintergrundwissen zu dem ganzen Thema äußerst schockierend. Ich bin somit mit großes Interesse in das Buch gestartet. Der Schreibstil ist flüssig und der Thematik angemessen. Die dörfische chinesische Atmosphäre stetig präsent. Die unterschiedlichen Chu Generationen spürte ich durchweg und die Folgen der Politik für die Gebärdung von Kindern ebenso. Dennoch wurde das Buch nie direkt politisch, die Familie lebte schlichtweg mit den Gesetzen. Auch Themen wie das Füße abbinden bestimmen bis zu einem bestimmten Punkt das Leben der Chu Frauen. Alte Praktiken und Traditionen bestimmen ihr Leben bis ins 21. Jahrhundert und das einem da auch mal der Mund offen stehen bleibt ist wohl mehr als verständlich. Dennoch verlor mich das Buch zunehmend. Jemanden lieben lernen und Kinder kriegen wurde immer präsenter und fühlte sich auch äußerst konstruiert an. Als müsste der Titel unbedingt bis zur letzten Seite „ausgemolken“ werden. Auch mit den Personen konnte ich mich nicht identifizieren, ich bekam schlichtweg aufgrund der Namensähnlichkeit (realitätsgetreu) nichts miteinander verbunden. Ich musste pro Seite zig mal auf den Stammbaum schauen und habe dies irgendwann aufgegeben. Für jemanden mit Problemen mit Namen ist das hier nichts.


**** Empfehlung? ****

Eine Erzählung mit faszinierenden Momenten. Namensähnlichkeiten und der Fokus auf ein und dasselbe, wieder und wieder, können für den ein oder anderen Leser ein Problem sein. Ich rate dazu die ersten 3 Kapitel zu lesen. Wer da noch voll dabei ist wird das Buch genießen können. 

Cover des Buches Die Gebärmutter (ISBN: 9783832168056)
Nils avatar

Rezension zu "Die Gebärmutter" von Sheng Keyi

Nil
Epochale Beleuchtung Chinas

Es beginnt schon sehr plastisch mit der nüchternen Beschreibung einer Kastration eines Hahnes, weil er so schneller fett wird. Und das setzt den Tenor des Buches, denn hier wird wahnsinnig gut ein gesellschaftliches Setup besprochen. China und seine Art die Gesellschaft in einen passenden Rahmen zu pressen und auf eine notwenige Größe zu reduzieren. China das nichts vom Individualismus hält und seinem Volk die Gemeinschaft als höchstes Gut anpreist.

Im Mittelpunkt die gebärfähigen Frauen, die durch und mit ihren Kindern in eine frustrierende und harte Lage kamen. Wenig Wissen um den weiblichen Körper, die moralische Härte anderer Frauen, die vor allem verurteilen und sich gegenseitig keine Stütze sind.

All das verpackt Sheng Keyi in eine Familiengeschichte, die vorrangig von den 70er Jahren bis in die 2010er Jahre spielt. Die Zeit der 1-Kind—Politik. Sheng Keyi schlägt einen weiten Bogen in diesem Familienepos, der das Ausmaß sehr gut einfängt. Zum Glück gibt es vorne im Buch einen Stammbaum, der hilft den Überblick zu behalten. Die erste Frau in dieser Geschichte ist Qi Nianci, um die Jahrhundertwende geboren. Das Leid abgebundener Füße und ein extrem traditionelles Leben haben ihr nicht viel Freude bereitet und sie zu einer harten Frau werden lassen. Sie hatte eine Tochter: Chu Anyun. Diese wiederum gebar ganze 5 Töchter und einen Sohn. Und das ist der Mittelpunkt der Geschichte, diese fünf Frauenleben. Alles sehr facettenreich und interessant aufgefächert in den chinesischen Moralvorstellungen und Gegebenheiten der damaligen Zeit reflektiert.

Mich wundert es nicht, dass Sheng Keyis Bücher in China zum Teil verboten sind. Kratzt es doch an dem Image des Global Players und legt Wunden offen. Ich habe diesen umfangreichen Roman sehr gerne gelesen und kann ihn allen empfehlen, die sich gerne mit dem gigantischen Land in Asien befassen. Aus dem Chinesischen übersetzt von Frank Meinshausen.

Cover des Buches Die Gebärmutter (ISBN: 9783832168056)
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Rezension zu "Die Gebärmutter" von Sheng Keyi

Lese_Freiheit
Faszinierender Gesellschaftsroman

China greift seit vielen Jahrzehnten mit seiner Familienpolitik in die Privatsphäre der Bürger ein. 

Autorin Sheng Keyi hat auf sehr anschauliche und fesselnde Weise, ein vollkommen real wirkendes und gleichzeitig berührendes Bild einer davon betroffenen Familie gezeichnet, in der insbesondere das Schicksal der weiblichen Familienmitglieder über mehrere Generationen hinweg beleuchtet wird. Ihr Leben ist weder frei noch selbstbestimmt, gilt als wertlos und wird vor allem von den Erwartungen der Gesellschaft, als auch der strengen staatlich gesteuerten Geburtenkontrolle und Ein-Kind-Politik bestimmt.

Der 1900 geborenen Familienpatriarchin und Großmutter Xi wurden schon im Kindesalter die Füße gebunden, nur um als Erwachsene einem gängigen Schönheitsideal zu entsprechen. Ihre Tochter Wu Aixiang bekommt nach der Geburt ihres letzten Kindes zwangsweise eine Spirale eingesetzt und leidet fortan unter den Auswirkungen. Auch ihre Töchter können nicht auf ein glückliches Leben hoffen, geschweige denn auf ihre Männer und Väter der Kinder zählen. Trotz emotionaler Kälte, manch harter Worte und Vorwürfe untereinander, überwiegen zwischen den Frauen dennoch der familiäre Zusammenhalt und die gegenseitige Unterstützung.


Zum leichteren Verständnis hält das Buch zu Beginn übrigens einen ausführlichen Stammbaum der Familie Chu bereit, wodurch sich das recht simple Prinzip der chinesischen Namensgebung leicht nachvollziehen lässt. Vorab einmal damit vertraut gemacht, sollte es keinerlei Probleme geben, Protagonist*innen auseinander zu halten und der Geschichte zu folgen.

Denn diese lohnt es sich wirklich, zu lesen! Die Autorin versteht es einfach, sozialkritische Themen auf faszinierende Weise in einen Roman zu verpacken, den man am liebsten gar nicht mehr aus der Hand legen möchte.

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