Als ihr ältester Sohn mit dreizehn Jahren verkündet, dass er von nun an bei seinem Vater in Frankfurt am Main wohnen möchte, fühlt sich Franziska Krafft etwas auf den Schlips getreten. Aber sie sagt zu. Warum auch nicht? Ein österreichisches Bergdorf ist für einen Teenager einfach viel zu langweilig. Nachdem ihr Sohn ausgezogen ist, kämpft Franziska darum, regelmäßig Kontakt zu ihm zu haben, doch weder Jonas noch sein Vater melden sich bei ihr. E-Mails bleiben unbeantwortet und auch die Telefonate mit Jonas sind selten und kurz. Das einzige Lebenszeichen, dass sie hin und wieder bekommt, ist von den Schulen und dem Jugendamt in Frankfurt: Jonas war schon wieder nicht im Unterricht. Jonas musste die Schule wechseln. Franziskas Sorgen werden immer größer. Ihr Sohn hat ADHS, er braucht bei manchen Dingen viel Aufmerksamkeit, doch sein Vater ist oft auf Geschäftsreise im Ausland – schließlich kommt ja ein Teenager auch ganz gut allein zurecht. Als die besorgte Mutter dann auch noch erfährt, dass ihr Sohn Drogen nimmt und diese verkauft, bricht eine Welt für sie zusammen. Wie konnte das nur passieren?
Nach einem langen und beschwerlichen Rechtsweg, stehen Jonas und Franziska letztendlich vor einer Wahl: Haftstrafe oder Entzug? Da ihr Sohn schon in einigen Kliniken war und Drogen auf irgendeinen Weg hineinschmuggeln konnte, weiß sie, dass sie sich etwas einfallen lassen muss. Ihr mittlerweile sechzehnjähriger Sohn darf nicht ins Gefängnis, denn wegen des ADHS‘ würde er dort niemals zurecht kommen. Und dann kommt ihr die Idee: Wie wäre es, wenn wir einen Segeltörn machen? Nur du, ich und das Meer.
Die Behörden waren anfangs nicht begeistert, gaben letztendlich aber ihre Zustimmung. Zwei Monate lang würden Franziska und Jonas auf einem Segelboot wohnen. Gemeinsam mit Jonas‘ Brüdern und ein paar Freunden würden sie die Küsten von Holland und Dänemark anfahren, Schleusen bewältigen und wieder zueinander finden. Die dreifache Mutter hat keine Ahnung, ob ihr Plan funktioniert, doch sie ist zuversichtlich – irgendwie muss sie es schaffen, ihren Sohn von der schiefen Bahn zu bekommen.
Ich muss ehrlich zugeben, dass mich Franziska Krafft etwas einschüchterte. Sie ist Architektin, Ski-Lehrerin (mit einer Sonderausbildung für Blinde und Rollstuhlfahrer), geht wandern, sie vermietet Ferienwohnungen und ist nebenbei auch noch Hobbyseglerin. In meinen Augen gibt es nichts, was diese Frau nicht schaffen kann und schon zu Beginn von Wendemanöver war ich zuversichtlich, dass auch der gemeinsame „Urlaub“ mit ihrem Sohn gut ausgehen würde. Zwar hat sie noch nie einen Entzug durchgemacht und weiß auch nicht wirklich, wie man am Besten Medikamente absetzt, doch Franziska lebt nach einem Motto, das ich auch gern öfters in meinen Tag integrieren möchte: Wir denken da gar nicht zu lange drüber nach, sondern machen es einfach. Schritt für Schritt holt sie ihren Sohn wieder ins Leben zurück, natürlich gibt es einige Höhen und Tiefen zu überwinden, doch als Leser war ich völlig „on board“.
Mir hat vor allem der Erzählstil von Franziska gefallen, denn ich hatte beim Lesen das Gefühl, als erzählte sie mir die Geschichte persönlich – von Angesicht zu Angesicht. Dadurch blätterte ich mich regelrecht durch das Buch, denn ich konnte nicht schnell genug erfahren, was als Nächstes passiert. Bis zum Schluss bleibt die Spannung erhalten, immer wieder habe ich zwischendurch diese Anspannung gespürt, dass vielleicht doch nicht alles nach Plan läuft – wird Jonas den Kampf gegen die Drogen gewinnen?