Gabriele Herbst

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Lebenslauf

Gabriele Herbst hat sich nach ihrer Karriere als Rechtsanwältin und Sales Consultant dem kreativen Schreiben gewidmet. Bei Erscheinen von Chat-GPT hat sie das Potential der künstlichen Intelligenz (KI) für die schreibende Zunft erkannt und sich von Anfang an damit beschäftigt, wie sie sinnvoll angewendet und in Arbeitsprozesse integriert werden kann. Neben ihrer Tätigkeit als Autorin hat sie es sich zur Aufgabe gemacht, ihren Kollegen diese neue Technologie näherzubringen. Wenn sie nicht gerade schreibt, spielt sie Querflöte oder ist mit ihrem Hund in der Natur unterwegs.

Quelle: Verlag / vlb

Alle Bücher von Gabriele Herbst

Neue Rezensionen zu Gabriele Herbst

Cover des Buches Living Dolls (ISBN: 9783596189960)

Rezension zu "Living Dolls" von Natasha Walter

Ein LovelyBooks-Nutzer
Wer es nicht glauben mag, muss es lesen!

Ich beschäftige mich mittlerweile seit knapp 20 Jahren wissenschaftlich mit sozialen Ungleichheiten und Ungerechtigkeiten. Dabei liegt mein Schwerpunkt nicht gerade auf Geschlechterfragen, aber nicht erst seit der Intersektionalitätstheorie ist das Zusammenspiel verschiedener Diskriminierungsarten in den Sozialwissenschaften bekannt. Immer wieder beschäftige ich mich deshalb auch mit Fragen des Sexismus, des Feminismus, der Geschlechteremanzipation sowie der Unterdrückung und Ausbeutung von Frauen oder nicht normkonformen Geschlechterstereotypen.

Natasha Walter ist britische Journalistin und widmet sich in „Living Dolls“ dem „neuen Sexismus“, der eigentlich auch der alte ist. Und auch wenn mir alles theoretisch klar ist, bin ich immer wieder geschockt, empört und manchmal auch paralysiert, ob der Beispiele die Natasha Walter anführt. Eigentlich schreibt sie nichts Neues, eigentlich ist alles bekannt oder besser: sollte bekannt sein. Eigentlich dürften die Beispiele überhaupt nicht mehr überraschen und doch ist es die geballte Darstellung, die mich immer wieder aufs Neue erschüttert.

Was veranlasst junge Frauen dazu, sich nur noch über ihr Aussehen zu definieren? Vor allem nicht ihr Aussehen, so wie sie es mögen, sondern das Aussehen, wie es die vermeintliche Mehrheit der Männer möchte oder zumindest die Verantwortlichen in Film- und Werbebranche. Warum machen sich manche Frauen freiwillig zu Püppchen, Pussys und Schlampen? Und auch hier wieder: es geht nicht um die selbstbestimmte Aneignung dieser Begriffe (wie es Pussy Riot, Pussy Terror o.ä. darstellen), sondern die abwertende Fremdbeschreibung von Chauvinisten wird zur anerkannten Selbstbezeichnung. Lebensziel Onanievorlage. Was läuft nicht richtig mit unseren Gesellschaften?

Die Anti-Rassismus-Aktivistin Jane Elliott hat in ihrer großartigen Workshop-Dokumentation „Blue eyed“ 1996 aufgefordert: stop to be cute! Hören Sie auf süß zu sein! Und genau das ist es, was man bei all den Beispielen von Natasha Walter ausrufen möchte. Hört auf! Hört auf Untertan zu sein und den ganzen Sexismus einfach wegzulächeln. Hört auf Püppchen sein zu wollen. Niemand wird es euch danken. Wer sich ausschließlich oder vornehmlich über sein Aussehen definiert, verdinglicht sich selbst zu einem Objekt und nicht zuletzt zu einem Sexobjekt. Es ist die absolute Entfremdung von den eigenen authentischen Gefühlen. Es ist eine beschädigte Selbst- und Weltwahrnehmung. Diese kommt aber nicht qua Natur oder Schicksal daher, sondern ist Menschen- und vor allem Männergemacht, was nicht bedeutet, das hier faktisch Männer an der Unterdrückung arbeiten – das kommt natürlich vor – aber viel eher ist es ein Nutzen und Ausnutzen der Privilegien, die das Patriarchat mit sich bringt.

Das Strukturelle zeigt sich dann im alltäglichen Faktischen. Über Barbie-Puppen muss man mittlerweile nicht mehr reden. Nicht, weil das damit verbundene Problem der Idealisierung einer bestimmten Körperform längst geklärt wäre, sondern weil es einfach noch viel schlimmer geht. Ich kannte Bratz-Puppen (Google-Bildersuche) bis dahin nicht. Ultradünn, immer sexy gekleidet, aufgespritzte Lippen (WTF), Miniröcke, hochhackige Schuhe und Lippenstift. Die It-Girls als Spielzeug für die neue Generation der It-Girls. „It’s good to be a Bratz“ krakeelt es von der Webseite von MGM. Und hier kann man sich den unverblümten Sexismus auch anschauen.

