Cover des Buches Keine Sau hat mich lieb (ISBN: 9783426513620)
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Rezension zu Keine Sau hat mich lieb von Franziska Weidinger

Von Weibern, gestandenenen Mannsbildern, Leberkas und Rocky...

von Cappuccino-Mama vor 10 Jahren

Rezension

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Cappuccino-Mamavor 10 Jahren

Himmiherrgottsakrament! In Bayern als alleinstehende Metzgerin mit Vater und Bruder unter einem Dach zu leben, ist alles andere als einfach. Hier im Dorf regiert Kirche und Tradition! Neuerungen sind unerwünscht! – Willkommen, oh Du heiliges Spießertum. Was mich an diesem Buch gelockt hat, war nicht nur das auffällige Cover, sondern auch der Titel und die Buchbeschreibung, die ein humorvolles Geschehen prophezeit haben.


Das Cover:

Herzallerliebst sitzt sie in ihrer Emaillewanne, die weiße Gans mit ihrem blauen Duschhäubchen (natürlich samt Spitzenabschluss) auf dem Kopf. Im Hintergrund befindet sich eine rote Bretterwand, auf der sich ein Kreis befindet, der wie ein rosa gestreiftes Stoffdeckchen wirkt. Auf diesem Deckchen befindet sich der Buchtitel – KEINE SAU HAT MICH LIEB – ja, wortwörtlich gesehen trifft dies wohl auf die Berufsgruppe der Metzger zu – Metzgerinnen und Schweine passen wohl nur von Berufs wegen zusammen – Freunde werden sie wohl eher nicht, denn kein Schwein wird den Metzger lieben. Aber sicherlich wird es doch wohl Mann geben, der Burgi lieben wird.

Das Cover wurde glänzend gestaltet, lediglich der Buchtitel und auch der Autorenname, sowie ein kleiner, gelber Schmetterling, welcher in der oberen Buchecke umherflattert, wurde matt gestaltet. Unbestritten ist das Cover ein Hingucker, zum einen wegen des tierischen Motivs, zum anderen aber auch durch die kräftige Farbgebung.


Die Handlung:

Burgi Schweinsteiger ist 32 Jahre alt und Metzgerin im beschaulichen Untermarktlbrunn im tiefsten Bayern. Im Gegensatz zu ihrer besten Freundin Anni, die schon seit Urzeiten verheiratet und Mutter von drei Söhnen ist, geht Burgi als (mehr oder weniger frustrierter) Single durchs Leben. Seit dem Tod ihrer Mutter vor acht Jahren, kümmert Burgi sich um den jüngeren, etwas arbeitsscheuen Bruder Luis und ihren Vater, der ein richtiger Hallodri ist. Dabei träumt die gelernte Köchin doch von einem Leben in Paris – mit einem eigenen Restaurant.

Doch eines Tages taucht ein fremder Mann im Dorf auf. Hinnerk ist Zimmermann und Friese. Burgi sieht ihre Chance gekommen, sich diesen Mann zu angeln. Jedoch: Die Konkurrenz schläft nicht und wenn ein gutaussehendes, ein „g'standenes“ Mannsbild in einem Kuhdorf auftaucht, gilt es schleunigst, den Mann zu erobern! Doch noch bevor es dazu kommt, funkt Burgis Vater dazwischen. Dieser hatte nämlich einen folgenschweren Unfall mit dem Gemeinschaftsstier des Dorfes. Ein unglückliches Zusammentreffen (im wahrsten Sinne des Wortes) mit dem wertvollen Zuchtbullen stellt Burgi vor ein schwerwiegendes Problem. Und fortan ist Burgi schwer damit beschäftigt, den Fehler ihres Vaters zu vertuschen. Leider hat Burgi nun jedoch fast keine Zeit mehr, sich den Liebesdingen zu widmen. Und dann ist zu allem Übel auch noch die Existenz der Metzgerei, nicht zuletzt durch den neueröffneten Supermarkt, gefährdet. Wird es Burgi gelingen, die Metzgerei vor dem Aus zu bewahren und wird sie vielleicht sogar noch die ganz große Liebe finden?

