Gleich zu Beginn ihres Buches verweist Freya Klier, darauf, dass sie vieles aus dem Folgenden nicht beweisen kann. Da sie ein Opfer der Stasi ist, sieht sie auch manches nicht mehr objektiv. Verübeln kann man es ihr nicht, denn sie leidet bis heute psychisch unter ihren Stasi-Kontakten und gibt an, auch physische Beschwerden zu haben, die sie auf die DDR-Zeit zurückführt. Beweisen wird sie auch das nicht können. Aber sie geht noch viele Schritte weiter und führt im letzten Drittel des Buches immer mehr Fälle von Menschen an, die angeblich von der Stasi langfristig vergiftet oder verstrahlt wurden. Als Kronzeugen treten die jüngsten angeblichen Opfer solcher Attacken auf: Russen, für die Putin höchstselbst die Vergiftung befohlen haben soll.
Man kann das glauben oder es lassen, nur beweisen wird man es nicht können. Und damit entsteht die Frage nach der Glaubwürdigkeit solcher Behauptungen, die schließlich auch die Glaubwürdigkeit der Autorin betreffen. Dass sie auch noch den Barschel-Tod der Stasi unterschiebt, verbessert die Lage nicht, eher im Gegenteil. Warum sollte die die DDR das Risiko eingehen, einen westdeutschen Ministerpräsidenten töten zu wollen und dabei erwischt zu werden? Welchen politischen Sinn und Zweck hätte ein solches Attentat?
Leider gesellen sich in diesem Buch noch andere Ungereimtheiten zu diesen Zweifeln. Freya Klier hat in der DDR gelebt. Sie müsste also Bescheid wissen. Besonders am Ende des Buches häufen sich Kleinigkeiten, die einfach nicht stimmen. Aber sie nähren Zweifel an der Sorgfalt und dem Versuch, die Dinge objektiv betrachten zu wollen. Ich kann ihr es nicht übel nehmen, wenn sie das nicht kann. Aber es ist eben etwas anderes, eine persönliche Sichtweise zu besitzen oder aber ein Buch zu schreiben, in dem sich unzählige Behauptungen befinden, die man nicht beweisen kann , die aber andererseits als Tatsachen dargestellt werden.
Bei Beschreibungen aus der DDR, die nichts mit der Stasi zu tun haben, beginnt mein dann deutlich zunehmendes mulmiges Gefühl. In Jena nimmt sich eine Frau das Leben. Klier glaubt nicht an Selbstmord. Dann schreibt sie (172): "Eine Todesanzeige im Neuen Deutschland wird nicht gedruckt. Wochen später bekommt Gisela Uschkoreit das bereits gezahlte Geld kommentarlos zurück. In der Volkswacht und der Thüringer Landeszeitung wird sie (die Anzeige) gedruckt." Das Zentralorgan der SED war eine überregionale Zeitung, die nie lokale Todesanzeigen druckte. Die Volkswacht war die SED-Zeitung des Bezirkes Gera, sie veröffentlichte ohne Probleme die Anzeige. Die Thüringer Landeszeitung war das Organ der LDPD (eine Art Ost-FDP) in den Bezirken Gera und Erfurt, hieß (und heißt) in Wirklichkeit Thüringische Landeszeitung. Was sollen solche merkwürdigen und zum Teil falschen Einlassungen dem Leser eigentlich sagen? Und: Wenn eine Autorin keine Sorgfalt bei solchen unbedeutenden Kleinigkeiten hat, warum sollte sie sie dann insgesamt besitzen?
Ich könnte noch zahlreiche andere solcher unscheinbaren Kleinigkeiten anbringen, die mich verwirrt haben. Keine Kleinigkeit ist jedoch eine Bemerkung auf Seite 212, nach der 1989 das Jahr war, "in dem Gorbatschow Glasnost und Perestroika auch in der DDR einführte". Das ist kompletter Unfug. Bekanntlich hat Gorbatschow Honecker bedrängt, ihm zu folgen, doch das passierte eben gerade nicht. Man kann über die senile SED-Clique denken was man will, muss ihr aber lassen, dass sie in ihrem Sinne schlauer waren. Gorbatschows Maßnahmen wären ihr Ende gewesen. Sie waren es schließlich auch, denn der sowjetische Obergenosse ließ sie anschließend fallen, was erst die sogenannte friedliche Revolution ermöglichte. Wieso Klier einen solchen, oben zitierten Blödsinn in ihr Buch aufnimmt, verstehe wer will.
Nach meinem Empfinden ist das ganze Buch von einer Weltsicht durchdrungen, die alles andere als objektiv ist. Ich kann völlig verstehen, dass sie vielen Menschen, die ihren Widerstand gegen das SED-Regime mit ihrem Leben oder ihrer Gesundheit bezahlten, ein Denkmal setzen wollte. Unter diesen Menschen ist auch ihr Bruder.
Aber der Widerstand gegen die SED, heute als DIE LINKE umfirmiert und mit dem Anstrich einer "demokratischen Partei" getarnt, war unbedeutend, unorganisiert und sinnlos. Nicht an diesem punktuellen Widerstand ist die DDR zerbrochen, sondern an der Unfähigkeit, eine freie Wirtschaft zu ermöglichen. Die DDR war bereits 1985 pleite und völlig heruntergewirtschaftet. Eine freie Wirtschaft braucht freie Menschen. Und freie Menschen konnte die SED nicht zulassen, weil Linke einen unerschütterlichen totalitären Anspruch auf den Besitz der alleinigen Wahrheit zu haben glauben. Der unvermeidliche Untergang eines solchen Regimes kann sich jedoch schier endlos hinausziehen, wie das Beispiel der DDR zeigt. Ich kann jedem nur empfehlen, sich Dokumentarfilme aus dem Jahre 1990 anzusehen, die ostdeutsche Städte zeigen. Diesen Verfall kann man sich heute kaum noch vorstellen.
Klier sieht die Geschichte der DDR aus ihrem speziellen Blickwinkel, was man ihr nicht verdenken kann, schließlich war der Widerstand gegen das Regime ihr Lebensinhalt. Und so ist dieses Buch ein nicht wirklich objektiver, also in eine Richtung verzerrter Bericht, der vieles Behauptungen enthält, auch sehr abenteuerliche, die man wohl nie beweisen können wird, selbst wenn sie wahr sein sollten.