Rezension zu "Lob der Untreue" von Franz Josef Wetz
Dieses Buch trägt den Titel „Eine Unverschämtheit“ und als eine solche habe ich es auch empfunden. Die Art und Weise, wie der Autor langjährige Beziehungen als spröde und per se langweilig verunglimpft, wird vielen dieser Beziehungen überhaupt nicht gerecht.
Er behauptet, dass sich Seitensprünge und Affären mit festen Partnerschaften vereinbaren ließen. Ich habe allerdings noch niemand getroffen, der mit einem solchen Konzept wirklich glücklich geworden wäre, außer den promiskuitiven Männern, die solche Thesen gern verbreiten, genauso wie bindungsunfähige Frauen, die Angst haben vor einer wirklichen erwachsenen Beziehung auf Augenhöhe.
Und wir wollen gar nicht reden von den Kindern, deren vorher stabile Beziehung zu ihren beiden Eltern gestört und nicht selten auch zerstört wird, bloß weil der Vater oder die Mutter das „Lob der Untreue“ gesungen hat, und statt sich auseinandersetzen und nach neuen Lösungen in der Familie oder der Ehe zu suchen, den leichten Weg der Flucht in eine schnelle Affäre gesucht haben.
Eine Beziehung, erst recht eine Ehe und eine Familie ist nicht dazu da, dass alle Bedürfnisse, auch sexuelle Bedürfnisse, schnell und befriedigend erfüllt werden. Eine erwachsene Beziehung, erst recht eine, die sich entschlossen hat, zusammen mit Kindern zu wachsen, wird gerne lernen, auf schnelle und sofortige Bedürfnisbefriedigung auch zu verzichten, damit sie ein Ort bleibt und werden kann, in dem Menschen sich sicher fühlen, Vertrauen zueinander haben und Sexualität als etwas erfahren, das viel mehr ist als Sex.
„Guter Sex ist fast jede Sünde wert… “ sagt Franz Josef Wetz locker daher, und weiß in seiner Formulierung doch genau, dass das, was er da postuliert, einer „Sünde“ gleich kommt. Ich verstehe dieses Wort so: Sünde ist alles, was den Menschen von seiner ihm eigenen Gottebenbildlichkeit trennt, was ihn abschneidet von seinem Menschsein und der Gemeinschaft, in der er lebt.
Das „Lob der Untreue“, das Franz Josef Wetz da anstimmt, ist tatsächlich auf hervorragende Weise geeignet, Menschen von sich selbst und ihrer Gemeinschaft zu trennen. Ich halte diesen Ansatz von vorne bis hinten für egoistisch, beziehungs- und familienfeindlich. Wehe den Kindern, die Eltern haben, die sich an solchen Ansätzen orientieren.