Und dann steht auch noch der erste bayrische Poetry Slam an. Wird sich Burgis Traum von einem Leben mit etwas mehr Poesie erfüllen?...


Meine Meinung:

Metzgerin Burgi findet Männer, die Pizzafleischkäse essen, einfach nur inakzeptabel – mit so einem Mannsbild würde sie sich doch nie im Leben einlassen! - Denkt sie. Burgi ist eine starke Frau, aber dennoch auch sensibel. Doch was würde aus Vater und Bruder und vor allem der Metzgerei werden, wäre Burgi nicht, denn ohne Burgis Kampfgeist würde alles den Bach hinuntergehen. Burgis Leidenschaft gilt unter anderem ihrem Motorrad und dem Kochen. Eine meiner Lieblingssituationen: Burgi stinkt nach Jauche und ist schmutzig von Kopf bis Fuß – und ausgerechnet dann trifft sie auf ihren Angebeteten – natürlich sehr zur Erheiterung der Leser. Burgi fand ich sehr authentisch und sehr sympathisch, zeigt sie doch Charakter und schwimmt nicht immer mit dem Strom, sondern hat ihren eigenen Willen und geht ihren eigenen Weg.

Anni führt ein scheinbar perfektes Leben mit ihrem Mann „Anda“, ihrer Jugendliebe, und den drei Söhnen. Doch leider ist da der Moralapostel in der Familie: Schwiegermutter Katharina! Und mit diesem Schwiegermonster ist nicht gut Kirschen essen – Anni kann ihr eben nichts recht machen. Und Anda ist ihr leider keine große Stütze, in Sachen Abwechslung ist er recht antriebslos und sagt immer brav „ja und amen“, wenn seine Mutter mal wieder ihren Unmut über die Schwiegertochter äußert. Man hätte sich gewünscht, dass Anda endlich einmal gegen die Mutter aufbegehrt, einmal seine eigene Meinung vertritt und bei Bedarf auch mal auf den Tisch haut. Fast ist man versucht zu sagen, dass Anda ein richtiger Waschlappen ist! Kein Wunder, dass Anni ihr Heil in den kleinen Fluchten sucht. Gemeinsam mit Burgi entflieht sie in ihrer Lieblingskneipe, dem „Kuh 8“, dem tristen Landleben und dem eintönigen Alltag. Ihr Motto: Spießigkeit, nein danke!

Luis, Burgis Bruder, ist weder besonders arbeitsam, noch besonders ehrgeizig – kurzum wirkte er auf mich eher wie ein Taugenichts, der in den Tag hineinlebt und seine Schwester nur dann bei der Arbeit unterstützt, wenn diese ihn in den Allerwertesten tritt. Doch er sorgt für eine Überraschung, mit der wohl keiner gerechnet hätte. Zudem macht er im Laufe des Buches eine enorme Wandlung durch. Und plötzlich erwacht in Luis ein großer Kampfgeist und eine Kreativität tritt zutage, die weder Burgi, noch ihr Vater und auch der Leser nie erwartet hätten. Doch wer, oder was, steckt hinter diesem plötzlichen Tatendrang?

Der Vater ist ein Hallodri und Burgi glaubt, dass ihre Eltern nie richtig glücklich miteinander waren, dass der Vater nicht immer ganz treu war und die Mutter unter seinem Verhalten litt. Doch dann erfährt Burgi die Hintergründe der großen Liebe ihrer Eltern und plötzlich erscheint alles für Burgi in einem völlig neuen Licht. Anfangs wirkt der Vater recht emotionslos, in entscheidenden Momenten jedoch zeigt sich seine Vaterliebe, wenn auch nicht sehr gefühlsbetont.

Tschieses / Snake hatte in seiner Teenagerzeit eine kurze Liebschaft mit Burgi, die er nur zu gerne wiederbeleben würde. Doch dazu gehören nun einmal immer zwei. Seine Lebensgeschichte voll Tragik erfährt man erst mit der Zeit, was ich richtig spannend fand, schaffte es die Autorin doch, mich in dieser Hinsicht neugierig zu machen – häppchenweise präsentierte sie hier die Ereignisse in der Familie von Snake.