Nicht alles ist dabei direkt übertragbar auf Deutschland, oder vielleicht sollte man besser schreiben: noch nicht. Die Bratz Puppen scheinen mir in Deutschland nicht ganz so verbreitet. Auch Walters Beispiele von jungen Frauen, die sich als „Sport“ dem Poledance widmen, scheint mir in Deutschland keine ebensolche Verbreitung gefunden zu haben, wie in England oder den USA. Das ändert natürlich nichts daran, dass der Sexismus sich hier andere Bahnen bricht.

„Die hochgradig sexualisierte Kultur in unserem Umfeld wird toleriert und sogar begrüßt, weil sie auf der Illusion von Gleichberechtigung gründet.“ Der unerschütterliche (Aber)Glaube, dass Gleichberechtigung ja mittlerweile hergestellt sei, (ver)führt viele junge Frauen dazu, ihren Körper, ihr Aussehen und ihre sexuelle Verfügbarkeit in den Vordergrund zu stellen. Jetzt könne man es ja ganz selbstbestimmt machen, so wohl der Selbstbetrug. Wie gesagt spricht überhaupt nichts gegen die emanzipierte Aneignung von Lust und Sex. Nur ist es eben häufig keine selbstbestimmte Aneignung, sondern eine Unterwerfung. Man glaubt sich frei und schlüpft doch nur in genau die Rolle, die für einen vorgesehen war. Natasha Walter liefert hierfür reichlich Belege, die auch immer wieder mit einem recht umfangreichen Anmerkungsapparat belegt sind (ohne jedoch wissenschaftlich zu werden oder sein zu wollen).

Ich kann „Living Dolls“ unbedingt empfehlen. Es ist sicherlich keine theoretische Literatur zur Begründung eines neuen Feminismus. Vielmehr ist es eine Sammlung dessen, was hier ganz gewaltig schiefläuft. Insofern kann es auch als Einstieg und Anregung verstanden werden, um sich mit den Themen Sexismus und Feminismus zu beschäftigen. Vielleicht sollten solche und ähnliche Bücher Pflichtlektüre in der Schule werden. Oder zumindest ab einem gewissen Alter auf dem Nachttisch jedes Menschen liegen.

Cover des Buches Living Dolls (ISBN: 9783810523778)
M

Rezension zu "Living Dolls" von Natasha Walter

Mario_Veraguth
Rezension zu "Living Dolls" von Natasha Walter

Wie andere Bereiche der positiven Gesellschaftstransformation kam auch der Feminismus in den 70er und 80er Jahren zu einer Hochblüte, die sogar zu vorurteilsfreien und gleichberechtigten Spielkonzepten in der Kindererziehung und einem Abrücken von Klischees, Rollenbildern und Stereotypen führte. Leider muss rückblickend betrachtet von einer ernüchternden bis deprimierenden Bilanz gesprochen werden.

Nicht nur, dass sich die Unterdrückung und Verdinglichung des weiblichen Geschlechts in subtilerer und besser zu vermarktender Form in das Bewusstsein der Menschen geschlichen hat. Viel mehr fördern die emsigen Meinungsmacher eine Toleranzentwicklung für Dinge, die früher undenkbar gewesen wäre. Denn um der Sexualisierung von Kindheit und Jugend zur Konditionierung auf angebliche geschlechtsspezifische Verhaltensmuster ein ehrbares Gewand zu geben, wird es als freie und individuelle Entscheidung verkauft. Also soll die neue Form der Gleichberechtigung aus der Farbe Pink, der Salonfähigkeit von Stangentanz und der Verherrlichung oberflächlicher Filmsternchen bestehen.

Ungünstig nur, dass die so generös offerierte Berechtigung zu permanenten Modewahn, Schminkfetisch und oberflächlicher Prinzessinenwelt zwar der Traum der narzisstischen Opportunistinnen, dafür aber das Gefängnis von individuellen und kritischen jungen Frauen und Mädchen wird. Wenn promiskuitives und von Jugendwahn geprägtes Denken und Handeln zum Ideal erhoben wird, freuen sich vor allem die Vermarkter von Kleidung, Tand und darauf vorbereitendem Spielzeug.

Denn frei über die Köpfe der involvierten Personen hinweg angenommen, nutzt die lebenslängliche und nicht zu gewinnende Hatz auf perfektionierte Oberflächlichkeit und sinnentleertem Innenleben vor allem Handel, Wirtschaft und ewigem Wachstum. Wo käme man mit einer Majorität der Einkaufsasketen hin? Gar in eine Postwachstumsökonomie samt nachhaltiger, verantwortungsbewusster Wirtschaftsweisen. Nicht auszudenken.

