Zitate aus dem Rezensionsbuch
a) S. 9: "Der Neomonetarismus erfuhr als sozialreaktionäre Strömung
ökonomischen Denkens auf dem Hintergrund zunehmend konser-
vativen Denkens in der bürgerlichen Gesellschaft in den 70er Jahren
eine starke Belebung. Unter konservativem Denken1 verstand
man die erhöhte Aktivität konservativer Ideologen, aber auch die
Tendenz bei den rechten bürgerlichen Parteien, sich traditioneller
oder modifizierter Argumente des Konservatismus zu bedienen.
Man nahm an, daß es sich hierbei um eine kurzzeitige Erscheinung
handelt, die sich wie eine Welle über die in der bürgerlichen Gesell-
schaft verbreitete Ideologie ergießt, die aber auch bald wieder zurück-
flutet, ohne die bisherige Situation grundlegend verändert zu haben.
Inzwischen hat sich jedoch herausgestellt, daß wir es mit einem
dauerhaften und tiefergehenden Prozeß zu tun haben, als zunächst
angenommen wurde. Es kam zu wesentlichen Veränderungen des
ideologischen Modells, das in den hochentwickelten kapitalistischen
Ländern spätestens seit Mitte der 50er Jahre vorgeherrscht hatte.
Insbesondere vollzog die herrschende Klasse einen Wandel in den
Präferenzen, von denen sie sich in ihrem Verhältnis zu den ver-
schiedenen ideologischen Strömungen leiten läßt. Während in den
vergangenen Jahren, die in den kapitalistischen Industriestaaten
durch eine aufsteigende wirtschaftliche Entwicklung gekennzeichnet
waren, der bürgerliche Liberalismus und der ihm nahestehende
Sozialreformismus und in der bürgerlichen politischen Ökonomie
der Neokeynesianismus die erste Stelle eingenommen hatten, trat mit der rapiden Zuspitzung der ökonomischen und folglich auch
der sozialen und politischen Probleme des heutigen Kapitalismus
der Konservatismus, und zwar in traditioneller wie in modifizierter
(neokonservativer) Gestalt, an die Spitze, und offenbar wird er diese
Position sobald nicht wieder aufgeben.
Die politökonomische Grundlage der meisten Ratschläge, die von
den Neokonservativen erteilt werden, bildet der von uns in den
Mittelpunkt dieses Buches gestellte, in sich sehr heterogene Neo-
monetarismus. Zunächst wurde der Neomonetarismus unter dem
Begriff der sogenannten „Chicagoer Schule" bekannt. Zu ihr zählen
vor allem Milton Friedman, Anna Schwartz und Henry Simons. Zur
österreichischen Schule werden Ludwig von Mises und Friedrich
Hayek gerechnet. Die fiskalische Schule hat mit Karl Brunner und
Allan Meitzer ihre Hauptvertreter. In jüngster Zeit ist eine weitere
Variante neomonetaristischen Denkens aus der Chicagoer Schule
hervorgegangen, die in der Literatur als Theorie der rationalen
Erwartungen bezeichnet wird. Zu ihr sind vor allem Robert Lucas,
Thomas Sargent, Edmund Phelps und John Muth zu zählen. Gemeinsames Hauptmerkmal all dieser dem Neomonetarismus
zuzurechnenden Schulen ist die von allen vertretene These von der
inneren Stabilität des kapitalistischen Systems bei vollständiger
Konkurrenz. Dementsprechend wurde die krisenhafte Entwicklung
der kapitalistischen Wirtschaft damit erklärt, daß die staatlichen
Eingriffe in die Wirtschaft, speziell die übermäßigen Steuern, das
Investitions- und Arbeitsinteresse „abgetötet" hätten und daß sich
die Herabsetzung der „natürlichen" Arbeitslosenrate negativ auf die
Arbeitsmoral ausgewirkt habe. Und schließlich habe man sich auch
infolge der fehlenden Kontrolle über die im Umlauf befindliche
Geldmenge von der vollständigen Konkurrenz entfernt.
Die Neomonetaristen orientieren auf maximale Verwertung des
Geldkapitals und eine Umorientierung in der Geldpolitik des Staates
zur Umverteilung des Nettoprodukts im nationalen und inter-
nationalen Maßstab zugunsten des Finanzkapitals.
Die Anerkennung als führende Richtung bürgerlichen ökono-
mischen Denkens in den 80er Jahren in den U S A und den anderen
imperialistischen Hauptländern verdankt der Neomonetarismus vor
allem seinem Beitrag zur ideologischen und politischen Absicherung
der finanzkapitalistischen Mobilmachung des Imperialismus als
ökonomische Voraussetzung einer Politik der sozialen Revanche im
globalen Maßstab."