Hinnerk, das Nordlicht, Zimmermann auf Wanderschaft und in Burgis Augen ein „g'standenes Mannsbild“. Doch leider schläft auch die Konkurrenz nicht, selbst Anni scheint Feuer und Flamme für den Zimmermann zu sein – und auf einem Hof gibt es immer genug zu tun. Ob Burgi da bei ihrem Traummann eine Chance hat?

Die heilige Katt ist der herrische Schwiegerdrachen von Anni. Sie führt ein strenges Regiment auf dem Hof, hält sich für unentbehrlich und schaut der Schwiegertochter, die ihr natürlich nicht ebenbürtig ist (wie sie findet!), auf die Finger. Doch wie sagt man so schön? Immer erst vor der eigenen Türe kehren!

Der Pfarrer wirkt alt und senil und geistig nicht gerade auf der Höhe. Doch gerade solche Protagonisten sind für so manche Überraschung und auch so manchen Schmunzler und Lacher gut. Und so ein Pfarrer weiß oft mehr über seine „Schäfchen“ Bescheid, als denen lieb ist. Und auch über seine Haushälterin weiß er so einiges zu berichten, was ihr gar nicht gefällt, mich aber zum Lachen brachte.

Rocky, der Gemeindestier ist den Bauern von Untermarktlbrunn lieb und teuer – 30 000 Euro ist ihnen dieser Luxus wert, ihre Kühe einem lebenden Samenspender zuzuführen. Was für ein Drama, als Rocky eines Tages spurlos verschwindet.

Untermarktlbrunn: Katholisch, kleinbürgerlich, langweilig! Alles was nicht dem gängigen Schema entspricht, wird ausgegrenzt, sei es die junge Mutter mit einem türkischen Freund, die deshalb gemieden wird, oder Bewohner, die nicht in den gängigen Vereinen tätig sind. Nur keine Neuerungen – alles soll so bleiben, wie es ist. Und so ist das „Kuh 8“ so exotisch, dass es für Burgi und Anni erst recht anziehend wirkt.

Ein bayrisches Buch ohne Mundart? Undenkbar! Und so kommt auch dieses Buch nicht ohne den bayrischen Dialekt aus. Und damit die „Saupreiß'n“, als die Leute jenseits des Weißwurschtäquators nicht nur Bahnhof verstehen, befindet sich im Anhang des Buches ein recht umfangreiches und äußerst unterhaltsames Glossar, genannt „Kurzes bayrisches Wörterbuch“. Hier finden sich Begriffe von A wie (sich) aufbrezln, über F wie Fleischpflanzerl bis hin zu Z wie zwider.

Und da Burgi ja bekanntlich leidenschaftlich gerne kocht (sie träumt ja, wie bereits erwähnt, von einem Restaurant in Paris), dürfen im Anhang auch die Rezepte nicht fehlen. „Böfflammott“ und „Bsoffne Jungfern“ sind nur zwei der kulinarischen Köstlichkeiten aus Burgis Speisekarte.

KEINE SAU HAT MICH LIEB – Ja, das kann man in Bezug auf Schweine so sagen, wenn frau eine Metzgerin ist. Doch über mangelndes Interesse seitens der Männer kann Burgi sich wahrlich nicht beklagen – auch wenn Burgi das vielleicht nicht so wahrhaben will. Aber vielleicht fehlt es ihr einfach nur etwas an Selbstbewusstsein...


Fazit:

Eine humorvolle Handlung, kurzweilig und äußerst unterhaltsam, ohne dabei jedoch albern zu wirken, was mitunter etwas nervig sein kann, wenn die Handlung übertrieben witzig wirken soll. Hier wurde genau die richtige Dosis Humor verwendet. Doch ebenso verbergen sich in diesem Buch auch die unterschiedlichsten Lebensgeschichten – oft sehr dramatisch, tiefgründig und mitunter auch etwas traurig. Eine gelungene Mischung heiterer und ernster Geschehnisse – meist zum Lachen, mitunter aber auch zum Nachdenken. Von mir erhält das Buch eine absolute Leseempfehlung und hiermit auch 5 wohlverdiente Sterne.

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