Also darf ruhig auch Softpornografie durch Werbung, Musik, Film und Fernsehen zusehends als tolerierbar und Zeichen eines modernen Denkens gewertet werden. Denn, und das ist durchaus gewitzt, wer sich darüber brüskiert, gilt automatisch als prüder und unterhaltungsfeindlicher Miesmacher aus vorsintflutlichen Zeiten.

Bei echter, harter Pornografie, die noch nicht ganz so verharmlosend dargestellt werden kann, liegt das Problem im schlichten Totschweigen der Tatsache, dass durch die Verbreitung des Internets und Smartphones jedes Kind mit Dingen konfrontiert wird, zu denen früher teils nicht einmal Erwachsene Zugriff hatten. Wie sich das Beziehungsbild dieser Generation definieren wird, das durch Videos voll tiefster Frauenverachtung und gewalttätigen, entmenschlichenden Darbietungen ohne Gefühl geprägt wird, bleibt abzuwarten.

Ironischerweise gehörten die neokonservativen, fundamentalistischen Gruppierungen, die auf der anderen Seite Neoliberalismus verherrlichen, zu den schärfsten Kritikern des immer zügelloseren und schnelleren Verfalls der Sitten. Es entspricht ganz ihrem schizophrenen Weltbild, eine Wirtschaftsordnung zu fördern, die derartige Auswüchse verursacht, steigert und bewusst idealisiert, während sie sich über die daraus resultierenden Konsequenzen echauffieren.

Es werden von den vielen Studien zu den spezifischen Eigenarten von Männern und Frauen vornehmlich diejenigen, die einseitige und unwissenschaftliche Schlussfolgerungen zulassen, in den Medien groß herausgebracht. Von der überwiegenden Mehrheit der, Geschlechtsunterschiede als unwesentlich bestätigenden, Untersuchungen wird dagegen kaum gesprochen.

Für ein Mädchen vom Kleinkind bis zur jungen Frau ist es der Gruppendynamik sei Dank mittlerweile schwer geworden, sich sozial ungeächtet den Trends zu verschließen. Wenn suggeriert wird, dass durch billiges zur Schau stellen und leichtlebige Moral Erfolg und Ansehen garantiert sind, bedarf es beträchtlicher Willensstärke und dem eher raren Glück eines guten Freundeskreises, um der Versuchung des billigen Glanzes zu widerstehen.

Ganz abgesehen von den Auswirkungen auf die Beziehungen und späteren Mutterrollen und Vorbildfunktionen dieser jungen Menschen.

Wenn das Ziel und unhinterfragbare Ideal eines Gesellschaftssystems darin besteht, nach den phänomenalen Erfolgen der früheren Frauenbewegungen und Gleichberechtigungsinitiativen, den Rückschritt in eine schon anachronistisch gewähnte Blau-Pinkmalerei zu forcieren, anstatt das enorme Potential der Hälfte der Bevölkerung durch Bildung und die Schaffung erstrebenswerter Vorbilder vollends nutzbar zu machen, können Zweifel an der Dünkelhaftigkeit der westlichen Industrienationen und ihrer verlogenen Moral aufkommen.

Cover des Buches 150 psychologische Aha-Experimente (ISBN: 9783827428431)
eike_rappmunds avatar

Rezension zu "150 psychologische Aha-Experimente" von Serge Ciccotti

eike_rappmund
Super Übersicht, schnelles Nachschlagewerk

Oh, wer kennt es nicht? Wenn man es wieder einmal genau wissen will, ist man am Suchen und Blättern in all den Hunderten von Forschungsarbeiten, die sich meist als PDFs in irgendwelchen Archiven auf der Festplatte stapeln oder sich hinter diversen Links in Lesezeichen verstecken. Aber nicht nur das, auch ist es manchmal mühselig, sich durch all die englischen Fachtermini zu quälen, um den Text flüssig und richtig sich erschließen zu können. 

Mit diesem kleinen Büchlein erleichtert der franz. Psychologieprofessor es dem neugierigen Grundlagenforscher extrem. Übersichtlich sortiert und nett aufbereitet sammelt er klassische, kuriose und moderne Forschung auf ein paar hundert Seiten. Schnell ist gefunden, was man sucht, rasch wieder im Gedächtnis, was man schon beinahe verloren geglaubt hat. 

Und wiederbeleben bzw. neu entdecken kann man in seinem Buch einiges. Seine 370 Seiten hat er übersichtlich in sieben Kategorien gegliedert. Von der Hirnmechanik bis zum zwischengeschlechtlichen Wechselspiel. Man findet wirklich eine ganze Menge. Jede Vorstellung schließt Ciccotti mit einem Fazit und einer kurzen Quellenangabe. Einfacher kann man es nun wirklich nicht haben.


Mein Fazit: Ich finde das Buch klasse. Es ist wahrlich nichts, was man von A-Z durchlesen kann. Es ist ein Nachschlagewerk oder Impulsgeber. Aber als dieses, ist es wirklich klasse.

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