Rezension zu Wildes schönes Tier von Fridolin Schley
Rezension zu "Wildes schönes Tier" von Fridolin Schley
von dzaushang
Rezension
dzaushangvor 15 Jahren
"Wildes schönes Tier", dieses kleine, schmale Bändchen mit seinen sechs Erzählungen hat mich von der ersten Seite an begeistert. Die Geschichten von Fridolin Schley sind tiefgründig und spannend inszeniert: Da spioniert ein Student in der Bibliothek die E-Mail Korrespondenz einer unbekannten Schönen aus und entscheidet sich zu einem folgenschweren Schritt; Ein Deutscher, auf seinen endlosen Streifzügen durch London, stolpert, aus einem Gefühl unbestimmter Erwartung heraus, in eine Parallelwelt zur hektischen Betriebsamkeit der Metropole und hat, eine zu gleichen Teilen beängstigende und faszinierende, Begegnung mit einem wunderlichen, alten Landsmann. In einer weiteren Erzählung entdeckt der Sohn, auch hier mehr oder weniger, per Zufall, ein lange gehütetes Geheimnis seiner Mutter. Alle Geschichten leben von diesem einen, winzigem Augenblick, in dem das Außergewöhnliche, das zuvor Undenkbare dem jeweiligen Protagonisten schlagartig bewusst wird. Das Unvorhersehbare, das bisher Undenkbare und für unmöglich gehaltene, bricht es erst einmal in das Leben ein, kann wie das Salz in der Suppe wirken. Es kann aber auch, zur Demonstration der eigenen Machtlosigkeit geworden, zur schmerzhafte Trennung von Liebgewordenem beitragen.