Cover des Buches Megacrash – Die große Enteignung kommt (ISBN: 9783864455643)
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Rezension zu Megacrash – Die große Enteignung kommt von Günter Hannich

"Wirklich gelernt hat die Menschheit als Ganzes aus der Vergangenheit nie etwas"

von Dr_M vor 6 Jahren

Rezension

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Dr_Mvor 6 Jahren
In Zeiten, in denen immer neue enorme gesamtgesellschaftliche Risiken entstehen, muss man sich nicht wundern, wenn sich Crashvorhersagen häufen. Günter Hannich sagt in diesem Buch einen Megacrash des Finanzsystems und damit der Gesamtkonstruktion der westlichen Gesellschaften voraus. Damit ist er nicht alleine, denn die Spannungen im ökonomischen System der westlichen Welt sind gigantisch. Eine wesentliche Zinserhöhung halten zum Beispiel einige europäische Nationen, etwa Italien, nicht mehr aus. Sie würden in die Pleite rutschen und das gesamte Euro-System mitreißen. Man muss inzwischen wahrlich kein Prophet sein, um das vorauszusagen.

Hannich gehört zu den Autoren, die in diesem Zusammenhang eine Deflation erwarten. Auch damit wird er wahrscheinlich Recht behalten. Seine Vorsorge-Ratschläge sind nicht wirklich überraschend. Für den Ernstfall sollte man Einiges an Bargeld bei sich haben, möglichst in kleinen Scheinen, vielleicht dazu Fremdwährungen, wie zum Beispiel die norwegische Krone, und Edelmetalle in kleinen Stückelungen, etwa Gold oder Platin. Darüber hinaus rät er zur Vorsorge bei Lebensmitteln und Wasser. Darauf kann man selbst kommen, wenn man ein wenig über solche Situationen nachdenkt.

Ein Buch muss man darüber also nicht unbedingt schreiben. Und deshalb holt Hannich auch etwas weiter aus und kritisiert „das System“. Seinen Fans oder Leuten, die sich nicht wirklich in ökonomischen Fragen tiefer auskennen, werden ihm sicher alles glauben, was in diesem Buch steht. Ich habe das leider nicht geschafft. Und ehrlich gesagt begreife ich nicht, wie man die in diesem Buch vorhandenen Widersprüche als Autor nicht selbst bemerken kann.

Hinten im Buch beschreibt Hannich die Szenarien einer Deflation. Insbesondere warnt er vor dem Kauf kreditfinanzierter Immobilien, weil diese gegenwärtig völlig überteuert seien und diese Blase zwangsläufig platzen werde. Kommt es dazu, fallen also die Immobilienpreise, dann könnten Kreditnehmer allein schon deshalb in Schwierigkeiten kommen, weil die Sicherheiten, die Banken für ihre Kredite verlangen, plötzlich nicht mehr in der Höhe des Kredits vorhanden sind. Ein eventueller Verlust des Jobs der Kreditnehmer verschlimmert das Szenario dann noch zusätzlich. Kurz gesagt: Kredite können mit der Blase platzen. Die Krise in den USA von 2007 und 2008 ist dafür ein Muster.

Vorne im Buch kann es sich Hannich jedoch nicht verkneifen, sich über exponentielles Wachstum auszulassen. In diesem Zusammenhang zelebriert er den Josephspfennig, den Gegner des sogenannten Zinseszinssystems immer als Beispiel für dessen Fehlkonstruktion ansehen. Wenn also der gute Joseph für seinen Jesus bei dessen Geburt einen Pfennig zu jährlich fünf Prozent Zinsen angelegt hätte, wären daraus im Jahre 2000 so ungefähr 200 Milliarden Erdenkugeln aus purem Gold geworden.

Du meine Güte, da staunt der verblüffte Mensch. Und er wundert sich, warum so ein Zuwachs an Reichtum auf diese Weise noch bei niemandem in der Realität wenigstens ansatzweise geglückt ist. Ja, warum wohl? Weil mit dieser ganzen Rechnung, die übrigens stimmt, ein fataler Denkfehler verbunden ist, den Ökonomen gerne machen. Sie vergessen nämlich konsequent die Voraussetzungen, wenn sie irgendeine Art von Mathematik anwenden. Und hier lautet sie: Geld zu verleihen ist risikolos. Haben wir aber von Herrn Hannich nicht auch in diesem Buch gelernt, dass Kredite platzen können? Es hätte dem guten Joseph und seinen nicht vorhandenen Nachfahren also während eines so langen Zeitraumes mit hoher Wahrscheinlichkeit passieren können, dass ihr immer als Ganzes verliehenes Geld auf einmal futsch gewesen wäre.

