Rezension zu Die schöne Diva von Saint-Jacques von Fred Vargas
Eine Diva verschwindet
von Günter-ChristianMöller
Kurzmeinung: Moderne gescheiterte Musketiere
Rezension
Günter-ChristianMöllervor 5 Jahren
Die Opernsängerin Sophia lebt im Pariser Vorort Saint-Jaques.
Als sie eines Tages in ihren Garten blickt, steht dort ein Baum, der über Nacht offenbar von irgendjemandem gepflanzt wurde. Sie fühlt sich bedroht und bittet drei neue Bewohner aus der ‚Baracke‘, einem alten herunter gekommenen Nachbarhaus um Hilfe. Sie bietet den drei eine erstaunliche Menge Geld, wenn sie diesen ‚Fall‘ aufklären. ‚Am Donnerstag drauf, sechzehn Tage später, war Sophia verschwunden.'
Die Charakterisierung der Darsteller ist faszinierend in diesem Buch. Da gibt es die drei gescheiterten Historiker, die von ihrem hohen Turm der Wissenschaft ins Leben der gescheiterten Existenzen hinunter steigen müssen und versuchen in der sozialen Unterwelt Fuß zu fassen . Da ist zunächst der kluge, jähzornige und agile Marc, der sich im Mittelalter verlaufen hatte. Dann der schwerfällige natürliche Matthias, der den Ausweg aus der Steinzeit nicht finden kann. Und der verschrobene Lucien, Spezialist für historische Probleme des Weltkrieg 1914-1918, mit einem halben Gehalt an einer kirchlichen Privatschule. Der einzige in der Wohngemeinschaft der gescheiterten Existenzen mit einem festen, aber kleinen Einkommen. Die drei Protagonisten muten an, wie drei gescheiterte geistige Musketiere, Athos, Portos und Aramis, denen nur noch ein vierter Kamerad fehlt.
Es gibt diesen Kamerad auch tatsächlich. Doch er ist nicht jugendlich wie bei Dumas, sondern alt. Der Patenonkel von Marc trägt den Namen Vandoosler. Ebenfalls gescheitert, denn er ist ein Ex-Bulle, entlassen und degradiert. Kein bißchen leichtsinnig, sondern berechnend und clever.
Die Spannung wird in diesem Buch durch die Unberechenbarkeit der Charaktere erzeugt. Dauernd habe ich gebibbert, was für einen Unsinn werden sie jetzt wohl noch anstellen. Und so blieb es denn spannend bis zum bitteren Ende.