Cover des Buches Käfersterben (ISBN: 9783866679061)
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Rezension zu Käfersterben von Friederike Schmöe

Unblutig, charmant beschaulich: ein Krimi wie ein Sommercocktail

von WolfgangB vor 10 Jahren

Rezension

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WolfgangBvor 10 Jahren
Eine Reihe von VW-Käfern, die mit Samurai-Schwertern aufgespießt regelrecht hingerichtet wurden, markiert den Ausgangspunkt des mittlerweile vierten Falles der sympathischen Privatdetektivin Katinka Palfy. Kurz darauf wird sie von ihrer Freundin, der Wiener Bildhauerin Dani Zanini kontaktiert, die begeistert von ihren neuen Projekten berichtet. Als Dani nach einem telephonischen Hilferuf spurlos verschwindet, schellen bei Katinka sämtliche Alarmglocken. Besteht etwa ein Zusammenhang zu den ermordeten Automobilen? Ihre Ermittlungen führen sie sowohl zu einem Treffen von Liebhabern zeitgenössischer Automobile, den Newtimern, als auch in eine Bamberger Künstlerenklave, deren Mitglieder sich mit ihren Aktionen am Rande der Legalität bewegen. Schließlich muß Katinka auf die Expertise ihres Vaters, eines renomierten Architekten zurückgreifen, der auf irgendeine Weise in den Fall verwickelt scheint ...

Handelt es sich bei "Käfersterben" um einen Krimi oder nicht? Immer wieder drängt sich diese Frage beim Hören auf, und erst gegen Ende will man sie zaghaft mit Jein beantworten. Die Geschichte beginnt nicht wie für das blutige Genre typisch mit einem gewaltsam zu Tode gekommenen Menschen, sondern mit einem Delikt, das unter Sachbeschädigung rangiert. Folglich entspricht der Ezählduktus eher einer Detektivgeschichte für Jugendliche als einer Mordermittlung. Viel eher diesem Genre zuzuordnen ist auch eine Szene, in der Katinka mit einer befreundeten Reporterin unbemerkt in das Haus der Künstlergemeinschaft eindringt und eine Festplatte aus einem Laptop stiehlt, ohne auch nur einen Gedanken an die möglichen Konsequenzen zu verschwenden. Natürlich kommen die beiden ungeschoren davon, die Aktion wird als harmloser Jugendstreich verbucht. Als endlich doch eine Leiche gefunden wird, sind bereits gut zwei Drittel der Erzählzeit absolviert. Der Eindruck, alibihalber einem Etikett gerecht werden zu müssen, wird dadurch verstärkt, daß nach einem - zugegeben feurigen - Showdown der Ausklang der Geschichte bei einem ausführlich geschilderten Grillfest begangen wird ... beinahe so, als müsse sich die Autorin für ihren Mut selbst noch einmal belohnen.

Man mag dem Roman also unterstellen, er plätschere viel zu lange belanglos vor sich hin. Andererseits bietet sich auch jene Lesart an, nach der die Befindlichkeiten der Protagonisten seine eigentliche Stärke darstellen. Viel Zeit und Energie verwendet die Autorin nämich darauf, die alltäglichen Aktivitäten akribisch detailliert auszugestalten. So etwa darf man Katinka beim Schlottern nach einem kalten Regenguß beobachten, beim Zähneputzen oder, wenn sie ihre Brille verliert. Mindestens ebenso viel Mühe ist auch in die liebevolle Zeichnung origineller Figuren geflossen. Harduin Uttenreuther etwa ist gewiß kein Allerweltsname, den bei Friederike Schmöe der ermittelnde Kommissar trägt. Wenn sich aus ermittlungstechnischer Sicht der Ausflug zu den "Youngtimern", einer Gruppe von Autoliebhabern als Sackgasse erweist, so lohnt sich der Umweg doch, wenn man auf schrullige Mechaniker stößt. Auch die Mitglieder der Künstler-WG wirken nicht mit kreativer Freiheit ersonnen, sondern als mit spitzer Feder entworfene Karikaturen real existierender Vorbilder. Allerdings

Die Sprecherin Saskia Kästner besticht durch ihre angenehm warme Erzählstimme, der dem Ton der Erzählung überaus gerecht wird. Allerdings sollte sie Akzente wohl besser meiden. Kann man ihr den Versuch eine französischen Einschlags noch nachsehen, ist ihre Imitation des Wienerischen unerträglich. Wenn sie in der Rolle von Katinkas Freundin Dani oder ihres Vaters Ignaz Palfy spricht, schmerzt dies nicht nur in den Ohren, er ist zudem auch falsch angelegt. Die Verschleppung des Schwa-Lautes bei Suffixen (etwa im Verb kommen) ist in Deutschland gebräuchig, nicht jedoch für Österreich. Gleiches gilt für ein -g am Wortende, das als -ch ausgesprochen wird. Einen Wiener wird man also relativ selten von "Bamber-CH" sprechen hören ...

Fazit: Eine in der Leichtigkeit einer sommerlichen Cocktailparty vorgetragene Detektivgeschichte mit Krimielementen und liebevoll gezeichneten Figuren.
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