Cover des Buches Britt-Marie war hier (ISBN: 9783810524119)
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Rezension zu Britt-Marie war hier von Fredrik Backman

Es lohnt sich, durchzuhalten

von Antonella vor 8 Jahren

Kurzmeinung: Auch wenn Britt-Marie nicht ganz an Ove heranreicht: es lohnt sich, diese etwas nervige Frau auf ihrem Selbstfindungstripp zu begleiten!

Rezension

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Antonellavor 8 Jahren

Britt-Marie ist 63 Jahre alt, als sie ihren Mann Kent verlässt und sich beim Arbeitsamt um einen Job bemüht. Abgesehen von ihrer fehlenden Ausbildung und Berufserfahrung hat sie noch ein weitaus größeres Manko: ihre fehlende soziale Kompetenz. So treibt sie mit ihrer Sturheit und Pedanterie die freundliche Arbeitsvermittlerin fast in den Wahnsinn, erreicht aber was sie wollte: sie bekommt eine kurzzeitige Hausmeisterstelle in einem stillgelegten Jugendzentrum in Borg. Dort gibt es nichts mehr, die Erwachsenen sind arbeits- und perspektivlos, die Jugendlichen haben noch nicht einmal einen vernünftigen Platz für ihr geliebtes Fußballspiel. Das einzige Geschäft ist eine Kombination aus Post, Pizzeria, Werkstatt, Lebensmittelgeschäft – eben allem, was schließen musste. Geführt wird der skurrile Laden von einer trinkfesten Rollstuhlfahrerin, die es mit Sauberkeit und Gesetzen nicht allzu genau nimmt. Und ausgerechnet dort landet Britt-Marie, die ohne ihre lebensnotwendigen Putzmittel und stundenlangen Putzorgien nicht klarkommt…

„Britt-Marie war hier“ ist der dritte Roman von Fredrik Backman und das Cover erinnert bereits auf den ersten Blick an die Vorgängerromane „Ein Mann namens Ove“ und „Oma lässt grüßen und sagt, es tut ihr leid“. In letzterem ist Britt-Marie auch schon in Erscheinung getreten, wenn auch aus anderer Perspektive. Die beiden Romane sind trotzdem eigenständig, müssen also nicht nacheinander gelesen werden.

Fredrick Backman schreibt in einfacher, leicht lesbarer Sprache. Allerdings stellt er den Leser insbesondere zu Beginn durch ständige Wiederholungen und Beschreibungen der engstirnigen Gedanken von Britt-Marie auf eine schwere Geduldsprobe. Erst später ändert sich dieser Stil, entsprechend der langsamen Entwicklung, die Britt-Marie erstaunlicherweise in Borg nimmt.

Wer diese Art von Humor mag, wird zumindest am Anfang bestens unterhalten. Im Laufe des Romans ändert sich der Erzählstil dann und die Handlung wird zunehmend ernsthafter, ohne dabei auf die humorvollen Anteile zu verzichten.

Besonders gelungen sind die Charakterzeichnungen, auch wenn diese zuweilen etwas überspitzt sind. Britt-Marie ist sicher besonders speziell, aber auch die „Alles-in-einem-Laden“ – Besitzerin ist einfach hinreißend. Sehr liebevoll hat Backman die fußballverrückten Jugendlichen beschrieben, allen voran die beiden Geschwister (Mädchen und Junge) die von ihrem älteren, gerade erst erwachsenen Bruder Sami versorgt werden. Alle drei wirken zunächst nicht unbedingt vertrauenerweckend, aber schon nach kurzer Zeit entdeckt Britt-Marie bei ihnen und insbesondere bei Sami Seiten, die sie nie für möglich gehalten hätte. Und dann ist da noch Sven, der Polizist, der Britt-Marie unbeholfen, aber liebenswert umwirbt.

Meine Erwartungen an dieses Buch waren hoch, nachdem mich „Ein Mann namens Ove“ wirklich begeistert hatte. Britt-Marie konnte diese Erwartungen nicht ganz erfüllen, besonders der Anfang war mir zu gewollt komisch. Gut gefallen haben mir aber viele der skurrilen und auch anrührenden Szenen in diesem Roman. Etliche Personen sind ausgesprochen liebenswert, auch wenn sich das erst später zeigt. Selbst der unsympathische Ehemann Kent hat seine guten Seiten.

Gelungen finde ich das Ende, denn es hat alles, was eine gute Erzählung braucht: Humor, Traurigkeit, Hoffnung und Aufbruch. Und Fredrik Backman hat glücklicherweise auf die richtig große Portion Kitsch verzichtet und stattdessen der Fantasie des Lesers noch ein bisschen Spielraum gegeben.

Trotz meiner Kritikpunkte kann ich Britt-Marie empfehlen, denn es verdient auf jeden Fall immer noch vier Sterne in der Gesamtbewertung. Vielleicht wären es ohne meine hohen Erwartungen auch mehr geworden.

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