... den Klassiker der Erzähltheorie von Franz K. Stanzel. In Proseminaren lasen wir ihn und verstanden nur wenig, unter anderem wegen der zahlreichen Anspielungen an die Weltliteratur. Schliesslich ist Stanzel Komparatist. Im Unterschied zu seinem Fachkollegen Gérard Genette, der seine Beispiele vorwiegend aus der französischen Literatur bezieht, spannt Stanzel einen weiten Bogen, von Joyce, über die französische bis hin zur deutschsprachigen Literatur. Das Werk strebt somit fachübergreifende Gültigkeit an, ist aber wegen der zahlreichen interdisziplinären Bezüge etwas sperrig. Es eignet sich weniger als theoretische Grundlage zum Verständnis von Erzählliteratur, sondern eher als Reflexion darüber.
Inhaltlich ist Stanzels Ansatz weitgehend problematisiert worden. Seine Begrifflichkeit ist gut auf die moderne und postmoderne Literatur, aber weniger auf die mittelalterliche Literatur anwendbar. Da gilt es sprichwörtlich über die Bücher zu gehen und den Einzelfall genau anzuschauen. Die Erzähltheorie feilt immer noch an der Begrifflichkeit und Stanzels Werk ist als wertvoller Beitrag nicht aus der Diskussion wegzudenken.
Ich habe es gut 20 Jahre nach dem Ende meines Studiums nochmal und immer wieder gelesen und immer noch nicht ganz verstanden. Aber ich mag solche Bücher. Insofern: 5 Sterne von mir.