Wer übrigens das sogenannte Zinseszinssystem abschaffen will, muss den Zins abschaffen. Das ist einfache Logik. Später im Buch beschreibt Hannich Wechselkurse und betont, dass sie wichtige ökonomische Informationen enthalten. Ja, auch der Zins enthält solche enorm wichtigen Informationen. Allerdings muss er dazu ökonomisch frei sein und darf nicht von einer Zentralbank planwirtschaftlich festgelegt werden. Realistische Zinsen hätten selbst im gegenwärtigen Geldsystem viele Blasen nicht entstehen lassen.

Leider ist hier nicht der Platz, um die Rolle des Zinses darzulegen. Tatsache ist jedoch, dass das Währungssystem, mit dem wir jetzt leben müssen, die wahre Ursache für sein nicht aufzuhaltendes Kollabieren ist und keineswegs der Zins. Jedes Papiergeldsystem kracht irgendwann deshalb zusammen, weil es beliebig ausgedehnt werden kann, ohne dass noch ein Zusammenhang mit der realen ökonomischen Welt besteht. Papiergeld besitzt eben keinen inneren Wert. Und unser jetziges Geld ist nur Kredit. Es entsteht als Kredit und verschwindet, wenn dieser abbezahlt ist. Diese Zusammenhänge sind leider vielen Menschen nicht wirklich bewusst. Wahres Geld verschwindet nicht, weil es einen inneren Wert besitzt. Und es würde immer wertvoller werden, wenn sein Umfang begrenzt wäre und die Wirtschaft immer mehr Produkte erzeugt.

Abgesehen von diesen mit dem Zins verbundenen Irrtümern und einigen anderen fragwürdigen Stellen (etwa zu den Ursachen der Weltwirtschaftskrise der 1930er Jahre) kann man in Hannichs Buch zahlreiche Informationen finden, die die jetzt entstandene Situation beleuchten. Übrigens auch unerwartete, etwa zur Bevölkerungsentwicklung. Mir war beispielsweise das dramatische Ungleichgewicht zwischen den Geschlechtern überhaupt nicht bewusst.

In den letzten Abschnitten geht es um den gesellschaftlichen Verfall, der durch die ungesteuerte Zuwanderung noch erheblich verschärft wird. Viele Menschen sind zwar inzwischen schon recht unruhig, doch offenbar sieht die Mehrheit die drohenden Gefahren nicht oder will oder kann sie nicht sehen. Wenn wenigstens die Hälfte der deutschen Kredite im Ausland inzwischen als verloren gelten (Target2), dann wird die deutsche Bevölkerung dafür blechen müssen. Das ist inzwischen ein Betrag, der die 500 Milliarden-Grenze bald überschritten haben wird. Dazu kommen noch Risiken aus der irrsinnigen Euro-Rettungsorgie. Implizite Staatschulden, beispielsweise für Pensionszusagen, gehören ebenso in dieses Szenario wie die expliziten Schulden durch Kredite.

Man muss Hannich außerdem danken, dass er in diesem Buch mit dem Mythos aufräumt, Deutschland wäre ein reiches Land. Das wird immer von denjenigen behauptet, die es aussaugen, wo immer sie können. Die Realität ist eine ganz andere.

Immobilienbesitzern oder Menschen, die Häuser als Krisenschutz ansehen, werden Hannichs Ausführungen zu Immobilien nicht gefallen. Leider wird er wohl Recht behalten, denn die historischen Erfahrungen sind dementsprechend. Selbstverständlich kann man die Ausführungen im letzten Kapitel zur persönlichen Vorsorge für leicht übertrieben halten. Das wird man insbesondere dann tun, wenn man Optimist ist und sich die entsprechenden Szenarien nicht vorstellen kann, weil man sie nicht kennt und die Generationen, die so etwas noch erlebt haben, wohl langsam aussterben.

Die gewohnte Welt kann allerdings schneller zusammenbrechen als man denkt. Die deutsche Geschichte der letzten hundert Jahre ist dafür voller Beispiele.
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